Rz. 17
Zum Begriff des Arbeitsentgelts vgl. § 14 SGB IV. Erhält der Arbeitslose kein Arbeitsentgelt und hat er auch keine Urlaubsabgeltung erhalten, ruht der Anspruch auf Alg dennoch für die Zeit, für die er Arbeitsentgelt oder Urlaubsabgeltung zu beanspruchen hat. Ein solcher Anspruch muss nicht mit Sicherheit bestehen, es genügt, dass er nur möglicherweise besteht oder entstehen könnte, insbesondere bei erhobenen Kündigungsschutzklagen. Möglicherweise besteht auch ein Anspruch auf Arbeitsentgelt für die Dauer einer Entlassungssperre nach § 18 KSchG. Dann ist nach Abs. 3 zu verfahren. Die Formulierung "zu beanspruchen hat" gewährleistet, dass die Entgeltersatzleistung nicht für solche Zeiten ruht, für die der Arbeitnehmer zwar Ansprüche erhebt, aber objektiv keinen Anspruch hat. Der Arbeitslose würde ansonsten Gefahr laufen, zu seinem Nachteil zu handeln, weil er entweder durch überhöhte Forderungen einen zu langen Ruhenszeitraum oder aufgrund zu geringer Forderungen (lieber Alg in der Hand als nicht erfüllte Ansprüche) Arbeitsentgelt- oder Urlaubsabgeltungsansprüche riskiert. Außerdem ruht der Anspruch immer erst dann und nur insoweit, als dem Arbeitslosen das ihm zustehende Arbeitsentgelt oder die zu beanspruchende Urlaubsabgeltung auch tatsächlich ausgezahlt worden ist. Für die Zwischenzeit ist die Anwendung des Abs. 3 zu prüfen.
Rz. 18
Hat der Arbeitslose Arbeitsentgelt oder Urlaubsabgeltung teilweise erhalten, aber zum Teil auch noch zu beanspruchen, kommt es darauf an, ob die ausgezahlten und die noch zu beanspruchenden Beträge jeweils einem Zeitraum zugeordnet werden können, z. B. nach der Abrechnung des Arbeitgebers. Ist dies nicht möglich, muss der Arbeitslose den Nachweis antreten, auf welchen Zeitraum sich die Zahlung/en bezieht/beziehen. Sind seine Angaben nachvollziehbar, wird der Agentur für Arbeit die pauschale Schlussfolgerung, der Arbeitslose habe für den gesamten Anspruchszeitraum Arbeitsentgelt bzw. Urlaubsabgeltung erhalten, verwehrt sein. Für den verbleibenden Zeitraum ist Abs. 3 in Betracht zu ziehen.
Rz. 19
Mit dem Begriff "Urlaubsabgeltung" ist auf den arbeitsrechtlichen Begriff Bezug genommen worden (z. B. im Bundesurlaubsgesetz). Urlaubsabgeltung ersetzt einen nicht mehr erfüllbaren Urlaubsanspruch i. S. d. § 157 allein wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Ist die Urlaubsgewährung hingegen aus anderen Gründen (zuvor) unmöglich geworden, weil z. B. der Arbeitgeber in Verzug geraten ist, steht dem Arbeitslosen möglicherweise ein Anspruch auf Schadensersatz zu. Dieser ist nicht als Urlaubsabgeltung i. S. d. § 157 zu qualifizieren. Auf einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung kann nach dem BUrlG nicht verzichtet werden. Das gilt auch für den Fall, in dem der Arbeitgeber den Untergang des Urlaubsanspruchs oder Urlaubsabgeltungsanspruchs in anderer Weise mitverschuldet hat, z. B. durch Unterlassen einer ordnungsgemäßen Mahnung (BSG, Urteil v. 21.6.2001, B 7 AL 62/00 R, SGb 2002 S. 397). § 157 gilt nicht für der Urlaubsabgeltung ähnliche Leistungen.
Rz. 19a
Ist die Gewährung von Urlaub nicht mehr möglich, weil der Arbeitnehmer erkrankt war, kann dieser Anspruch nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes nicht verfallen (Europäischer Gerichtshof, Urteil v. 20.01.2009, C-350, 520/06). Dabei hat sich der Gerichtshof auf Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG bezogen. Der Gerichtshof hat festgestellt, dass der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub bei Ablauf des Urlaubsjahres bzw. in Fällen der Übertragbarkeit des Urlaubs bei Ablauf des Übertragungszeitraumes nicht erlöschen darf, wenn der Arbeitnehmer arbeitsunfähig geschrieben war und deshalb den Urlaub nicht nehmen konnte. Das gilt auch in Fällen, in denen der Arbeitnehmer nur für einen Teil des Urlaubsjahres arbeitsunfähig war. Das BAG hat sich dieser Rechtsprechung angeschlossen (vgl. BAG, Urteil v. 24.3.2009, 9 AZR 983/07, NZA 2009 S. 538).
Rz. 19b
Das Ruhen nach Abs. 1 kann zeitgleich mit anderen Ruhenstatbeständen zusammentreffen, z. B. dem Ruhen nach § 159 wegen des Eintritts einer Sperrzeit. Die Ruhenszeiträume können dann ganz oder teilweise parallel zueinander ablaufen. In Fällen des Abs. 2 verlängert sich der Ruhenszeitraum wegen einer Entlassungsentschädigung um die Zeit des abgegoltenen Urlaubs. Urlaubsabgeltung setzt regelmäßig voraus, dass das zugrunde liegende Arbeitsverhältnis beendet ist. Daher wird sich ein Zeitraum nach Abs. 2 im Regelfall nicht mit einem Ruhenszeitraum nach Abs. 1 überschneiden, weil ein Anspruch auf Arbeitsentgelt regelmäßig nicht für Zeit nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses besteht.