BVerwG, Beschluss vom 21.9.2022, BVerwG 5 P 17.21
Leitsatz (amtlich)
Vom Begriff der "Aufstellung des Urlaubsplans" im Sinne des § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 Alt. 1 LPVG NRW ist auch die der konkreten Festlegung des Urlaubs sachlich und zeitlich vorgelagerte abstrakt-generelle Festlegung sogenannter allgemeiner Urlaubsgrundsätze umfasst (Änderung der Rechtsprechung).
Sachverhalt
Der beteiligte Dienststellenleiter einer Klinik für Psychiatrie und Neurologie besetzt in jeder der allgemeinen psychiatrischen Abteilungen den Sozialdienst mit mindestens 2 Personen, die sich gegenseitig vertreten. Mit einer an die in der Dienststelle tätigen Sozialarbeiter/innen gerichteten E-Mail vom 31.10.2018 bat der Beteiligte, spätestens ab Januar 2019 die gegenseitige Urlaubsvertretung, wie es der Praxis in allen übrigen Bereichen entspreche, nur noch innerhalb der Abteilung sicherzustellen und diese Planung mit den zuständigen Chefärztinnen und Chefärzten abzustimmen.
Der antragstellende Personalrat rügte, dass dies seiner Mitbestimmung unterliege und leitete das Beschlussverfahren ein.
Die Entscheidung
Vor dem BVerwG hatte der Antrag des Personalrates Erfolg. Die vorliegende Regelung zur Gestaltung der Urlaubsvertretung ist nach Auffassung des Gerichts mitbestimmungspflichtig. Es führte hierzu aus, dass nach § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 Alt. 1 LPVG NW der Personalrat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, über die Aufstellung des Urlaubsplans mitzubestimmen habe. Hierunter sei die vollständige oder teilweise Feststellung der zeitlichen Lage des Urlaubs aller oder jedenfalls von Teilen der Beschäftigten einer Dienststelle für eine oder auch mehrere Urlaubsperioden unter Berücksichtigung dienstlicher Belange und nach Abstimmung sich ggf. überschneidender Urlaubsansprüche zu verstehen. Weiter seien, entgegen der bisherigen Auffassung des BVerwG, auch allgemeine Urlaubsgrundsätze umfasst, mit denen in Form abstrakt-genereller Regelungen zeitlich vorgelagerte Entscheidungen getroffen werden, die sich auf diese ggf. nur mittelbar auswirkten, aber jedenfalls Vorfestlegungen für die Koordinierung zwischen dienstlichen Erfordernissen und individuellen Urlaubsansprüchen enthielten.
Insofern stellte die vorliegende Maßnahme einen allgemeinen Urlaubsgrundsatz in diesem Sinne dar, da sie in Form einer abstrakt-generellen Regelung eine solche Vorfestlegung für die spätere Koordinierung in einem Urlaubsplan bewirke; denn da Urlaubswünsche nur berücksichtigt werden könnten, soweit eine Urlaubsvertretung auf eine bestimmte Weise gewährleistet sei, habe dies hinreichende Auswirkungen auf die zeitliche Festlegung des Urlaubs in künftigen Urlaubsplänen und löse damit die für die Mitbestimmung erforderliche kollektive Betroffenheit aus.
Dass die Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze von § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 Alt. 1 LPVG NW umfasst werde, ergebe sich nach Ansicht des BVerwG insbesondere aus dessen Wortlaut und Sinn und Zweck der Norm.
Anmerkung:
Der Beschluss erging zwar zum nordrheinwestfälischen Landespersonalvertretungsrecht. Aufgrund des identischen Wortlauts ist die Rechtsprechung jedoch auf das BPersVG , § 80 Abs. 1 Nr. 6 BPersVG, sowie vergleichbare Landespersonalvertretungsgesetze übertragbar.