Leitsatz (amtlich)
Zur Frage, ob und in welchem Umfang eine Kleiderordnung, die für alle Beschäftigten einer Medizinischen Einrichtung einer Universität (heute: eines Universitätsklinikums), die einen unmittelbaren Patientenkontakt haben, verbindliche Vorgaben über das Tragen von Schutz- und Bereichskleidung aufstellt, mitbestimmungspflichtige Regelungen der Ordnung in der Dienststelle und des Verhaltens der Beschäftigten i.S.d. § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 9 LPVG NRW enthält.
Die neuere Rechtsprechung des BVerwG zur Reichweite von § 104 Satz 3 BPersVG hat keinen Einfluss auf den Anwendungsbereich (die tatbestandliche Begrenzung) von § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 9 LPVG NRW.
Der Ausschluss der Mitbestimmung nach § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 9 LPVG NRW bei diensttechnischen Regelungen hat zur Folge, dass auch andere Mitbestimmungstatbestände (hier: Mitbestimmung bei der Verhütung von Gesundheitsschädigungen i.S.v. § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 7 LPVG NRW) nicht greifen.
Normenkette
LPVG NRW § 72 Abs. 4 S. 1 Nrn. 7, 9
Verfahrensgang
VG Düsseldorf (Aktenzeichen 34 K 1152/00.PVL) |
Tatbestand
Im Verlauf des Jahres 1999 erließen der Ärztliche Direktor, die Pflegedirektorin und der Verwaltungsdirektor der Medizinischen Einrichtungen (ME) der Universität unter Bezugnahme auf die Unfallverhütungsvorschriften VBG 103 „Gesundheitsdienst” und die Richtlinien des Robert-Koch-Instituts „Krankenhaushygiene und Infektionsverhütung” eine „Dienstanweisung Kleiderordnung”.
Die Dienstanweisung ist ihrem Inhalt entsprechend „für alle Mitarbeiter/innen der Medizinischen Einrichtungen, die einen unmittelbaren Patientenkontakt haben, verbindlich”. Sie bestimmt u.a. das Tragen von Schutzkleidung und Bereichskleidung für verschiedene Berufsgruppen (ärztliches Personal, pflegendes, diagnostisches, therapeutisches und versorgungstechnisches Personal in allen Kliniken, Stationssekretärinnen, Versorgungsassistentinnen, Reinigungspersonal der ME, Reinigungspersonal der Fremdfirmen). Als Bereichskleidung ist einheitlich „Kasak und Hose” vorgesehen. Sie ist farbig (grün/blau) verschiedenen Bereichen zugeordnet. Als Schutzkleidung ist für ärztliches Personal und pflegendes, diagnostisches, therapeutisches und versorgungstechnisches Personal ebenfalls „Kasak und Hose” vorgesehen. Für Stationssekretärinnen, Versorgungsassistentinnen, Reinigungspersonal der ME ist abweichend in Zuordnung zu den genannten Berufsgruppen „Kleid grün-weiß gestreift”, „Kleid mit blauen Streifen” und „Kleid hellblau” ausgewiesen.
Mit Begleitschreiben vom 23.8.1999 leitete der Kanzler der Universität dem Personalrat der nichtwissenschaftlichen Mitarbeiter der Medizinischen Einrichtungen (Rechtsvorgänger des Antragstellers) die Kleiderordnung zur Kenntnisnahme zu. Dieser bat unter Hinweis darauf, dass die in der Kleiderordnung gemachten Festlegungen jedenfalls nicht vollständig ihre Grundlage in den in Bezug genommenen Vorschriften zur Unfallverhütung fänden, um Einleitung des Mitbestimmungsverfahrens. Der Kanzler der Universität lehnte die Einleitung eines Mitbestimmungsverfahrens ab. In dem daraufhin eingeleiteten Beschlussverfahren lehnte das VG den Antrag des Antragstellers, festzustellen, dass die Dienstanweisung „Kleiderordnung” der Medizinischen Einrichtungen der Universität der Mitbestimmung des Personalrats unterlegen hat, ab. Die Beschwerde hatte teilweise Erfolg.
Entscheidungsgründe
Dem Antragsteller steht in Bezug auf den Erlass der „Dienstanweisung Kleiderordnung” ein Mitbestimmungsrecht aus § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 9 LPVG NRW nur insoweit zu, als in ihr geregelt ist, dass die Schutzkleidung für ärztliches Personal aus Kasak und Hose (Visitenmantel), für pflegendes, diagnostisches, therapeutisches und versorgungstechnisches Personal in allen Kliniken aus Kasak und Hose, für Stationssekretärinnen aus einem grün weiß gestreiften Kleid, für Versorgungsassistentinnen aus einem Kleid mit blauen Streifen, für Reinigungspersonal des Universitätsklinikums aus einem hellblauen Kleid besteht und auf Normalstationen unter dem Kittel bzw. dem Kasak das Tragen von dezent farbigen T-Shirts erlaubt ist (1.). Ein weitergehendes Mitbestimmungrecht folgt auch nicht aus § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 7 LPVG NRW (2.).
1. Nach § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 9 LPVG NRW hat der Personalrat, soweit – wie hier – eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, mitzubestimmen über Regelungen der Ordnung in der Dienststelle und des Verhaltens der Beschäftigten.
Die Bestimmung des § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 9 LPVG NRW enthält einen einheitlichen Tatbestand. Er umfasst die Gesamtheit der Regelungen, die einen störungsfreien und reibungslosen Ablauf des Lebens in der Dienststelle gewährleisten sollen. Das Zusammenwirken und -leben in einer Dienststelle erfordert Verhaltensregeln, die das Miteinander der Beschäftigten und den Gebrauch der zur Verfügung stehenden Gegenstände ordnen. Deshalb schafft jede Regelung des Verhaltens der Beschäftigten auch eine bestimmte Ordnung in der Dienststelle, wie umgekehrt jede Regelung der Ordnung ei...