Das Grundgesetz ist die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland und enthält die für das bestehende Rechtssystem wichtigsten Vorschriften. Im Arbeitsrecht spielen die im Grundgesetz zum Zeichen ihrer ganz herausragenden Bedeutung vorangestellten Grundrechte eine bedeutende Rolle.
3.2.1 Mittelbare Drittwirkung der Grundrechte
Zwar binden die Grundrechte gem. Art. 1 Abs. 3 GG nur Gesetzgebung (Legislative), vollziehende Gewalt (Exekutive) und Rechtsprechung (Judikative) als unmittelbar geltendes Recht. Nur Art. 9 Abs. 3 GG (Koalitionsfreiheit) und Art. 33 GG (Zugang zu öffentlichen Ämtern) weichen von diesem System ab und gelten für das Arbeitsrecht unmittelbar. Nach der Lehre der mittelbaren Drittwirkung der Grundrechte gilt aber der Rechtsgehalt der Grundrechte im bürgerlichen Recht mittelbar durch die privatrechtlichen Vorschriften, besonders in den sog. Generalklauseln (z. B. § 138 BGB: Sittenwidrigkeit, Wucher; § 226 BGB: Schikaneverbot; § 242 BGB: Treu und Glauben; § 315 BGB: einseitiges Leistungsbestimmungsrecht; § 106 GewO: Ausübung des Direktionsrechts). Diese Grundrechte sind zudem zu berücksichtigen bei der Anwendung der kündigungsrechtlichen Generalklauseln, d. h. des wichtigen Grundes in § 626 BGB und der Verhaltens- oder Personenbedingtheit einer Kündigung i. S. d. § 1 Abs. 2 KSchG, aber auch bei einer betriebsbedingten Kündigung im Rahmen der Sozialauswahl gem. § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG.
3.2.2 Die wichtigsten Grundrechte der Arbeitnehmer
Der Begriff "Würde" geht davon aus, dass der Mensch als geistig-sittliches Wesen darauf angelegt ist, in Freiheit und Selbstbewusstsein sich selbst zu bestimmen und auf die Umwelt einzuwirken. Die "Menschenwürde" lässt sich am ehesten vom Verletzungsvorgang her bestimmen: Der Mensch darf keiner Behandlung ausgesetzt werden, die ihn zum bloßen Objekt degradiert, ihn als Subjekt infrage stellt oder Ausdruck der Verachtung des Wertes ist, der dem Menschen kraft seines Personseins zukommt.
Die Vorschrift enthält vier Grundrechte:
- Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Abs. 1)
- Recht auf Leben (Abs. 2)
- Recht auf körperliche Unversehrtheit (Abs. 2)
- Recht auf Freiheit der Person (Abs. 2)
Im Arbeitsrecht werden meist Art. 1 und Art. 2 GG gemeinsam zu überprüfen sein.
Schikanierende Weisungen sind unwirksam; die heimliche Video- oder Tonbandüberwachung von Arbeitnehmern ist unzulässig, dadurch gewonnene Erkenntnisse dürfen nicht verwertet werden; der Arbeitgeber darf nicht untätig zusehen, wenn einzelne Arbeitnehmer "gemobbt" werden. Der Schutz vor sexuellen Belästigungen, welches früher in §§ 2 ff. Beschäftigtenschutzgesetzgeregelt war, ist seit 2006 im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz aufgenommen, § 3 ff. AGG. Ein anderes Beispiel ist die ungehörige Form einer Kündigung, etwa durch Ausspruch auf der Toilette oder die Bekanntgabe eines Diebstahlsverdachts am schwarzen Brett.
Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zählt zu den elementarsten Verfassungsgrundsätzen. Er enthält als Grundrecht einen Anspruch auf Gleichbehandlung. Abs. 1 fordert keine schematische Gleichbehandlung, sondern eine angemessene, d. h. Gleiches ist gleich und Verschiedenes nach seiner Eigenart zu behandeln. Unterscheidungen dürfen nur aus sachlichen Gründen vorgenommen werden. Der Gleichheitsgrundsatz ist verletzt, wenn ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonst sachlich einleuchtender Grund für eine Ungleich- oder Gleichbehandlung nicht zu finden ist, d. h. wenn eine Regelung als willkürlich bezeichnet werden muss. Der Gleichheitsgedanke des Art. 3 GG wird in einigen spezialgesetzlichen Regelungen weiter ausgebaut, z. B. in §§ 611a, 612 Abs. 3 BGB a. F., im Entgelttransparenzgesetz, Art. 119 Abs. 1 EWG-Vertrag. Art. 3 Abs. 2 GG. Art. 3 Abs. 1 GG veranlasste das BVerfG, die unterschiedliche Behandlung von Arbeitern und Angestellten bei der früheren Regelung der Kündigungsfristen in § 622 als mit dem Gleichheitssatz unvereinbar zu erklären, was inzwischen zur Neuregelung der Vorschrift führte. Auch § 4 TzBfG, der ohne das Vorliegen sachlicher Gründe eine unterschiedliche Behandlung von Teilzeitbeschäftigten und befristet beschäftigten Arbeitnehmern verbietet, ist eine spezialgesetzliche Ausgestaltung des Gleichheitsgrundsatzes.
Die Glaubens- und Gewissensfreiheit soll gewährleisten, dass sich jeder seine innersten Anschauungen und Überzeugungen frei bilden und – rechtlich das Wichtigere – sie nach außen auch frei bekennen können muss. Im Hinblick auf diese Vorschrift muss der Arbeitgeber z. B. bei Ausübung seines Direktionsrechts i...