Peter Schmeiduch, Jutta Schwerdle
Mit dem Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf vom 23.12.2014 sieht der Gesetzgeber – unter Beibehaltung zweier eigenständiger Gesetze – eine Verzahnung von Pflegezeit und Familienpflegezeit vor. Diese Verzahnung wird deutlich an neuen Höchstfristen für die Gesamtdauer der Ansprüche nach dem PflegeZG und FPfZG, geänderten Ankündigungsfristen bei (notwendiger) Verknüpfung der Ansprüche und Konkurrenzregelungen. Im Einzelnen:
Die Gesamtdauer von Pflegezeit und Familienpflegezeit darf je pflegebedürftigem Angehörigen insgesamt längstens 24 Monate nicht überschreiten (§ 2 Abs. 2 Satz 2 FPfZG).
Nimmt der Arbeitnehmer zur Pflege desselben Angehörigen Pflegezeit nach einer Familienpflegezeit in Anspruch, so muss sich die Pflegezeit unmittelbar an die Familienpflegezeit anschließen (§ 2a Abs. 1 Satz 5 FPfZG). Die Pflegezeit ist in diesem Fall mit einer Frist von 8 Wochen – statt wie bei isolierter Pflegezeit mit einer Ankündigungsfrist von nur 10 Arbeitstagen – anzukündigen.
Nimmt der Arbeitnehmer zuerst Pflegezeit und anschließend Familienpflegezeit für denselben Angehörigen in Anspruch, so muss sich die Familienpflegezeit ebenfalls zwingend unmittelbar an die Pflegezeit anschließen. Die Familienpflegezeit muss in diesem Fall möglichst frühzeitig, spätestens 3 Monate vor deren Beginn, angekündigt werden (§ 2a Abs. 1 Satz 4 FPfZG).
COVID-19-pandemiebedingte Sonderregelung: kein zwingender unmittelbarer Anschluss von Pflege-/Familienpflegezeit
Abweichend von den Regelungen in § 3 Abs. 3 Satz 4 PflegezeitG, § 2a Abs. 1 Satz 4 FPfZG muss sich die Familienpflegezeit vorübergehend nicht unmittelbar an eine Pflegezeit für denselben nahen Angehörigen anschließen, vorausgesetzt, dass
- der Arbeitgeber zustimmt,
- die Gesamtdauer von 24 Monaten für die Freistellungstatbestände nicht überschritten wird und
- die Familienpflegezeit spätestens mit Ablauf des 31.12.2020 endet (§ 9 Abs. 4 PflegeZG, § 16 Abs. 3 FPfZG).
Das Erfordernis des zwingenden unmittelbaren zeitlichen Anschlusses wurde auch für den umgekehrten Fall, dass für denselben nahen Angehörigen zunächst Familienpflegezeit und danach Pflegezeit in Anspruch genommen wird, befristet aufgehoben. Es gelten auch hier die vorstehend genannten 3 Voraussetzungen (§ 9 Abs. 5 PflegeZG, § 16 Abs. 4 FPfZG).
Die Ankündigungsfrist für die Familienpflegezeit bzw. Pflegezeit für denselben nahen Angehörigen ist vorübergehend verkürzt auf 10 Tage (§ 9 Abs. 4 Satz 2, Abs. 5 2. Hs. PflegeZG, § 16 Abs. 3 Satz 2, Abs. 4 S. 2 FPfZG). Im Gegensatz zur Ankündigung von Familienpflegezeit/Pflegezeit ohne Kombination mit der Pflegezeit/Familienpflegezeit für denselben nahen Angehörigen wird an dieser Stelle im Gesetz nicht abgehoben auf "Arbeitstage", sondern auf "Tage", sodass wohl von 10 Kalendertagen auszugehen sein dürfte.
Das PflegeZG und das FPfZG enthält eine Konkurrenzregelung. Teilt der Arbeitnehmer unter Einhaltung der Ankündigungsfrist von 8 Wochen mit, dass er eine bis zu 6-monatige Auszeit zur Pflege eines nahen Angehörigen in Anspruch nimmt, ohne eindeutig festzulegen, ob Pflegezeit oder Familienpflegezeit beansprucht wird, so gilt die Erklärung als Ankündigung von Pflegezeit (§ 2a Abs. 1 Satz 3 FPfZG; § 3 Abs. 3 PflegeZG). Bei fehlender Konkretisierung wird somit dem Instrument der Pflegezeit Vorrang eingeräumt vor der Familienpflegezeit. Die Konkurrenzsituation kann allerdings nur eintreten, wenn der Beschäftigte lediglich eine Teilfreistellung verlangt. Das Familienpflegezeitgesetz sieht eine Vollfreistellung nicht vor.
Wesentliche Unterschiede zwischen Pflege- und Familienpflegezeit
Der wichtigste Unterschied zwischen der Pflege- und Familienpflegezeit in Form der ab 1.1.2015 bestehenden gesetzlichen Regelungen besteht darin, dass nur bei der Pflegezeit bzw. Betreuungszeit bzw. Sterbebegleitung nach dem PflegeZG eine vollständige Freistellung von der Arbeitsverpflichtung verlangt werden kann. Bei der Familienpflegezeit bzw. Betreuungszeit nach dem FPfZG ist der Anspruch der/des Beschäftigten auf eine Verminderung der Arbeitszeit bis zu einer Untergrenze von durchschnittlich 15 Wochenstunden gerichtet.
Die kurzzeitige Arbeitsbefreiung in einer akut aufgetretenen Pflegesituation kann in allen Unternehmen – auch in Kleinunternehmen – verlangt werden. Die Ansprüche auf Pflege- bzw. Betreuungszeit nach dem PflegeZG bestehen dagegen nur in Unternehmen mit mehr als 15 Beschäftigten (hier zählen die zur Berufsausbildung Beschäftigten mit) und die Ansprüche aus dem FPfZG nur in Unternehmen mit mehr als 25 Beschäftigten (ausschließlich der zur Berufsausbildung Beschäftigten).
Pflegezeit kann bis zur Höchstdauer von 6 Monaten geltend gemacht werden, Familienpflegezeit bis zur Höchstdauer von 24 Monaten. Die absolute Höchstgrenze von 24 Monaten je pflegebedürftigem Beschäftigten erfasst die Pflege- und Betreuungszeit und die Sterbebegleitung nach dem PflegeZG sowie die Familienpflege- bzw. Betreuungszeit nach dem FPfZG.