Entscheidungsstichwort (Thema)
Kürzung einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung um einen versorgungsausgleichsbedingten Abschlag. Wegfall des sog Rentnerprivilegs bei nach dem 31.8.2009 eingeleiteten Abänderungsverfahren
Orientierungssatz
1. Wurde eine Änderung des Versorgungsausgleichs nach dem 1.9.2009 eingeleitet, so scheidet eine Anwendung der Übergangsvorschrift des § 268a Abs 2 SGB 6 aus.
2. Der Rentenversicherungsträger ist an die vom Familiengericht vorgenommene Festsetzung des Betrages, in dessen Höhe ein Abschlag an Entgeltpunkten durch den durchgeführten Versorgungsausgleich in der Berechnung der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung wegen der Gewährung von Unterhalt vom Rentenbezieher an seinen noch nicht Rente beziehenden geschiedenen Ehegatten auszusetzen ist (Aussetzungsbetrag einer versorgungsausgleichsbedingten Rentenkürzung) gebunden, auch wenn die Berechnungen des Familiengerichts unzutreffend sein sollten (vgl LSG Stuttgart vom 30.4.2020 - L 10 R 1177/16); eine eigene Prüfung durch den Rentenversicherungsträger ist weder notwendig noch geboten, vielmehr verbietet sich dies sogar.
3. Für die Verpflichtung des Rentenversicherungsträgers, den durchgeführten Versorgungsausgleich rentenrechtlich umzusetzen, ist es grundsätzlich unerheblich, aus welchen Gründen es zu einer Verzögerung der Entscheidung über den Versorgungsausgleich gekommen ist (vgl BSG vom 22.4.2008 - B 5a R 72/07 R).
Tenor
Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer Kürzung der Rente der Klägerin aufgrund Übertragung von Entgeltpunkten auf den geschiedenen Ehemann durch einen insoweit geänderten Versorgungsausgleich.
Die Klägerin bezog seit dem 01.08.1994 bei der Beklagten eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.
Mit Urteil des Amtsgerichts T vom 00.08.2005 und Abänderung desselben durch Beschluss vom 00.04.2006 wurden zur Durchführung des Versorgungsausgleichs Rentenanwartschaften des geschiedenen Ehemanns bei der Beklagten und bei der Kommunalen Zusatzversorgungskasse auf das bei der Beklagten geführte Konto der Klägerin übertragen.
Seit dem 01.10.2005 hat die Klägerin Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen (Bescheid vom 22.09.2006); für die Zeit vom 01.10.2005 bis zum 30.11.2005 legte die Beklagte der Berechnung 20,5331 persönliche Entgeltpunkte (pEP) zugrunde, für die Zeit ab dem 01.12.2005 legte sie 37,8090 pEP zugrunde. Die Altersrente wurde unter anderem durch Bescheid vom 28.09.2007 neu festgestellt, dabei wurden 41,9307 pEP zugrunde gelegt.
Mit Beschluss vom 00.03.2012, ergänzt durch Beschluss vom 00.10.2012, befand das Amtsgericht I über den Versorgungsausgleich nach neuem Recht erneut und änderte die Entscheidung des Amtsgerichts T vom 00.08.2005 ab. Zu Lasten der Klägerin wurde ein Anrecht in Höhe von 4,1666 EP auf das Rentenkonto des geschiedenen Ehemanns übertragen, zu ihren Gunsten wurden 21,4422 EP von seinem Konto bei der Beklagten und weitere 18,67 Versorgungspunkte bei der Kommunalen Versorgungskasse auf ihr Konto übertragen, jeweils bezogen auf den 31.01.2005. Diese Entscheidung wurde mit dem 27.11.2012 rechtskräftig; die Rechtskraftmitteilung ging bei der Beklagten am 19.12.2012 ein.
Mit Bescheid vom 02.01.2013 nahm die Beklagte unter anderem wegen der Änderung der pEP durch den geänderten Versorgungsausgleich eine Neuberechnung ab dem 01.07.2010 vor. Dabei hob sie den Bescheid vom 28.09.2007 mit Wirkung ab dem 01.02.2013 hinsichtlich der Rentenhöhe auf; ab diesem Zeitpunkt seien der Berechnung nur noch 33,1057 pEP zugrunde zu legen. Weiter führte sie aus, dem geschiedenen Ehemann stehe die Leistung aus dem Versorgungsausgleich vom 01.01.2011 an zu. Die Klägerin habe bis zum 31.01.2013 noch die ungeminderte Rente erhalten. Sie müsse damit rechnen, dass der geschiedene Mann einen entsprechenden Herausgabeanspruch gegen sie geltend mache.
Mit Bescheid vom 07.01.2013 nahm die Beklagte eine Neufestsetzung der Rente ab dem 01.02.2013 vor, legte dabei 33,1057 pEP zugrunde und hob den Bescheid vom 02.01.2013 mit Wirkung ab 01.02.2013 hinsichtlich der Rentenhöhe auf.
Mit Schreiben vom 20.01.2013 legte die Klägerin gegen beide Bescheide Widerspruch ein.
Mit Schreiben vom 17.06.2013 berichtigte die Beklagte den Bescheid vom 02.01.2013 hinsichtlich des Zeitpunkts, von dem an die Leistungen aus dem Versorgungsausgleich dem geschiedenen Ehemann zustünden, auf den 01.01.2011 statt des 01.01.2001. Es habe sich um einen bedauerlichen Rechtschreibfehler gehandelt. Die Notwendigkeit der Berichtigung ergebe sich aus dem Beschluss des Familiengerichts I vom 00.10.2012. Mit diesem Beschluss sei festgelegt worden, dass die Wirksamkeit des Abänderungsbeschlusses vom 23.03.2012 ab dem 01.01.2011 wirke. Der Bescheid vom 02.01.2013 sei entsprechend zu berichtigen. Die Berichtigung stützte die Beklagte auf § 38 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch ...