Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung von § 12 Tarifvertrag für die Musiker in Kulturorchestern
Leitsatz (redaktionell)
1. Instandsetzungskosten iSd § 12 Abs 2 TVK sind solche Kosten, die angewandt werden müssen, um die Gebrauchsfähigkeit des Instruments herzustellen.
2. Das Maß der jeweiligen Gebrauchsfähigkeit richtet sich nach den Anforderungen des Orchesters, in welchem das Instrument eingesetzt wird.
Orientierungssatz
Zur Frage, wann die Neubepolsterung eines Fagotts eine erforderliche Instandsetzung ist.
Tenor
1.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Leipzig
vom 16.04.1999 - 15 Ca 4349/97 - wird auf Kosten der Beklagten
zurückgewiesen.
2.
Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.
Tatbestand
Gegenstand des Rechtsstreits ist die Frage, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger die diesem entstandenen Kosten gemäß Rechnung vom 11.08.1996 anlässlich der Generalüberholung seines Fagotts zu erstatten.
Die Beklagte ist Trägerin des ... orchesters L. In diesem ist der Kläger, Mitglied der Deutschen Orchestervereinigung e. V. in der DAG, seit 1992 als Solo-Fagottist tätig. Auf das Arbeitsverhältnis findet im Wege beiderseitiger Tarifbindung und durch arbeitsvertragliche Bezugnahme der Tarifvertrag für die Musiker in Kulturorchestern (TVK) vom 01.07.1971 in der jeweils geltenden Fassung des Tarifvertrages für die Musiker des ... orchesters L Anwendung.
Der Kläger, dem die Beklagte ein Instrument nicht zur Verfügung gestellt hat, benutzt arbeitsvertragsgemäß ein eigenes Instrument, ein Fagott der Fa. H mit einem Zeitwert von 40.000,00 DM.
Der Kläger hatte sein Instrument seit 1992 jährlich der Meisterwerkstatt für Holzblasinstrumentenbau L zur "Generalüberholung" gegeben. Die hieraus entstandenen Kosten in Höhe von jeweils ca. 3.000,00 DM hatte die Beklagte dem Kläger bisher erstattet (Rechnungen vom 13.08.1994 und 21.07.1995 siehe Bl. 58/59 d. A.).
In den Konzertferien 1996 gab der Kläger sein Instrument erneut der Werkstatt L zur Überholung, ohne eine konkrete Reparaturanweisung zu geben. Er hatte zuvor Kostenvoranschläge der Werkstatt L vom 24.04.1996 (Bl. 33 d. A.: 3.800,75 DM) und der Werkstatt H vom 21.06.1996 (Bl. 37 d. A.: 6.290,50 DM) eingeholt. Mit Schreiben vom 26.06.1996 (Bl. 35 d. A.) teilte der Verwaltungsdirektor des G L dem Kläger mit, die "Wartungskosten" dürften zwischen 1.000,00 DM und 1.500,00 DM betragen, diesen Betrag würde das G nach Vorlage der Rechnung als anteilige Finanzierung überweisen.
Die dem Kläger von der Werkstatt L erteilte Rechnung vom 11.08.1996 in Höhe von 3.800,75 DM (Bl. 39 d. A.) beglich der Kläger und reichte sie zur Erstattung bei der Beklagten ein. Aus der Rechnung geht hervor, dass u. a. folgende Arbeiten verrichtet wurden :
- Alle Klappen neu versilbert,
- Klappen neu bepolstert, bekorkt, befilzt und beledert.
Die Beklagte erstattete dem Kläger einen hälftigen Betrag in Höhe von 1.900,40 DM. Eine Aufforderung des Klägers mit Schreiben vom 04.12.1996 (Bl. 41/42 d. A.), den vollen Reparaturkostenbetrag zu überweisen, wies die Beklagte mit Schreiben vom 20.12.1996 (Bl. 44 bis 46 d. A.) zurück.
Mit am 03.04.1997 beim Arbeitsgericht eingegangener Klage hat der Kläger geltend gemacht, die Beklagte habe gemäß § 12 Abs. 2 TVK die vollen Kosten gemäß Rechnung vom 11.08.1996 zu tragen. Die dort enthaltenen Arbeiten seien dringend erforderlich gewesen, um eine einwandfreie Spielfähigkeit des Instruments wieder herzustellen. Die Reparaturkosten stünden auch in einem angemessenen Verhältnis zum Zeitwert. Für die Angemessenheit spräche u. a. der Kostenvoranschlag der Herstellerfirma H. Wertkonservierende Maßnahmen, die im Übrigen unmöglich seien, seien nicht vorgenommen worden.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.900,35 DM nebst 4 % Zinsen
seit dem 01.01.1997 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Nach Ansicht der Beklagten seien die mit einer Generalüberholung verbundenen Arbeiten nicht erforderlich i. S. des § 12 TVK. Laut Umfrage bei den Holzblasinstrumentenbauern werde eine jährliche Generalüberholung überwiegend für nicht erforderlich gehalten. Lediglich der Holzblasinstrumentenbaumeister M sei anderer Auffassung, setze aber lediglich Kosten von 1.500,00 DM an. Auch andere Fagott spielende Musiker des ... orchesters verfügten über spielfähige Instrumente, ohne eine jährliche Generalüberholung durchführen zu lassen. Im Vergleich mit den ein Jahr zuvor durchgeführten Arbeiten hätte es sich 1996 um die gleichen Arbeiten gehandelt. Die Kosten stünden auch in keinem Verhältnis zum Zeitwert.
Unter den Begriff der "Instandsetzungsarbeiten" gemäß § 12 TVK fielen nur Reparaturen, keine Wartungsarbeiten. Für die Wartung des Instruments werde ein Instrumentengeld bezahlt. Die Rechnung vom 11.08.1996 enthalte überwiegend Instandhaltungsarbeiten, die eine Abnutzung des Instruments ausschlössen und zu einer Wertkonservierung führen würden.
Das Arbeitsgericht hat nach Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sach...