1 Einleitung
§ 9 BAT regelt unter Überschrift "Schweigepflicht" das Verhalten des Angestellten im Sinne einer ausdrücklichen Regelung vertraglicher Nebenpflichten.
2 Allgemeine Verschwiegenheit
Über Angelegenheiten, die kraft Gesetzes oder aufgrund Weisung der Geheimhaltung unterliegen, hat der Angestellte zu schweigen.
Gesetzliche Verschwiegenheit ist z.B. im Datenschutzgesetz geregelt. Dies betrifft vorrangig den Schutz persönlicher Daten. Nach der Legaldefinition des § 3 Abs. 1 BDSG sind dies Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse.
Der Angestellte A, Mitarbeiter des Jugendamtes, plaudert mit gelöster Zunge am Stammtisch davon, welche Persönlichkeit der Stadt die Vaterschaft für ein nichteheliches Kind anerkannt hat.
Die bewußt weitgefasste Formulierung des BDSG betrifft die Kenntnisse des Angestellten über natürliche Personen, also Menschen. Juristische Personen können aber auch schützenswert sein.
Nach dem obigen Vorfall wird A ins Gewerbeamt versetzt und berichtet am Stammtisch, dass gegen die Fa. X ein Gewerbeuntersagungsverfahren laufe wegen eines bestimmten Verdachtes.
Es gibt aber auch Vorgänge, die nicht vorzeitig bekannt werden dürfen. So beispielsweise die Vorbereitung eines Bebauungsplanes, in dem jetzige Wiesen und Äcker als Bauerwartungsland oder Bauland eingestuft werden sollen.
Diese Fälle sind durch den Vorgesetzten generell oder im Einzelfall durch Geheimhaltungsanweisung zu regeln.
Soweit ein Angestellter über Vorgänge, die ihm innerhalb des Dienstes bekannt wurden, als Zeuge in einem Gerichtsverfahren aussagen soll, bedarf er einer Aussagegenehmigung. Dies ist im BAT nicht ausdrücklich geregelt.
Wenn der Angestellte eine Klage auf Eingruppierung erhebt, so sind zu deren schlüssiger Begründung Darstellungen über das Aufgabengebiet, aber auch Umfang und Bedeutung der Tätigkeit erforderlich. Dabei kann es durchaus sein, daß auch der Geheimhaltung unterliegende Bereiche vorgetragen werden müssen. Dazu muß der Kläger auf Antrag seinem Anwalt und dem Gericht gegenüber von der Verschwiegenheitspflicht entbunden werden (LAG Nürnberg, Urt. v. 30.09.1986 - 2 Sa 125/84).
Eine Regelung, die einen solchen Genehmigungsvorbehalt darstellt, ist in Absatz 2 vorgesehen. Danach darf der Angestellte sich oder Dritten ohne Genehmigung keine Kenntnisse von dienstlichen Vorgängen verschaffen, es sei denn, daß sie ihn persönlich betreffen und keine Geheimhaltung durch Gesetz oder dienstliche Anordnung eigens vorgeschrieben ist.
Es darf über den notwendigen dienstlichen Gebrauch hinaus auch kein Austausch von Akten stattfinden, der nicht konkret dienstlich veranlasst ist.
3 Herausgabepflicht
Auf Verlangen des Arbeitgebers hat der Angestellte auch dienstliche Schriftstücke, Zeichnungen, bildliche Darstellungen usw. sowie Aufzeichnungen über Vorgänge der Verwaltung oder des Betriebes herauszugeben (§ 9 Abs. 3 BAT).
Dieser Herausgabeanspruch besteht während des Arbeitsverhältnisses und ist an keine bestimmten Voraussetzungen geknüpft. Der Arbeitgeber kann jederzeit und ohne Angabe eines Grundes Unterlagen vom Angestellten herausverlangen. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses greift diese Bestimmung nicht mehr. Als Anspruchsgrundlage käme nun z.B. § 985 BGB in Betracht.
Eine Bestimmung, die die Zeit nach dem Arbeitsverhältnis betrifft, ist in Absatz 4 enthalten. Soweit Geheimhaltung im Sinne des Absatz 1 besteht, gilt diese Schweigepflicht auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses fort. Diese über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinausgehende Verpflichtung stellt eine Besonderheit dar, da Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis regelmäßig mit dessen Beendigung ihr Ende finden (BAG, Urt. v. 10.08.1989 - 6 AZR 373/87). Der Umfang der Schweigepflicht reicht daher nicht mehr so weit, wie bei Bestehen desArbeitsverhältnisses. Er ist im Einzelfall unter Abwägung der beiderseitigen Interessen zu bestimmen.
Außerhalb des Geltungsbereiches des BAT hat das BGH (Urt. v. 20.1.1981 - VI ZR 162/79) die Schweigepflicht nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht als Hindernis angesehen. Es ging um die Bekanntgabe von Mißständen im Betrieb, die die Öffentlichkeit betreffen, durch einen Schriftsteller, der Mitarbeiter bei der BILD-Zeitung war.
Im Anwendungsbereich des BAT könnte folgender Fall denkbar sein:
Ein Abfallentsorgungsunternehmen, das als GmbH mit städtischer Beteiligung organisiert ist, verunreinigt durch unsachgemäße Abfallbehandlung die Trinkwasserreserven der Stadt. B berichtet nach seinem Ausscheiden hierüber in einer Pressekonferenz des BUND, dem er als Mitglied angehört.
4 Rechtsfolgen für den Angestellten
Die Verletzung der Verschwiegenheitspflicht während des Dienstverhältnisses kann Grund für arbeitsrechtliche Maßnahmen von der Ermahnung bis zur fristlosen Kündigung sein.
Erfolgt die Verletzung ohne eigenen Vorteil und ohne nachteilige Konsequenzen für Dritte, so ist im ersten Fall eine Ermahnung oder eine Abmahnung angezeigt. Der Wiederholungsfall innerhalb eines Zeitraums von weniger als 18 Monaten kann auch für eine fristgerechte Kündigun...