Entscheidungsstichwort (Thema)
Minderung des Arbeitslosengeld II. Sanktion wegen Meldeversäumnis. Nichterscheinen zu einem ärztlichen Untersuchungstermin. Verhältnis der Sanktion zur Entziehung der Leistungen wegen Verletzung von Mitwirkungspflichten
Leitsatz (amtlich)
Verhältnis der Sanktion gem § 32 SGB II zur Entziehung von Leistungen nach § 66 SGB I.
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Schleswig vom 14. Januar 2020 abgeändert.
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 12. Dezember 2019 wird angeordnet.
Der Antragsgegner erstattet dem Antragsteller seine notwendigen außergerichtlichen Kosten im gerichtlichen Eilverfahren für beide Instanzen.
Die Beschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren vor dem Sozialgericht wird zurückgewiesen.
Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren vor dem Landessozialgericht wird abgelehnt.
Gründe
I.
Der am ...1974 geborene Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen einen Bescheid, mit dem der Antragsgegner laufende Leistungen der Grundsicherung nach dem Sozialgesetzbuch, Zweites Buch, Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II) wegen mangelnder Mitwirkung auf der Grundlage von § 66 Abs. 1 Sozialgesetzbuch, 1. Buch, Allgemeiner Teil (SGB I) entzogen hat.
Der Antragsteller bezieht seit 2005 Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II. Bemühungen des Antragsgegners infolge der seit Mitte 2017 bestehenden Arbeitsunfähigkeit des Antragstellers, dessen Erwerbsfähigkeit zu überprüfen, scheiterten in der Vergangenheit an der fehlenden Mitwirkung des Antragstellers.
Zuletzt mit Bescheid vom 30. Januar 2019, abgeändert durch Bescheide vom 20. August 2019 und 23. November 2019, bewilligte der Antragsgegner dem Antragsteller Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1. März 2019 bis 29. Februar 2020.
Eine Einladung des Antragsgegners zu einer ärztlichen/ psychologischen/ psychiatrischen Untersuchung am 28. März 2019 konnte der Antragsteller, der sich zu diesem Zeitpunkt in stationärer Behandlung befand, nicht wahrnehmen.
Eine weitere Einladung zu einer entsprechenden Untersuchung am 15. Juli 2019 nahm der Antragsteller nicht wahr. Er hat diese Einladung mit Widerspruch und nachfolgend mit einer Klage angefochten, die bei dem Sozialgericht Schleswig unter dem Aktenzeichen S … AS…/19 anhängig ist.
Mit Schreiben vom 25. September 2019 lud der Antragsgegner den Antragsteller erneut zu einer ärztlichen/psychologischen/psychiatrischen Untersuchung bei dem sozialpsychiatrischen Dienst der Stadt F...am 10. Oktober 2019 ein. Beigefügt war der Einladung eine Rechtsfolgenbelehrung, in der darauf hingewiesen wurde, dass der Einladung, zu der der Antragsteller nach § 59 SGB II in Verbindung mit § 309 SGB III verpflichtet sei, zu einer Minderung des Arbeitslosengeldes II in Höhe von 10 % des maßgebenden Regelbedarfs führen würde und der Minderungsbetrag vorliegend 42,40 EUR betragen würde.
Das Schreiben erhielt darüber hinaus den Hinweis, dass die Einladung zugleich eine Aufforderung zur Mitwirkung nach § 66 Abs. 1 SGB I sei. Es folgte eine Erläuterung zu § 62 SGB I und der Hinweis, dass ohne die Mitwirkung die Erwerbsfähigkeit und damit eine Leistungsvoraussetzung nach dem SGB II nicht hinreichend festgestellt werden könne. Der Antragsteller wurde darauf hingewiesen, dass, sofern er seiner Mitwirkungspflicht ohne wichtigen Grund nicht nachkomme, die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II bis zur Nachholung der Mitwirkung nach § 66 SGB I entzogen werden könnten.
Mit Bescheid vom 4. Dezember 2019 minderte der Antragsgegner die Leistungen des Antragstellers mit Wirkung ab 1. Januar bis 31. März 2020 monatlich um den Betrag von 42,40 EUR. Diese Entscheidung stützte er auf § 32 Abs. 1 Satz 2 SGB II und führte zur Begründung aus, trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen sei der Antragsteller zu einem ärztlichen Untersuchungstermin am 10. Oktober 2019 ohne wichtigen Grund nicht erschienen.
Mit Bescheid vom 12. Dezember 2019 entzog der Antragsgegner dem Antragsteller gestützt auf § 66 Abs. 1 SGB I die laufenden Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum ab 1. Januar 2020 bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz. Zur Begründung führte er aus, er habe bei seiner Entscheidung Ermessen ausgeübt. Im Folgenden stellte er den Sachverhalt umfänglich da und führte aus, trotz umfassender Ermittlungen könne die Erwerbsfähigkeit, die Leistungsvoraussetzung nach dem SGB II sei, nicht festgestellt werden. Dies sei von dem Antragsteller zu vertreten, weil dieser jegliche Mitwirkung verweigern würde. Es könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass dem Antragssteller die nötige Einsicht fehle. Allein aufgrund der Zeitdauer der Arbeitsunfähigkeit drängten sich Zweifel an der erforderlichen Erwerbsfähigkeit auf. Es müsse daher davon ausgegangen werden, dass das Verhalten des Antragst...