Peter Schmeiduch, Jutta Schwerdle
10.5.3.1 Befreiung von der Kranken- und Pflegeversicherungspflicht
Soweit Arbeitnehmer, die eine Herabsetzung der regelmäßigen Wochenarbeitszeit aufgrund Pflegezeit oder Familienpflegezeit in Anspruch nehmen und vor der Inanspruchnahme der Pflegezeit bzw. Familienpflegezeit wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei in der gesetzlichen Krankenversicherung waren, werden diese i. d. R. die Jahresarbeitsentgeltgrenze unterschreiten, sodass nach den allgemeinen Grundsätzen diese Mitarbeiter mit Beginn der Pflegezeit bzw. Familienpflegezeit versicherungspflichtig werden. Bei nur teilweiser Freistellung endet die Versicherungsfreiheit, wenn das regelmäßige Jahresarbeitsentgelt bei vorausschauender Betrachtung die maßgebliche Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht mehr übersteigt.
Nach § 8 Abs. 1 Nr. 2a SGB V können Personen, die durch die Herabsetzung der regelmäßigen Wochenarbeitszeit während der Pflegezeit oder der Familienpflegezeit versicherungspflichtig werden, auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit werden. Die Befreiung wirkt nur für die Dauer der Pflegezeit oder der Familienpflegezeit. Die Befreiungsvorschrift des § 8a Abs. 1 Nr. 2a SGB V gilt auch für die Freistellungsansprüche zur Begleitung in der letzten Lebensphase und zur Betreuung pflegebedürftiger minderjähriger Kinder. Die Befreiung ermöglicht versicherungsfreien privat krankenversicherten Arbeitnehmern die Beibehaltung ihres bisherigen Versicherungsschutzes, ohne dass in diesen Fällen für die Befreiung ein Nachweis über das Bestehen bzw. Fortbestehen einer privaten Krankenversicherung verlangt wird.
Die Befreiung muss innerhalb von 3 Monaten nach Eintritt der Versicherungspflicht bei der Krankenkasse beantragt werden. Der Antrag ist an eine Krankenkasse zu richten, die im Falle des Bestehens von Krankenversicherungspflicht nach § 173 Abs. 2 SGB V wählbar wäre. Wird der Antrag auf Befreiung von der Krankenversicherungspflicht erst nach Beginn der Mitgliedschaft bei einer Krankenkasse gestellt, spricht die Krankenkasse, die im Zeitpunkt der Antragstellung die Mitgliedschaft durchführt, die Befreiung aus. Die Befreiung wirkt vom Beginn der Versicherungspflicht an, wenn seit diesem Zeitpunkt noch keine Leistungen in Anspruch genommen werden. Die Befreiung kann nicht widerrufen werden (§ 8 Abs. 2 Satz 3 SGB V).
Nach § 8 Abs. 1 Nr. 3 SGB V können sich Personen, die ihre Arbeitszeit um mindestens 50 % der regelmäßigen Wochenarbeitszeit reduzieren, von der dadurch eintretenden Versicherungspflicht befreien lassen. Gleiches gilt für Personen, die eine Arbeit in entsprechendem Umfang unmittelbar im Anschluss an eine Pflegezeit oder Familienpflegezeit aufnehmen. Diese Befreiungsvorschrift gilt auch für die Freistellungstatbestände zur Begleitung in der letzten Lebensphase und zur Betreuung pflegebedürftiger minderjähriger Kinder. Eine wesentliche Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Befreiungsregelung bei Teilzeitbeschäftigung nach § 8 Abs. 1 Nr. 3 SGB V ist, dass die Betroffenen zuvor mindestens 5 Jahre wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei waren. Dabei werden die Pflegezeit, die Familienpflegezeit sowie die Freistellungen zur Begleitung in der letzten Lebensphase und zur Betreuung pflegebedürftiger minderjähriger Menschen auf diesen Zeitraum angerechnet.
Die Befreiung von der Krankenversicherungspflicht bewirkt wegen der Akzessorietät im Versicherungsrecht von Kranken- und Pflegeversicherung, dass auch Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung nicht eintritt.
10.5.3.2 Teilweise Freistellung von der Arbeitsleistung wegen Pflegezeit oder Familienpflegezeit
Nimmt der pflegende Angehörige nur teilweise Freistellung wegen der Pflege eines nahen Angehörigen nach dem PflegeZG oder FPfZG in Anspruch, kommt es darauf an, in welcher Höhe der pflegende Angehörige weiterhin Arbeitsentgelt bezieht. Daraus ergeben sich verschiedene versicherungs- und beitragsrechtliche Auswirkungen.
10.5.3.2.1 Monatliches Arbeitsentgelt i. H. v. bis zu 450 EUR
Erhält die Pflegeperson während der teilweisen Arbeitsbefreiung ein Arbeitsentgelt, welches monatlich nicht mehr als 450 EUR beträgt, handelt es sich ab dem Beginn der Pflegezeit bzw. Familienpflegezeit grundsätzlich um eine geringfügig entlohnte Beschäftigung (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV). Insoweit kommen für die weitere Beurteilung die entsprechenden versicherungs- und beitragsrechtlichen Regelungen (Geringfügigkeits-Richtlinien) in Betracht.
Für die Beurteilung der 450-EUR-Grenze wird nur das monatliche Arbeitsentgelt während der Pflegezeit bzw. Familienpflegezeit zu berücksichtigen sein. Die vor und nach der Pflegezeit bzw. Familienpflegezeit erzielten Arbeitsentgelte werden in die Beurteilung nicht einbezogen.
Sofern in der Pflegezeit bzw. Familienpflegezeit noch weitere Beschäftigungen ausgeübt werden, muss geprüft werden, ob diese Beschäftigungen gegebenenfalls zum Überschreiten der 450-EUR-Grenze führen können.
Wird die Beschäftigung nach dem Ende der Pflegezeit bzw. Familienpflegezeit zu den bis zur Pflegezeit bzw. Familienpflegezeit geltenden Bedingungen fortgeführt, tritt ab dann wieder Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung ein.