Rz. 52
Abs. 3 trägt den Entwicklungen nach der Neuordnung der Führungsstruktur in der Zentrale der Bundesagentur Rechnung. Der im April 2002 neu gebildete Vorstand verfolgt – teilweise gemeinsam mit dem Verwaltungsrat – eine Geschäftspolitik auch gegenüber der Bundesregierung und dem BMAS, die ihr Handlungsvollmacht sichert. Umgekehrt geht damit im konkret abzugrenzenden Rahmen auch die Verantwortung der Politik auf den berufenen Vorstand über. Davon bleiben die Aufsichtsaufgaben der Selbstverwaltung unberührt. Gesetzliche Basis hierfür sind Gestaltungsspielräume durch Freiheiten bei der Verwendung der Eingliederungsmittel, zuletzt durch das Vermittlungsbudget. 2017 ist der Vorstand der Bundesagentur für Arbeit teilweise neu und umbesetzt worden. Dadurch wird sich die Handschrift der Bundesagentur für Arbeit verändern; es kann damit gerechnet werden, dass der operativen Arbeit wieder mehr Gewicht zukommen wird als zuvor. Inhaltlich ist es an der Zeit, der Inklusion und Teilhabe ein besonderes Gewicht zuzuschreiben, das auch in einer Zielvereinbarung niedergelegt werden könnte.
Rz. 53
Abs. 3 schafft die Voraussetzungen für ein Agency-Modell, das Zustimmungen und Genehmigungen ablösen und durch Vereinbarungen zwischen der Arbeitsverwaltung und der Bundesregierung ersetzen soll. Maßgebender Partner ist die Bundesregierung. Lediglich bei fachaufsichtlich relevanten Themenkomplexen ist das BMAS Partner der Bundesagentur für Arbeit. Dem BMAS obliegt allerdings im Bereich der Arbeitsförderung lediglich eine Rechtsaufsicht über die Bundesagentur für Arbeit. Die Erfahrungen seit 2002 belegen, dass das Zielvereinbarungsmodell über verschiedene Bundesregierungen und Minister/innen im BMAS erfolgreich praktiziert wurde und deshalb auch zukünftig Bestand haben wird.
Rz. 54
Abs. 3 schafft die Grundlage für Kontrakte zwischen Verwaltung und Politik. Eine ähnliche Vorschrift enthält § 48 SGB II. Im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende übt das BMAS allerdings die Rechts- und Fachaufsicht über die Bundesagentur für Arbeit aus und kann somit auf die Umsetzung des SGB II in den Jobcentern der gemeinsamen Einrichtungen unmittelbar Einfluss nehmen. Für die Politik bedeutet dies Verantwortung allein für die politischen Entscheidungen, die in Gesetzgebungsverfahren ihren Niederschlag finden, z. B. Regelungen zu Zuständigkeiten bei der Bundesagentur für Arbeit oder anderswo, zur Einführung oder Streichung von gesetzlichen Leistungen. Die Verantwortung der Bundesagentur liegt darin, innerhalb dieses gesetzten Rahmens effektive und effiziente Produkte und Programme zur Erreichung der mit der Politik vereinbarten Ziele zu entwickeln und umzusetzen. Zur Erprobung haben das BMAS und die Bundesagentur für Arbeit am 29.11.2018 eine Rahmenzielvereinbarung geschlossen, die bis zum Abschluss einer neuen Vereinbarung, jedenfalls aber bis zum Ende der 19. Legislaturperiode gilt.
Rz. 55
Die Rahmenzielvereinbarung soll allein der Umsetzung der in § 1 SGB III festgelegten Ziele der Arbeitsförderung dienen, ohne dass hiermit nach anderem Verständnis ein Eingriff in die geschäftspolitische Autonomie der Bundesagentur für Arbeit verbunden wäre. Die Entwicklung der Rahmenziele wird über Indikatoren beobachtet. Zum Rahmenziel "Arbeitsmarktausgleich verbessern" gehören die Vakanzzeit (Zeitraum der offenen Stelle bei der Agentur für Arbeit), der Ausschöpfungsgrad, der Beitrag der Bundesagentur für Arbeit am Zustandekommen von Beschäftigungsverhältnissen und die Kundenzufriedenheit. Der Ausbildungsmarkt, insbesondere die Verbesserung des Übergangs von der Schule in den Beruf ist nach der Vereinbarung stärker in den Blick zu nehmen. Der Übergang ist für junge Menschen ein komplexer Prozess. Die Bundesagentur für Arbeit unterstützt den Informations- und Beratungsbedarf durch frühzeitige und umfassende personale und mediale Angebote, insbesondere in den allgemeinbildenden Schulen. Berufsorientierung und Beratung beginnt künftig bereits in den Vor-Abschlussklassen und bezieht auch stärker Schulen ein, die zu einer Hochschulzugangsberechtigung führen. Die Betreuung verlagert sich tendenziell an die Schulen. Indikatoren sind die Integrationsquote SGB III nach Integrationsprognosen und die Ungelerntenquote.
Zum Rahmenziel "Reduzierung von Langzeitarbeitslosigkeit" gehören der Bestand Langzeitarbeitsloser (einschließlich Anteil an allen Arbeitslosen) und die Übertrittsquote SGB II (Rechtskreiswechsler). Die Vereinbarung weist aus, dass die verschiedenen Problemlagen Langzeitarbeitsloser sowie regionale und qualifikatorische Unterschiede zwischen Angebot und Nachfrage am Arbeitsmarkt ein übergreifendes Vorgehen erfordern, das Prävention und Integration umfasst. Um Langzeitarbeitslosigkeit und damit potenziell auch Hilfebedürftigkeit zu vermeiden, verfolgt die Bundesagentur für Arbeit bei Bedarf auch längerfristig angelegte Qualifizierungs- und Integrationsstrategien. Durch die Stärkung von Kompetenzen, die für den Arbeitsmarkt relevant sind, gilt es den Zugan...