0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Mit Inkrafttreten des Art. 1 des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz – BTHG) v. 23.12.2016 (BGBl. I S. 3234) wird der bisherige § 36 mit Wirkung zum 1.1.2018 zu § 52. Inhaltlich ist die Norm unverändert.
1 Allgemeines
Rz. 1a
Die Vorschrift regelt die Rechtsstellung von Teilnehmern an Maßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation. Die Vorschrift verdeutlicht, dass die Teilnehmer nicht in einem Beschäftigungsverhältnis nach § 7 SGB IV bzw. in einem Arbeitsverhältnis (§ 611 BGB) zu diesen Einrichtungen stehen. Gleichwohl sind die arbeitsrechtlichen Grundsätze über den Persönlichkeitsschutz, die Haftungsbeschränkung sowie Vorschriften über den Arbeitsschutz, den Erholungsurlaub und die Gleichberechtigung von Männern und Frauen entsprechend anzuwenden.
2 Rechtspraxis
2.1 Dreiecksverhältnis
Rz. 2
Die Leistung kann der Rehabilitationsträger selbst erbringen, das kommt insbesondere bei Geldleistungen in Frage. Bei Sachleistungen bedient sich der Rehabilitationsträger der Dienste Dritter (z. B. Berufsbildungswerke, Berufsförderungswerke, Werkstätten für behinderte Menschen) als Leistungserbringer. Hier bestehen drei Rechtsverhältnisse (sog. Dreiecksverhältnis):
- Das Rechtsverhältnis zwischen Rehabilitand und Rehabilitationsträger (Grundverhältnis),
- das Rechtsverhältnis zwischen Rehabilitationsträger und beruflicher Rehabilitationseinrichtung (Leistungsbeschaffungsverhältnis) und
- das Rechtsverhältnis zwischen Rehabilitand und beruflicher Rehabilitationseinrichtung (Leistungserbringungsverhältnis).
Die Rechtsbeziehungen zwischen dem behinderten Menschen zum Rehabilitationsträger (Grundverhältnis) sind zweifelsfrei dem öffentlichen Recht zuzuordnen. Schwieriger ist es mit der Zuordnung der anderen Rechtskreise: Gehören sie zum öffentlichen Recht oder dem Privatrecht? Zwischen dem Rehabilitationsträger und der beruflichen Rehabilitationseinrichtung (Leistungsbeschaffungsverhältnis) bestehen vertragliche Beziehungen. Ob diese als öffentlich-rechtliche Verträge nach § 53 SGB X anzusehen sind, ist noch nicht abschließend geklärt. Unsicherheiten in der rechtlichen Zuordnung ergeben sich insbesondere dadurch, dass Verwaltungsaufgaben im Rahmen der Leistungsverwaltung auch in der Form des Privatrechts wahrgenommen werden können und es keine allgemein anerkannte Abgrenzungsformel zur Unterscheidung öffentlich-rechtlicher und privat-rechtlicher Rechtsverhältnisse gibt.
2.2 Leistungserbringungsverhältnis
Rz. 3
Satz 1 regelt, dass bei der Ausführung von Leistungen zur beruflichen Rehabilitation die Teilnehmer nicht in den Betrieb der Einrichtungen eingegliedert werden. Wesentliches Kriterium für die Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses nach § 7 Abs. 1 SGB IV ist die Eingliederung in den Betrieb. Ein Beschäftigungsverhältnis ist insbesondere ein Arbeitsverhältnis. Damit ist klargestellt, dass das Rechtsverhältnis zwischen Rehabilitand und Leistungserbringer kein Beschäftigungs- bzw. Arbeitsverhältnis ist. Da Satz 2 und 3 dem beruflichen Rehabilitanden aber arbeitnehmerähnliche Rechte sichern, stehen Rehabilitanden, die in einer Einrichtung der beruflichen Rehabilitation eine Rehabilitationsmaßnahme absolvieren, zu den beruflichen Rehabilitationseinrichtungen in einem arbeitnehmerähnlichen Rechtsverhältnis. Das Verhältnis zwischen dem behinderten Menschen und der beruflichen Rehabilitationseinrichtung wird überwiegend als privat-rechtliches Rechtverhältnis qualifiziert. Damit ist mangels Zuweisung an die Arbeitsgerichte für Streitigkeiten zwischen dem Behinderten und der beruflichen Rehabilitationseinrichtung der Rechtsweg zu den Zivilgerichten gegeben.
Rz. 4
Satz 2 stellt klar, dass Rehabilitanden in Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation keine Arbeitnehmer im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes sind. Sie sind damit nicht wahlberechtigt und wählbar zu den dortigen Mitarbeitervertretungen. Satz 2 sichert den Rehabilitanden in Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation das Recht zu, zu ihrer Mitwirkung besondere Vertreter zu wählen. Für Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Maßnahmen im Eingangsverfahren und Berufsbildungsbereich anerkannter Werkstätten für behinderte Menschen gilt § 51 aufgrund des § 221 Abs. 4 entsprechend. Solange diese aber in den Werkstätten keine eigenen Interessenvertretungen gewählt haben – sie sind ausdrücklich nicht wahlberechtigt und wählbar zu den Werkstatträten in diesen Einrichtungen, zu diesen Interessenvertretungen wahlberechtigt und wählbar sind nur Beschäftigte im Arbeitsbereich der Werkstätten, § 222 Abs. 1, §§ 10, 11 Werkstätten-Mitwirkungsverordnung (WMVO) –, sind ihre Interessen vom Werkstattrat der Einrichtung zu vertreten (zu berücksichtigen, § 4 Abs. 3 WMVO).
Rz. 5
Satz 3 bestimmt jedoch, dass die arbeitsrechtlichen Vorschriften und Grundsätze über den Persönlichkeitsschutz, die Haftungsbeschränkung sowie die gesetzlichen Vorschriften über den Arbeitsschutz, den Erholungsurlaub und die Gleichberechtigung von Männern und Frauen entsprechend anzuwenden sind.