Peter Schmeiduch, Jutta Schwerdle
Rechtslage ab 1.1.2015
Nach der bis 31.12.2014 gültigen Rechtslage setzte der besondere Kündigungsschutz bereits mit der Ankündigung der Pflegezeit ein. Insbesondere in Fällen, in denen ein Beschäftigter eine erhebliche Zeit vor dem geplanten Beginn der häuslichen Pflege die Pflegezeit angekündigt hatte, wurde streitig diskutiert, ob diesbezüglich eine Begrenzung des Kündigungsschutzes ggf. durch die Rechtsprechung vorgenommen werden müsse.
Zeitliche Begrenzung des Kündigungsschutzes
Mit Wirkung ab dem 1.1.2015 hat der Gesetzgeber in § 5 Abs. 1 PflegeZG eine Zeitbegrenzung für das Eintreten des Kündigungsschutzes aufgenommen. Der besondere Kündigungsschutz setzt ein mit der Ankündigung, höchstens jedoch 12 Wochen vor dem angekündigten Beginn der Pflegezeit bzw. sonstigen Freistellung (Betreuung Minderjähriger, Sterbebegleitung). Mit der ab 1.1.2015 eingeführten zeitlichen Begrenzung des Kündigungsschutzes auf 12 Wochen vor Beginn hat der Gesetzgeber den berechtigten Interessen der Arbeitgeber Rechnung getragen und gleichzeitig die Beschäftigten in angemessenem zeitlichen Rahmen vor einer Kündigung geschützt.
Rechtslage bis 31.12.2014
Bis zum 31.12.2014 setzte der besondere Kündigungsschutz bereits mit der Ankündigung der Pflegezeit ein. Insbesondere in Fällen, in denen ein Beschäftigter eine erhebliche Zeit vor dem geplanten Beginn der häuslichen Pflege die Pflegezeit angekündigt hatte, wurde streitig diskutiert, ob diesbezüglich eine Begrenzung des Kündigungsschutzes ggf. durch die Rechtsprechung vorgenommen werden müsse. Ein Vergleich mit dem besonderen Kündigungsschutz bei Elternzeit wirft Fragen auf:
Die Elternzeit ist grundsätzlich mit einer Frist von 7 Wochen anzukündigen. Nach § 18 Abs. 1 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) setzt der besondere Kündigungsschutz bei Elternzeit ein "ab dem Zeitpunkt, von dem an Elternzeit verlangt worden ist, höchstens jedoch 8 Wochen vor Beginn der Elternzeit".
Im Gegensatz hierzu sieht § 5 PflegeZG in der bis 31.12.2014 gültigen Fassung keine Höchstfrist für das Einsetzen des besonderen Kündigungsschutzes vor.
Im Unternehmen findet im Februar 2014 eine Organisationsuntersuchung statt, in deren Verlauf deutlich wird, dass betriebsbedingte Kündigungen zu erwarten sind. Ein Beschäftigter erklärt, dass er im Oktober des Jahres 2014 seine pflegebedürftige Mutter aus dem Pflegeheim holen und selbst zuhause pflegen wird.
Voraussetzung für eine längerfristige Ankündigung der Pflegezeit ist, dass der nahe Angehörige nach der jetzigen Prognose zum geplanten Zeitpunkt des Beginns der Pflegezeit noch pflegebedürftig sein wird.
Eine instrumentalisierte Anwendung der Kündigungsschutzregelungen – z. B. in Krisensituationen eines Unternehmens – durch Ankündigung der Pflegezeit kann nicht ausgeschlossen werden. Zu beachten ist diesbezüglich die weit reichende Definition des "nahen Angehörigen" in § 7 Abs. 3 PflegeZG, die dazu führt, dass nahezu in jeder Familie ein Pflegebedürftiger vorhanden sein dürfte.
Nach dem bis 31.12.2014 maßgeblichen Gesetzeswortlaut genießt die/der Beschäftigte bereits ab der Ankündigung der Pflegezeit den besonderen Kündigungsschutz – selbst wenn die Pflegezeit mit mehrmonatigem Vorlauf angekündigt wird! Es wird kaum gelingen, die frühzeitige Ankündigung als rechtsmissbräuchlich zurückzuweisen, zumal der Beschäftigte mit einer frühzeitigen Ankündigung dem Arbeitgeber Planungssicherheit gewährt.
Zwischenzeitlich haben sich die Arbeitsgerichte mit dem Einsetzen des Kündigungsschutzes bei Pflegezeit vor dem 1.1.2015 befasst.
Kündigungsschutz ab Ankündigung
Das LAG Thüringen hat mit Urteil vom 2.10.2014 entschieden, dass das Kündigungsverbot des § 5 Abs. 1 PflegeZG nicht in zeitlicher Hinsicht auf eine maximal zulässige Vorankündigungsfrist beschränkt ist. Die Vorschrift lasse sich weder in dieser Hinsicht auslegen, noch ergebe sich eine solche aus der analogen Anwendung ähnlicher Vorschriften wie z. B. § 18 Abs. 1 Satz 1 BEEG. Auch sei eine einschränkende verfassungskonforme Auslegung nicht geboten. Das Gesetz sieht ein Kündigungsverbot mit Erlaubnisvorbehalt vor. Der Arbeitgeber kann bei der zuständigen Landesbehörde die Zustimmung zum Ausspruch der Kündigung beantragen. In diesem Verfahren könne der Arbeitgeber seine im Einzelfall vorliegenden besonderen Belange vortragen. Somit habe der Gesetzgeber auch in der bis 31.12.2014 gültigen Regelung den erforderlichen angemessenen Ausgleich der wechselseitigen Interessen geschaffen.
Im konkret entschiedenen Fall hatte ein Beschäftigter im Laufe von Verhandlungen über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Schreiben vom 26.6.2012 Pflegezeit zur Pflege seines Vaters für den Zeitraum 15. bis 22.12.2012 verlangt. Zwischen der Geltendmachung und der Pflegezeit lag somit ein Zeitraum von fast 6 Monaten. Zudem war die geltend gemachte Pflegezeit mit der Dauer von 1 Woche ungewöhnlich kurz. Dennoch habe sich der Beschäftigte mit der Geltendmachung der Pflegezeit nicht rechtsmiss...