Sachverhalt
Ein Arbeitnehmer verstirbt nach einem Unfall am 15.11. Bis einschließlich Oktober ist die Vergütung bereits bezahlt. Allerdings sind noch 4 Wochen Urlaub offen. Der Arbeitgeber überlegt, ob das Arbeitsverhältnis zu Ende gegangen ist und welche Ansprüche auf die Erben übergegangen sind.
Ergebnis
Das Arbeitsverhältnis endet aufgrund seines höchstpersönlichen Charakters automatisch mit dem Tod des Arbeitnehmers. Zahlungsansprüche, die bis zu diesem Zeitpunkt entstanden sind, gehen nach § 1922 BGB auf die Erben über, auch wenn sie noch nicht zur Zahlung fällig sind. Das bedeutet, dass noch offene Vergütungsansprüche für die Zeit vom 1.–15.11. auf die Erben übergegangen sind. Der Arbeitgeber muss also ganz normal abrechnen und die entsprechenden Nettobeträge an die Erben ausbezahlen.
Bei Tod noch nicht genommene Urlaubsansprüche waren nach früherer Rechtsprechung mit dem Tod des Arbeitnehmers untergegangen. Dies hatte das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit ihrem höchstpersönlichen Charakter begründet. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) sah dies anders und entschied, dass Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG vom 4.11.2003 einzelstaatlichen Rechtsvorschriften entgegensteht, die für den Fall des Todes des Arbeitnehmers die Abgeltung nicht genommenen Jahresurlaubs ausschließen. Nach Art. 7 der Richtlinie hat jeder Arbeitnehmer Anspruch auf einen bezahlten Mindestjahresurlaub von 4 Wochen, der außer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht durch eine finanzielle Vergütung ersetzt werden kann. Jahresurlaub und Bezahlung während des Urlaubs seien zwei Aspekte eines einzigen Anspruchs, so der EuGH. Ein finanzieller Ausgleich bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Tod stelle die praktische Wirksamkeit des Urlaubsanspruchs sicher. Der unwägbare Eintritt des Todes dürfe nicht rückwirkend zum vollständigen Verlust des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub führen. Es komme auch nicht darauf an, ob der Betroffene im Vorfeld einen Urlaubsantrag gestellt habe.
Das BAG hatte sich dieser Rechtsauffassung nicht angeschlossen und mit Beschluss vom 18.10.2016, 9 AZR 196/16 (A) dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) die Frage vorgelegt, ob dieser bei seiner Auffassung bleibe, wenn das nationale Erbrecht ausschließe, dass ein Anspruch auf finanziellen Ausgleich des Urlaubs Teil der Erbmasse werde und wenn ja, dies auch gelte, wenn das Arbeitsverhältnis zwischen zwei Privatpersonen bestanden habe.
Darauf bestätigte der EuGH seine bisherige Auffassung am 6.11.2018: Der Urlaubsanspruch eines Arbeitnehmers geht nach Unionsrecht nicht mit seinem Tod unter. Die Erben des verstorbenen Arbeitnehmers können eine finanzielle Vergütung für den von ihm nicht genommenen bezahlten Jahresurlaub verlangen. Sofern das nationale Recht eine solche Möglichkeit ausschließt und sich daher als mit dem Unionsrecht unvereinbar erweist, können sich die Erben unmittelbar auf das Unionsrecht berufen. Dies gilt sowohl gegenüber einem öffentlichen als auch gegenüber einem privaten Arbeitgeber. Der EuGH begründet dies, wie schon in seiner früheren Entscheidung damit, dass die Entspannungs- und Erholungszeiten nur eine der beiden Komponenten des Rechts auf bezahlten Jahresurlaub seien und dieses einen wesentlichen Grundsatz des Sozialrechts der Union darstellt. Dieses Grundrecht (Art. 31 Abs. 2 der Grundrechtscharta der Europäischen Union) umfasst auch einen Anspruch auf Bezahlung im Urlaub und den Anspruch auf eine finanzielle Vergütung für bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht genommenen Jahresurlaub. Diese finanzielle Komponente ist rein vermögensrechtlicher Natur und daher dazu bestimmt, in das Vermögen des Arbeitnehmers überzugehen und damit im Wege der Erbfolge auch auf die Erben.
Dem hat sich das BAG angeschlossen. Endet das Arbeitsverhältnis durch den Tod des Arbeitnehmers, haben dessen Erben somit nach §§ 1922 Abs. 1 BGB i. V. m. § 7 Abs. 4 BUrlG Anspruch auf Abgeltung des noch nicht genommenen Urlaubs des Erblassers.
Dies gilt zumindest für den gesetzlichen Mindesturlaub von 4 Wochen und den Zusatzurlaub für Schwerbehinderte nach § 208 Abs. 1 SGB IX.