Treffen mehrere Pfändungen aufeinander, geht grundsätzlich die frühere Pfändung vor (Grundsatz der Priorität).
9.1 Zustellung mehrerer normaler Pfändungen
Beziehen sich die Pfändungen auf gewöhnliche Forderungen, werden sie in der Reihenfolge ihrer Zustellung abgewickelt (Grundsatz der Priorität).
Gleichzeitige Pfändungen haben den gleichen Rang. Der gepfändete Betrag ist nach dem Verhältnis der vollstreckbaren Beträge und nicht nach Kopfteilen aufzuteilen.
9.2 Normale Pfändung mit nachfolgend bevorrechtigter Pfändung
Bei Zustellung der Normalpfändung ist zunächst der Betrag einzubehalten, der sich aus den Berechnungen nach § 850c ZPO ergibt (Normalpfändungsbereich).
Hieran ändert sich bei der nachfolgenden Zustellung der Unterhaltspfändung nichts.
Im Normalpfändungsbereich wird der nicht bevorrechtigte Gläubiger durch den nachfolgenden Unterhaltsgläubiger nicht verdrängt. Es bleibt beim Grundsatz der Priorität (häufiger Praxisfehler).
9.3 Unterhaltspfändung mit nachfolgend normaler Pfändung
Hat zuerst ein Unterhaltsgläubiger gepfändet, wird seine Rechtsstellung durch eine nachfolgende Pfändung eines Normalgläubigers nicht berührt. Der Normalgläubiger kann aber dennoch möglicherweise zum Zug kommen, wenn der Unterhaltsgläubiger nicht den Vorrechtsbereich zuzüglich des gesamten Normalpfändungsbereichs ausschöpft, z. B. weil keine Rückstände bestehen und der laufende Unterhalt geringer als der pfändbare Lohnteil ist. Der Unterhaltsgläubiger ist in diesem Fall zunächst aus dem Vorrechtsbereich zu befriedigen (§ 850e Nr. 4 Satz 1 ZPO).
Nimmt der Unterhaltsgläubiger das ihm gebührende Vorrecht nicht in Anspruch und pfändet nur in den Grenzen des § 850c ZPO in den Normalpfändungsbereich, ist dieser für den nachfolgenden gewöhnlichen Gläubiger versperrt und dem Schuldner verbleibt ein höherer Freibetrag, weil der Normalgläubiger nicht auf den Vorrechtsbereich zugreifen kann. Jedoch wird auch in diesem Fall der Unterhaltsgläubiger kraft Gesetzes auf den Vorrechtsbereich verwiesen (§ 850e Nr. 4 Satz 1 ZPO). Der Drittschuldner kann daher von sich aus den Vorrechtsbereich ermitteln und den Lohnabzug über den Normalpfändungsbereich des § 850c ZPO hinaus auf den Vorrechtsbereich des § 850d ZPO ausdehnen. Er würde dann jedoch für die Richtigkeit der Berechnung haften. Dieses Risiko muss er nicht eingehen. Er kann vielmehr bis zur Zustellung eines dahingehenden Verrechnungsbeschlusses des Vollstreckungsgerichts weiter nach den ihm vorliegenden Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen mit befreiender Wirkung leisten, d. h. weiterhin den Lohnabzug nur nach § 850c ZPO vornehmen. Der Normalgläubiger hat aber die Möglichkeit, beim Vollstreckungsgericht den Antrag zu stellen, dass der Anspruch des Unterhaltsgläubigers zunächst aus dem Vorrechtsbereich zu befriedigen ist (§ 850e Nr. 4 Satz 2 ZPO).