Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialrechtliches Verwaltungsverfahren. Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes. Erstattung zu Unrecht erbrachter Leistungen. Verjährung. Verwirkung. Entreicherung
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der Verjährung, Verwirkung, Entreicherung nach § 818 BGB eines Erstattungsanspruchs nach § 50 SGB 10.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 13. November 2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Erstattung von Leistungen des Beklagten nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum vom 1. August 2007 bis zum 31. März 2008 in Höhe von 8.595,36 €.
Der 1955 geborene Kläger ist promovierter Diplom-Chemiker und war nach seinen eigenen Angaben von 1988 bis 2001 bei der Firma S in gehobener Stellung tätig.
Seit dem 1. September 2001 bezog der Kläger von der Bundesagentur für Arbeit Arbeitslosengeld und mit Unterbrechung anschließend bis zum 31. Dezember 2004 Arbeitslosenhilfe. Im Anschluss hieran erhielt der Kläger Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II bis einschließlich 31. Juli 2007; zuletzt in Höhe von 1.618,03 €; (Bescheid vom 12. Januar 2007).
Der Beklagte bewilligte dem Kläger mit einem Bescheid vom 25. Juli 2007 für den Zeitraum von August 2007 bis Dezember 2007 monatlich nur noch 1.005,78 € und für den Zeitraum von Januar 2008 bis einschließlich Juli 2008 monatlich 1.188,82 €. Ab dem 1. August 2007 erfolge die Übernahme der Kosten für Unterkunft und Heizung lediglich in angemessener Höhe; zudem sei die Eigenheimzulage anzurechnen, da sie nicht zweckentsprechend verwendet würde.
Im Rahmen des vom Kläger geführten Widerspruchsverfahrens, mit dem er u.a. höhere Leistungen ab Juli 2008 geltend gemacht hatte, stellte der Beklagte u.a. fest, dass der Kläger von 2005 bis 2007 seine Darlehensschuld um 40.000 € vermindert hatte und aus den eingereichten Kontoauszügen weder Barauszahlungen noch bargeldlose Einkäufe ersichtlich waren.
Mit Schreiben vom 11. Januar 2008 hörte der Beklagte daraufhin den Kläger zu einer beabsichtigten Einstellung der mit dem Bescheid vom 25. Juli 2007 bewilligten Leistungen an und kündigte sogleich an, bereits geleistete Zahlungen als öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch zurückzufordern.
Der Kläger erklärte hierzu mit Schriftsatz vom 31. Januar 2008 u.a., der Betrag in Höhe von 40.000 € würde aus einem angesparten Bausparvertrag (Baukonto Nr. ) resultieren. Die Geschäfte des täglichen Bedarfs seien in den Jahren 2005 und 2006 über eine B-Kreditkarte abgewickelt worden. Es bestehe ein weiteres Konto bei der B Bank (Kontonummer ), welches ein reines Girokorrespondenzkonto zum Depot sei. Im Depot selbst befänden sich 111 Siemensmitarbeiteraktien, welche bis zum Jahre 2004 nicht hätten veräußert werden dürfen und deren Wert weit unter dem berücksichtigungsfreien Schonvermögen liege. Im Widerspruchsverfahren legte der Kläger auf Anforderung des Beklagten zahlreiche Kontoauszüge der P und der B Bank GmbH, sowie einen Depotauszug der B Bank (Depot Nr. ) für den 31. Dezember 2007 über 111 S AG Namensaktien mit einem Kurswert von 11.882,55 € vor.
Der Beklagte teilte daraufhin dem Kläger mit Schreiben vom 13. Mai 2008 mit, dass im Hinblick auf das Aktienvermögen eine Aufhebung des Bescheides vom 25. Juli 2007 beabsichtigt sei, da der Gesamtwert des Depots in Höhe von 11.066,70 € zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides über dem Vermögensfreibetrag nach § 12 Abs. 2 SGB II von 8.550 € (= Wert zum Zeitpunkt der Antragstellung) gelegen habe. Die geleisteten Zahlungen seien von ihm zurückzufordern. Dies sei seinem Bevollmächtigten bereits mehrmals telefonisch mitgeteilt worden. Eine Rückäußerung zur Anhörung (§ 24 des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch - SGB X) wurde auf den 12. Juni 2008 bestimmt.
Zum 1. April 2008 nahm der Kläger eine Tätigkeit als Teamleiter bei der AG/B auf. Der Beklagte hob mit Bescheid vom 1. April 2008 die Leistungsbewilligung aufgrund der Arbeitsaufnahme ab dem 1. April 2008 auf.
Mit Widerspruchsbescheid vom 1. Juli 2008 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid vom 25. Juli 2007 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 1. April 2008 zurück und nahm die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum von August 2007 bis einschließlich März 2008 gemäß § 40 Abs. 1 Nr. 1 SGB II in Verbindung mit § 330 Abs. 2 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) und § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 SGB X wegen unrichtiger Angaben des Klägers zurück. Zur Erstattung solle ein gesonderter Bescheid ergehen.
Am 30. Juli 2008 hatte der Kläger bei dem Sozialgericht Neuruppin die zum Az.: S 13 AS 1475/08 registrierte Klage u.a. gegen die Aufhebungsentscheidung im Widerspruchsbescheid vom 1. Juli 2008 (Rücknahme der Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum von August 2007 bis ei...