2.1 Begriff der Werkstätten für behinderte Menschen
Rz. 2
Werkstätten für behinderte Menschen sind Einrichtungen zur Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben i. S. des Kapitels 10 des Teils 1 und zur Eingliederung in das Arbeitsleben. Diese mit dem Schwerbehindertengesetz im Jahre 1974 geschaffene und seitdem fortentwickelte Konzeption verdeutlicht den doppelten Charakter der Werkstätten als Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation und Einrichtungen zur Beschäftigung, also der Eingliederung behinderter Menschen in das Arbeitsleben. Der Begriff der Werkstätten für behinderte Menschen gilt einheitlich für alle in Betracht kommenden Rechtsbereiche, im Sozialrecht wie im Leistungsrecht des Teils 1 oder im Recht der Eingliederungshilfe SGB XII (ab 1.1.2020 Teil 2 des SGB IX), im Recht der Sozialversicherung (im Einzelnen vgl. Anmerkungen zur Sozialversicherung in Werkstätten für behinderte Menschen), aber auch im Steuerrecht.
2.2 Aufgaben der Werkstätten für behinderte Menschen
Rz. 3
Die Werkstätten sind Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation neben den anderen Einrichtungen wie Berufsbildungswerken oder Berufsförderungswerken. Aufgabe der Werkstatt als Einrichtung der beruflichen Rehabilitation ist es, den behinderten Menschen eine angemessene berufliche Bildung anzubieten. Aufgabe der Werkstätten als Einrichtungen zur Eingliederung behinderter Menschen in das Arbeitsleben ist es, den Menschen eine Beschäftigung zu einem der Arbeitsleistung angemessenen Arbeitsentgelt anzubieten.
Rz. 3a
Neben der beruflichen Bildung und dem Angebot an Beschäftigung ist es auch Aufgabe der Werkstätten, den behinderten Menschen zu ermöglichen, ihre Leistungs- oder Erwerbsfähigkeit zu erhalten, zu entwickeln, zu erhöhen oder wiederzugewinnen und dabei ihre Persönlichkeit weiterzuentwickeln.
Diese Angebote erfolgen sowohl im Rahmen der beruflichen Bildung, während der Maßnahmen im Berufsbildungsbereich, als auch als bei der Beschäftigung im Arbeitsbereich, dort arbeitsbegleitende Maßnahmen (vgl. auch § 5 Werkstättenverordnung.
Ausdrückliche Aufgabe ist auch die Förderung des Übergangs aus der Werkstatt auf den allgemeinen Arbeitsmarkt (Abs. 1 Satz 4, im Einzelnen hierzu Rz. 24 f.).
Rz. 3b
Durch das Gesetz zur Einführung Unterstützter Beschäftigung vom 22.12.2008 ist Absatz 1 um die Sätze 5 und 6 ergänzt worden. Diese Regelungen waren nicht bereits im Gesetzentwurf der Bundesregierung enthalten, sondern sind erst durch einen Änderungsantrag im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens angefügt worden (Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales, Nr. 3 Buchstabe d, zu Art. 4, BT-Drs. 16/10905 S. 4). Die Ergänzung ist auf die Öffentliche Anhörung von Sachverständigen im federführenden Ausschuss des Deutschen Bundestages am 5.11.2008 zurückzuführen. In dieser Anhörung war angesprochen worden, dass es nicht in allen Fällen gelingen werde, dass die behinderten Menschen als Ergebnis der Förderung durch Unterstützte Beschäftigung sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse begründen könnten. In solchen Fällen käme an dessen Stelle eine Werkstattaufnahme in Betracht. Für diese Fälle wurde es für erforderlich angesehen, ausdrücklich zu regeln, dass die Werkstätten ihre Angebote zur Teilhabe am Arbeitsleben ergänzen und auch ausgelagerte Berufsbildungs- und Arbeitsplätze anbieten sollten.
Rz. 3c
Die Praxis bei den Leistungsträgern der Sozialhilfe war in den Ländern nicht einheitlich. Auch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hatte in der Vergangenheit die Auffassung vertreten, ausgelagerte Arbeitsplätze könnten nach geltendem Recht ausschließlich zum Zwecke der Förderung des Übergangs aus der Werkstatt auf den allgemeinen Arbeitsmarkt eingerichtet werden. Das Ministerium hatte dabei auf die einschränkende Formulierung § 219 Abs. 1 Satz 3 SGB IX i. V. m. § 5 Abs. 4 der Werkstättenverordnung verwiesen. Erst im Zusammenhang mit den Beratungen im Gesetzgebungsverfahren zur Einführung Unterstützter Beschäftigung hatte das Ministerium die Möglichkeit, auch ausgelagerte Plätze im Berufsbildungsbereich sowie dauerhaft ausgelagerte Arbeitsplätze im Arbeitsbereich vorzuhalten, in einem Schriftwechsel mit der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe als vertretbar anerkannt.
Rz. 3d
Auch wenn das Angebot von ausgelagerten Berufsbildungsplätzen und dauerhaft ausgelagerten Werkstattplätzen im Arbeitsbereich nicht – wie das Angebot von Außenarbeitsplätzen zur Förderung des Übergangs – auch in die Werkstättenverordnung als fachliche Anforderung aufgenommen worden ist, steht es nicht im Belieben der Werkstätten, solche Plätze vorzuhalten. Es handelt sich hierbei nicht um ein freiwilliges Angebot der Werkstätten, vielmehr um eine gesetzliche Verpflichtung im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben. Damit ist diese Aufgabe ebenfalls eine Anerkennungsvoraussetzung. Die Werkstatt wird, will sie sich weiterhin im Rahmen des geltenden Rechts bewegen, solche Angebote machen müssen.
Der behinderte Mensch hat, korrespondierend mit der Verpflichtung der Werkstatt einen Rechtsanspruch darauf, dass die Werkstat...