5.12.1 Gleichbehandlungsgebot
Der Verleiher ist verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an einen Entleiher die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden "wesentlichen Arbeitsbedingungen" einschließlich des Arbeitsentgelts zu gewähren (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 AÜG). Die Regelung geht zurück auf die Vorgaben einer Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Europäischen Rats über die Arbeitsbedingungen von Leiharbeitnehmern vom 28.11.2002.
Wesentliche Arbeitsbedingungen sind z. B. die Dauer der Arbeitszeit, die Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs, das laufende Arbeitsentgelt, einschließlich der Zuschläge, Zulagen, Sonderzahlungen (wie z. B. Zuwendung und Urlaubsgeld), Fälligkeit des Arbeitsentgelts, Altersversorgung, Nutzung sozialer Einrichtungen.
Ausnahmen vom Gleichbehandlungsgebot:
In einem Tarifvertrag, der für den Verleiher gilt, können abweichende Regelungen zugelassen werden, d. h. andere – durchaus schlechtere – Arbeitsbedingungen vereinbart werden, als in der Entleihereinrichtung üblich sind. Ein Tarifvertrag gilt nur zwischen tarifgebundenen Partnern, d. h., der Verleiher muss Mitglied im tarifschließenden Arbeitgeberverband oder selbst Partei des (Firmen-)Tarifvertrags, der Arbeitnehmer Mitglied der tarifschließenden Gewerkschaft sein. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrags können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren, d. h., im Arbeitsvertrag wird Bezug genommen auf die Regelungen des Tarifvertrags.
Will der Verleiher die Gewährung der beim jeweiligen Entleiher geltenden Arbeitsbedingungen vermeiden, so muss er selbst eine Tarifbindung an einen für Zeitarbeitsfirmen geltenden Tarifvertrag eingehen bzw. in den Arbeitsverträgen die Geltung der tariflichen Regelungen vereinbaren.
Entgegenstehende arbeitsvertragliche Vereinbarungen sind unwirksam (§ 9 Nr. 2 AÜG). Das Gleichbehandlungsgebot gilt weiterhin nicht, wenn der Verleiher einem zuvor arbeitslosen Leiharbeitnehmer während der Überlassung für die Dauer von höchstens 6 Wochen ein Nettoarbeitsentgelt in Höhe des vom Leiharbeitnehmer zuletzt bezogenen Arbeitslosengelds zahlt.
5.12.2 Aufnahme der Arbeitsbedingungen in den Arbeitnehmerüberlassungsvertrag
Der Entleiher hat in dem zwischen dem Verleiher und dem Entleiher zu schließenden schriftlichen Vertrag, dem Arbeitnehmerüberlassungsvertrag, zusätzlich zu den bisher bereits notwendigen Inhalten anzugeben, welche wesentlichen Arbeitsbedingungen (einschließlich des Arbeitsentgelts) im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers gelten (§ 12 Abs. 1 AÜG).
Die Regelung enthält (derzeit) keine Ausnahmebestimmung für tarifgebundene Entleiher, sodass nach dem Wortlaut des Gesetzes selbst bei Geltung eines Tarifvertrags bzw. arbeitsvertraglicher Vereinbarung eines Tarifvertrags beim Verleiher die Arbeitsbedingungen des Entleihers in den Überlassungsvertrag aufgenommen werden müssten. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist jedoch ein Auskunftsanspruch gegenstandslos, wenn feststeht, dass der Gläubiger – hier der Verleiher – aufgrund der Auskunft nichts fordern kann.
5.12.3 Auskunftsanspruch des Leiharbeitnehmers
Der Leiharbeitnehmer kann von seinem Entleiher Auskunft über die im Betrieb des Entleihers für vergleichbare Stammarbeitnehmer geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen verlangen (§ 13 AÜG). Der Auskunftsanspruch des Leiharbeitnehmers ist nach dem Gesetzeswortlaut (derzeit) nicht beschränkt auf Leiharbeitnehmer, auf deren Arbeitsverhältnis kein Tarifvertrag Anwendung findet. Damit kann der Leiharbeitnehmer nach § 13 AÜG Auskunft über die beim Entleiher geltenden Arbeitsbedingungen verlangen, auch wenn er keinen Anspruch auf Gewährung dieser Arbeitsbedingungen hat!
–Die Bedeutung für TVöD-/TV-L-Anwender
Nachfolgend soll kurz darauf eingegangen werden, was die Zeitarbeitsfirma – der Verleiher – aufgrund der gesetzlichen Regelung zu beachten hat. Dies insbesondere im Hinblick darauf, dass öffentliche Einrichtungen und Krankenhäuser verstärkt Tochterunternehmen, z. B. in Form einer Dienstleistungs-GmbH, gründen oder sich an Fremdfirmen beteiligen mit dem Ziel, neues Personal in diesen Tochtergesellschaften einzustellen und anschließend zur Aufgabenerfüllung "auszuleihen", "zu gestellen".
Stehen die verleihende Tochtergesellschaft und der "Entleiher" in einem Konzernverbund, so finden die Vorschriften des AÜG – mit wenigen Ausnahmen – keine Anwendung, sofern der Arbeitnehmer seine Arbeit nur "vorübergehend" bei dem anderen Konzernunternehmen leistet und nicht zum Zwecke der Überlassung eingestellt und beschäftigt wird.
Liegt dagegen eine dauerhafte Überlassung vor oder wird auf eine Konzernstruktur z. B. im Hinblick auf die betriebsverfassungsrechtliche Problematik des "gemeinsamen Betriebs" bzw. die mögliche Gründung eines Konzernbetriebsrats bewusst verzichtet, so liegt beim Verleih von Arbeitnehmern der GmbH in die Einrichtung erlaubnispflichtige Arbeitnehmerüb...