2.1 Ausweitung des Begriffs der pflegebedürftigen "nahen Angehörigen"
Der Begriff der pflegedürftigen nahen Angehörigen wird nach § 7 Abs. 3 PflegezeitG n. F. ausgeweitet auf
- Stiefeltern,
- Partner einer lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft,
- Schwägerinnen und Schwäger.
Aufgrund der Verweisung in § 2 Abs. 3 FamilienpflegezeitG auf die §§ 5 bis 8 des PflegezeitG gilt die Ausweitung des Angehörigenbegriffs auch für den Anspruch auf Familienpflegezeit.
Die Einbeziehung von Angehörigen der "Pflegestufe 0", z. B. bei Demenz, bleibt der Umsetzung durch die 2. Stufe der Pflegereform vorbehalten. D. h., die Anerkennung der "Pflegestufe 0" reicht weiterhin nicht aus, um die Ansprüche aus dem Pflegezeit- oder Familienpflegezeitgesetz in Anspruch zu nehmen.
2.2 Entgeltersatzleistung bei kurzzeitiger Auszeit zur Pflege in Akutfällen
Aus dem Pflegezeitgesetz selbst ergibt sich bisher keine Pflicht zur Entgeltfortzahlung. Der Arbeitgeber ist zur Fortzahlung der Vergütung nur verpflichtet, soweit sich eine solche Verpflichtung aus anderen gesetzlichen Vorschriften oder aufgrund einer Vereinbarung – z. B. in einem Tarifvertrag, einer Betriebsvereinbarung, einem Arbeitsvertrag oder aufgrund § 616 BGB – ergibt. Nach § 29 Abs. 1 Buchst. e aa) und bb) TVöD/TV-L haben Beschäftigte Anspruch auf einen Arbeitstag bezahlte Arbeitsbefreiung bei "schwerer Erkrankung" eines Angehörigen, soweit dieser in demselben Haushalt lebt. Bei schwerer Erkrankung eines Kindes besteht Anspruch auf bis zu 4 Arbeitstage bezahlte Arbeitsbefreiung im Kalenderjahr, wenn im laufenden Jahr kein Anspruch auf das sog. Kinderkrankengeld nach § 45 SGB V besteht oder bestanden hat.
Pflegeunterstützungsgeld
Ab 1.1.2015 hat der Beschäftigte Anspruch auf Zahlung eines "Pflegeunterstützungsgeldes", einer Entgeltersatzleistung i. H. v. 90 % des Nettogehaltes. Das Pflegeunterstützungsgeld ist vorgesehen für den Fall, dass ein Beschäftigter gegen seinen Arbeitgeber keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung hat (§ 2 Abs. 3 Satz 2 PflegezeitG i. V. m. § 44a Abs. 3 SGB XI). Auch geringfügig Beschäftigte – sog. 450-EUR-Kräfte – haben bei Vorliegen der Voraussetzungen Anspruch auf dieses Pflegeunterstützungsgeld.
Das Pflegeunterstützungsgeld wird gezahlt durch die Pflegekasse des Pflegebedürftigen bzw. bei privat versicherten Pflegebedürftigen durch dessen Versicherungsunternehmen. Die Höhe des Pflegeunterstützungsgeldes entspricht den Leistungen im Rahmen des sog. Kinderkrankengeldes nach § 45 SGB V, wobei die Berechnung des Kinderkrankengeldes neu gefasst und vereinfacht wird. Grundlage für die Berechnung der Entgeltersatzleistung ist nicht mehr das in der Vergangenheit gezahlte, sondern das während der Freistellung ausgefallene Arbeitsentgelt. Das Pflegeunterstützungsgeld wird auf Antrag des berechtigten Arbeitnehmers gezahlt. Der Antrag ist vom Arbeitnehmer unverzüglich bei der Pflegekasse bzw. dem Versicherungsunternehmen des Pflegebedürftigen zu stellen.
Bei Pflege von Kindern wird alternativ entweder das sog. Kinderkrankengeld nach § 45 SGB V oder das Pflegeunterstützungsgeld gezahlt.
Die soziale Absicherung der Bezieher von Pflegeunterstützungsgeld ist wie folgt geregelt:
Für Versicherte in der gesetzlichen Krankenversicherung werden die Beiträge aus dem Pflegeunterstützungsgeld zur gesetzlichen Krankenversicherung von den Pflegekassen entrichtet. Die Beiträge werden hälftig von der Pflegekasse und dem Versicherten getragen. Dies ergibt sich aus den neuen beitragsrechtlichen Vorschriften zum SGB V.
Privat krankenversicherte Beschäftigte, die sich in einer kurzzeitigen Arbeitsverhinderung befinden, erhalten auf Antrag Zuschüsse zur Krankenversicherung. Die Zuschüsse belaufen sich auf den Betrag, der bei Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung als Leistungsträgeranteil aufzubringen wäre, und dürfen die tatsächliche Höhe der Beiträge nicht übersteigen. Für die Berechnung nach Satz 3 werden der allgemeine Beitragssatz nach § 241 SGB V sowie der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz nach § 242a Abs. 2 SGB V zugrunde gelegt.
2.3 Neuer Freistellungsanspruch zur "Betreuung" eines minderjährigen nahen Angehörigen
Nach § 3 Abs. 5 PflegezeitG neue Fassung können Beschäftigte – alternativ zur Pflegezeit – eine bis zu 6-monatige Voll- oder Teilfreistellung verlangen, wenn sie einen minderjährigen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher oder außerhäuslicher Umgebung "betreuen".
Während die (bisherige) Pflegezeit nur in Anspruch genommen werden kann zur "häuslichen Pflege", gewährt die gesetzliche Neuregelung eine Auszeit zur Betreuung von Kindern auch dann, wenn das Kind in einer stationären Einrichtung untergebracht ist. Erforderlich für die neue "Betreuungszeit" ist jedoch, dass der minderjährige Angehörige nicht nur "krank", sondern pflegebedürftig i. S. d. §§ 14, 15 SGB XI ist (§ 3 Abs. 5 i. V. m. § 7 Abs. 4 PflegezeitG).
2.4 Neuer Freistellungsanspruch zur Sterbebegleitung (3 Monate)
Eine maximal 3-monatige Auszeit kann beansprucht werden zur Sterbebegleitung eines nahen Angehörigen, auch wenn dieser sich in stationärer Behandlung oder einem Hospiz befindet (§ 3 Abs. 6 i. V. m. § 4 Abs. 3 Satz 2 PflegezeitG n. F.).
Beschäftigte sind zur "Begleitung" eines nahen Angehörigen freizustellen, wenn der oder die zu begleitende nahe Angehörige an...