2.1 Geltung der Regelungen
Rz. 2
Die Regelung besagt in Abs. 1, dass die Vorschriften über den besonderen Kündigungsschutz für schwerbehinderte Menschen auch in den Fällen der außerordentlichen Kündigung gelten. Der Arbeitgeber hat auch in den Fällen, in denen ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung vorliegt, vorher die Zustimmung des Integrationsamtes einzuholen. Wird eine solche Zustimmung nicht eingeholt, ist die Kündigung unwirksam.
Rz. 3
Ausdrücklich gilt nicht § 169, also die Kündigungsfrist von 4 Wochen. Diese Mindestkündigungsfrist gilt deshalb nicht, weil eine außerordentliche Kündigung nach § 626 BGB nur inner-halb einer Frist von 2 Wochen nach Kenntnis von den Gründen für eine außerordentliche Kündigung ausgesprochen werden kann. Im Falle der außerordentlichen Kündigung gelten die Mindestfristen des § 622 BGB ebenfalls nicht.
Rz. 4
Die in den Vorschriften des Kapitels 4 enthaltenen Regelungen gelten für den Fall der außerordentlichen Kündigung nur, soweit in den Vorschriften über die außerordentliche Kündigung nichts Abweichendes bestimmt ist. Abweichendes sieht insbesondere Abs. 3 vor.
Rz. 5
Soweit nichts Abweichendes vorgesehen ist, gelten also die Grundsätze, die für den Fall der ordentlichen Kündigung gelten. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber auch die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung schriftlich beantragen muss (§ 170 Abs. 1). Das Integrationsamt ist verpflichtet, eine Stellungnahme der zuständigen Agentur für Arbeit, des Betriebsrates oder des Personalrates und der Schwerbehindertenvertretung einzuholen; das Integrationsamt ist vor allem verpflichtet, den schwerbehinderten Menschen anzuhören (§ 170 Abs. 2). Das Integrationsamt soll im Übrigen auch bei einer außerordentlichen Kündigung eine Entscheidung aufgrund mündlicher Verhandlung treffen (§ 171 Abs. 1), die dort mögliche Verfahrensdauer von 4 Wochen gilt in den Fällen der außerordentlichen Kündigung aber nicht (Abs. 3).
2.2 Antragsfrist
Rz. 6
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Antrag auf Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung innerhalb einer Frist von 2 Wochen, beginnend mit dem Zeitpunkt, in dem der Arbeitgeber von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erhält, zu stellen.
Maßgebend ist nicht der Tag der Absendung des Antrages durch den Arbeitgeber, sondern der Tag des Eingangs dieses Antrages bei dem Integrationsamt.
Rz. 7
Die Frist von 2 Wochen ist der Frist des § 626 BGB nachgebildet, der Frist, innerhalb der die Kündigung ausgesprochen werden darf. Die Frist ist nur eingehalten, wenn der Antrag bei dem zuständigen Integrationsamt eingegangen ist. § 16 SGB I ist in den Fällen der Beantragung einer Zustimmung zur Kündigung nicht einschlägig, da es sich nicht um eine Sozialleistung handelt. Der Antrag kann also nicht fristwahrend bei einer Sozialleistungsbehörde eingereicht werden.
Rz. 8
Geht ein Antrag auf Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung bei dem Integrationsamt nicht rechtzeitig ein, darf das Integrationsamt über diesen Antrag nicht entscheiden. Damit fehlt es an der Voraussetzung zur Erklärung der außerordentlichen Kündigung. Das heißt, kündigt der Arbeitgeber dennoch außerordentlich, ist eine solche Kündigung mangels Zustimmung unwirksam.
Der Arbeitgeber kann, hat er die Frist des Abs. 2 versäumt, zwar kündigen, dies jedoch nicht mehr außerordentlich, sondern nur noch ordentlich. Hierfür muss er jedoch erneut die Zustimmung des Integrationsamtes beantragen. Der verspätet gestellte Antrag auf Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung kann nicht hilfsweise als Antrag zur ordentlichen Kündigung betrachtet werden, da die in dem Antrag genannten Gründe nur Bezug auf die außerordentliche Kündigung nehmen.
2.3 Entscheidungsfrist
Rz. 9
Das Integrationsamt ist nach Abs. 3 verpflichtet, über den Antrag innerhalb einer Ausschlussfrist von 2 Wochen nach Eingang des Antrages zu entscheiden. Hier ist dem Integrationsamt kein Ermessen eingeräumt wie in § 171 Abs. 1, soll innerhalb dieser Frist entscheiden. Das zeigen die Folgen, die sich aus Satz 2 ergeben: Wird innerhalb der Frist von 2 Wochen nicht über den Antrag entschieden, gilt die Zustimmung als erteilt.
Rz. 10
Die kurze Frist von 2 Wochen ist nicht unproblematisch, auch wenn die Kürze unter dem Gesichtspunkt der für eine außerordentlichen Kündigung sonst geltenden Fristen verständlich ist. Das Integrationsamt ist gehalten, das für den Antrag auf Zustimmung zur ordentlichen Kündigung anzuwendende Verfahren auch in diesem Fall zu beachten, d. h., es sind Stellungnahmen einzuholen und Anhörungen durchzuführen. Auch soll eine mündliche Verhandlung durchgeführt werden. Bei solchen Verfahrensanforderungen droht die Frist alsbald abzulaufen mit der Folge, dass bei Nichtentscheidung die Zustimmung als erteilt gilt. Sie darf also die erforderlichen Feststellungen nur in dem engen Zeitrahmen durchführen und müsste, wenn die Feststellungen in dieser Zeit nicht zu einem Ergebnis führten, die Zustimmung verweigern. Sie dürfte bei einem unvollkommen aufgeklärten Sachverhalt die Zustimmung nicht mit Blick auf den Fristab...