Rz. 52
In § 96 Abs. 4 Satz 3 werden die Fälle aufgezählt, in denen Kug trotz bestehender Arbeitszeitguthaben gewährt werden kann. Vom Grundsatz sind Arbeitszeitguthaben zur Vermeidung des Arbeitsausfalls einzubringen, wie sich aus Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 ergibt. Abs. 4 Satz 3 beschreibt hiervon Ausnahmen wegen besonderer Interessenlagen der Arbeitnehmer. Der Ausnahmekatalog des Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 bis 5 ist eigentlich abschließend. Es müssen aber Arbeitszeitguthaben über die aufgeführten Fälle hinaus außer Betracht bleiben, wenn deren Verbrauch aus Anlass der Kurzarbeit sich als unzumutbar i. S. v. § 96 Abs. 4 Satz 1 erweist.
Rz. 53
Nach Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 kann die Auflösung eines Arbeitszeitguthabens vom Arbeitnehmer nicht verlangt werden, soweit es vertraglich ausschließlich zur Überbrückung von Arbeitsausfällen außerhalb der Schlechtwetterzeit (§ 101 Abs. 1) bestimmt ist und 50 Stunden nicht übersteigt. Nach der Gesetzesbegründung sollen mit dieser Regelung Arbeitnehmer in Betrieben privilegiert werden, in denen auf Grund der Arbeiten (z. B. Straßenbau) erfahrungsgemäß Arbeitsausfälle auch nach dem Ende der Schlechtwetterzeit eintreten. Erforderlich für den Schutz des Arbeitzeitguthabens ist, dass eine vertragliche Regelung vorliegt. Vertragliche Regelung kann sowohl ein Tarifvertrag, eine Betriebsvereinbarung als auch eine Individualabrede sein.
Rz. 54
Nach § 96 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 ist das Arbeitzeitguthaben geschützt, soweit es ausschließlich für eine vorzeitige Freistellung eines Arbeitnehmers vor einer alterbedingten Beendigung des Arbeitsverhältnisses, oder, bei Regelung in einem Tarifvertrag oder auf Grund eines Tarifvertrages in einer Betriebsvereinbarung, zum Zweck der Qualifizierung bestimmt ist.
Rz. 55
Arbeitszeitguthaben ist darüber hinaus nach Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 geschützt, soweit es zur Vermeidung der Inanspruchnahme von Saison-Kug angespart worden ist und den Umfang von 150 Stunden nicht übersteigt. Weist das Arbeitszeitkonto ein Guthaben über die 150-Stunden-Grenze hinaus aus, ist der Anspruch auf Kug entsprechend zu mindern.
Rz. 56
Nach Abs. 4 Satz 3 Nr. 4 braucht ein Arbeitszeitguthaben nicht ausgelöst werden, soweit es den Umfang von 10 % der ohne Mehrarbeit geschuldeten Jahresarbeitszeit eines Arbeitnehmers übersteigt. Der Schutz des Arbeitszeitguthabens beschränkt sich also auf den Umfang, der über 10 % der Jahresarbeitszeit angespart wurde.
Die Jahrsarbeitszeit beträgt 1.995 Stunden. Das Arbeitszeitkonto weist ein Guthaben von 220,5 Stunden aus.
10 % der Jahresarbeitszeit, also 195 Stunden, müssen im Rahmen der Unvermeidbarkeit des Arbeitsausfalls eingebracht werden. Das restliche Arbeitszeitguthaben von 25,5 Stunden bleibt geschützt.
Rz. 57
Schließlich bestimmt § 96 Abs. 4 Satz 3 Nr. 5, dass Arbeitszeitguthaben nicht aufgelöst zu werden braucht, soweit es länger als ein Jahr unverändert bestanden hat. "Unverändert" heißt nicht, dass das Guthaben keinen Schwankungen unterworfen sein dürfte. Der besondere Schutz des Arbeitszeitguthabens bezieht sich vielmehr auf den innerhalb eines Jahres vor Beginn der Kurzarbeit erreichten niedrigsten Stand.
Rz. 58
In einem Betrieb, in dem eine Vereinbarung über Arbeitszeitschwankungen gilt, nach der mindestens 10 % der ohne Mehrarbeit geschuldeten Jahresarbeitszeit für einen unterschiedlichen Arbeitsanfall eingesetzt wird, gilt ein Arbeitsausfall, der im Rahmen dieser Arbeitszeitschwankungen nicht mehr ausgeglichen werden kann, als nicht vermeidbar, § 96 Abs. 4 Satz 4. Diese Regelung privilegiert Betriebe, in denen in einem bestimmten Mindestumfang Arbeitszeitschwankungen vereinbart sind, um die Arbeitszeit an die jeweilige Produktion anzupassen, um dadurch Kurzarbeit zu vermeiden. Liegen die Voraussetzungen nach Abs. 4 Satz 4 vor, sind die in Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 bis 3 genannten Voraussetzungen nicht mehr zu prüfen (Kühl, in: Brand, SGB III, § 96 Rz. 44).