Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Krankenversicherung. Anspruch auf präventive Gesundheitsuntersuchung. Glaukom-Screening
Orientierungssatz
1. Die Richtlinien nach § 92 SGB V sind untergesetzliche Rechtsnormen, die für Leistungsbringer, Krankenkassen und Versicherte gleichermaßen verbindlich sind.
2. Der Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses vom 21.12.2004, wonach ein Glaukom-Screening auf der Grundlage des gegenwärtigen Standes der wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht empfohlen werden kann, ist rechtmäßig.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 30. Januar 2003 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren keine Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt im Wesentlichen die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm regelmäßige Glaukom-Früherkennungsuntersuchungen im Rahmen einer präventiven Gesundheitsuntersuchung zu bewilligen.
Der 1935 geborene Kläger ist freiwillig versichertes Mitglied der Beklagten. Im Zusammenhang mit einer Brillenverordnung führte die den Kläger behandelnde Augenärztin im Oktober 2000 bei ihm eine Glaukom-Früherkennungsuntersuchung durch und rechnete diese privatärztlich ab. Im Dezember 2000 wandte sich der Kläger an die Beklagte und beantragte die Erstattung der Kosten für diese Untersuchung in Höhe von 30,00 DM.
Diesen Antrag und den Antrag des Klägers, Glaukom-Früherkennungsuntersuchungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung alle 2 Jahre zu bewilligen, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 20. Dezember 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Dezember 2001 ab. Glaukom-Früherkennungsuntersuchungen könnten im Rahmen einer individuellen Krankenbehandlung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgerechnet werden, wenn in dem Einzelfall Risiken bekannt seien, Beschwerden bestünden oder ein begründeter Verdacht auf eine Krankheit vorliege. Die Entscheidung, ob im Einzelfall eine solche Indikation für eine Glaukom-Früherkennungsuntersuchung vorliege, werde vom behandelnden Arzt nach ärztlichem Ermessen getroffen. Die den Kläger behandelnde Ärztin habe die streitbefangene Leistung als privatärztliche Behandlung durchgeführt, weil die genannten Voraussetzungen im Falle des Klägers nicht vorgelegen hätten. Eine Kostenerstattung für eine solche privatärztliche Behandlung sehe das Gesetz aber nicht vor. Schließlich könne der Kläger auch mit seinem Feststellungsantrag keinen Erfolg haben. Ein Anspruch auf eine Glaukom-Früherkennungsuntersuchung sei nach den Bestimmungen des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen in den Gesundheitsuntersuchungs-Richtlinien nicht vorgesehen.
Im Klageverfahren hat der Kläger vorgetragen, dass er seit mehr als 20 Jahren in zweijährigen Abständen stets eine Glaukom-Früherkennungsuntersuchung im Rahmen der vertragsärztlichen kurativen Versorgung erhalten habe und die Kosten für diese Untersuchung von der Beklagten übernommen worden seien. Der Sicherstellungsauftrag der Beklagten verpflichte diese, auch zukünftig die Aufwendungen für die streitbefangene Leistung zu übernehmen. Die Beklagte sei nicht berechtigt, die Gewährung von Präventionsleistungen in Abkehr von der bisher von ihr praktizierten Handhabung von zusätzlichen Voraussetzungen abhängig zu machen, die das Gesetz nicht vorsehe.
Mit Gerichtsbescheid vom 30. Januar 2003 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Ein Erstattungsanspruch bestehe schon deshalb nicht, weil der Kläger den gesetzmäßigen Beschaffungsweg nicht eingehalten habe. Eine Kostenerstattung scheide aus, wenn sich der Versicherte die Leistung außerhalb des vorgeschriebenen Beschaffungsweges auf eigene Kosten selbst beschaffe, also nicht mittels der Krankenversicherungskarte, ohne sich vorher mit seiner Krankenkasse ins Benehmen zu setzen und deren Entscheidung abzuwarten. Nach ständiger Rechtsprechung müsse zwischen dem die Haftung der Krankenkasse begründenden Umstand der rechtswidrigen Ablehnung einer Leistung und dem Nachteil des Versicherten ein Kausalzusammenhang bestehen. Dies sei hier nicht der Fall, weil der Kläger sich die Leistung selbst beschafft habe, ohne sich vorher mit seiner Krankenkasse in Verbindung zu setzen. Das Feststellungsbegehren des Klägers könne ebenfalls keinen Erfolg haben, weil die streitbefangenen Untersuchungen nicht Bestandteil der Gesundheitsuntersuchungs-Richtlinien seien und somit nicht zu den von der Beklagten geschuldeten Leistungen gehörten.
Gegen den ihm am 07. Februar 2003 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 03. März 2003 eingelegte Berufung des Klägers. Zur Begründung wiederholt und vertieft er im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen. Ergänzend trägt er vor, dass das Sozialgericht verkannt habe, dass er die Gewährung der streitbefangenen Leistung nicht im Rahmen einer individuellen Krankenbehandlung begehre, sondern als Vorsorgemaßnahme zur Früherkennung des Glaukoms.
Der Kläge...