Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattung von Bewerbungskosten durch den Grundsicherungsträger
Orientierungssatz
1. Die Erstattung von Bewerbungskosten des Grundsicherungsberechtigten gemäß §§ 16 Abs. 1 Nr. 2 Abs. 2 SGB 2, 44 SGB 3 steht im Ermessen des Leistungsträgers.
2. Es unterliegt der gerichtlichen Nachprüfung, ob die Richtlinien sachliche Differenzierungskriterien enthalten und mit der gesetzlich erteilten Ermächtigung zur Ermessensausübung übereinstimmen.
3. Eine Kostenerstattung je schriftliche Bewerbung in Höhe von 5.- €. und von 0,20 €. für eine Onlinebewerbung durch den Grundsicherungsträger ist nicht ermessensfehlerhaft.
4. Im Übrigen sind Kosten für die Anschaffung eines Personalcomputers vom Grundsicherungsträger nicht zu übernehmen. Diese sind aus dem Regelbedarf anzusparen. Es handelt sich nicht um einen unabweisbaren Bedarf nach § 23 Abs. 1 SGB 2.
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Übernahme von Kosten für Bewerbungen per E-Mail.
Der Kläger steht im laufenden Bezug von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) bei der Beklagten. Der Kläger beantragte bei der Beklagten zuletzt am 20.10.2014 die Erstattung von Bewerbungskosten für 242 Online-Bewerbungen, die dieser ausweislich seiner beigefügten Übersicht in der Zeit vom 28.05.2013 bis zum 13.10.2014 gefertigt hatte. Mit Bescheid vom 13.11.2014 (Bl. 47 VA) wurden dem Kläger auf seinen Antrag hin 48,40 € aus dem Vermittlungsbudget bewilligt. Es ergäben sich zu erstattende Bewerbungskosten für 242 elektronische Bewerbungen jeweils à 0,20 €. Der hiergegen am 19.11.2014 erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 02.12.2014 zurückgewiesen (Bl. 6 d.A.). Der Kläger hatte im Widerspruchsverfahren insbesondere vorgetragen, ihm stünden 2,50 € pro Onlinebewerbung, also insgesamt 605,00 € zu. Fahrtkosten, die alternativ zur Nutzung eines Jobcenter-PCs entstanden wären, beliefen sich für den Zeitraum, in dem der Kläger die Bewerbungen verfasst hat auf insgesamt 816,00 € und lägen damit deutlich über den dem Kläger entstandenen Kosten. Auf den weiteren Inhalt der Widerspruchsbegründung wird verwiesen, Bl. 48 f. VA. Dem ist die Beklagte nicht gefolgt. Im Wesentlichen wird im Widerspruchsbescheid angeführt, es sei der Beklagten gestattet, eine pauschale Kostenerstattung vorzunehmen und stützt sich auf § 4 der Anordnung UBV. Die Beklagte habe bei Bemessung der Pauschalbeträge geeignete Angaben für die erforderlichen Aufwendungen und nachvollziehbare Erfahrungswerte berücksichtigt, die sich an den aktuellen Preisentwicklungen in Bezug auf die mit einer Onlinebewerbung anfallenden Kosten orientiert. Auf den weiteren Inhalt des Widerspruchsbescheids wird verwiesen.
Der Kläger hat am 17.12.2014 Klage erhoben, mit der er sein Begehren gerichtlich weiterverfolgt. Zur Begründung wird vorgetragen, der angefochtene Bescheid sei ermessensfehlerhaft. Die Beklagte habe ihr Ermessen überhaupt nicht ausgeübt. Es fehle an einer für die Ermessensausübung typischen Gegenüberstellung der tatsächlich entstandenen Kosten und für berechtigt erachtete Kosten. Im weiteren Verlauf des Verfahren ist der Vortrag dahingehend ergänzt worden, dass auch wenn es seitens der Beklagten zulässig sei, sich auf interne Weisungen zu stützen, so hätte sie dennoch ihr Ermessen ausüben müssen. Insgesamt erachtet der Kläger nach wie vor einen Betrag von 2,50 € pro Online-Bewerbung als angemessen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass dem Kläger Providerkosten in Höhe von 25,00 € sowie geschätzte Stromkosten von 20 Cent am Tag entstünden. Darüber hinaus müssten zumindest anteilig auch die Anschaffungskosten für den PC in Höhe von 549,00 € berücksichtigt werden. Weiter lägen vorliegend auch von der ermessenslenkenden Weisung nicht erfasste besondere Umstände vor, die in die Ermessensentscheidung hätten einbezogen werden müssen. So wäre insbesondere auch zu berücksichtigen gewesen, mit welcher Intensität der Kläger sich um eine neue Stelle bemüht hätte. Auch müsse berücksichtigt werden, dass bei sehr vielen potentiellen Arbeitsgebern nur noch Online-Bewerbungen angenommen würden.
Der Kläger beantragt,
1. Den Bescheid vom 13. November 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Dezember 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, über den Antrag des Klägers erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
2. Hilfsweise: Die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 13. November 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Dezember 2014 zu verurteilen, dem Kläger Bewerbungskosten in Höhe von 605,00 € zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte verteidigt die angefochtenen Bescheide und bezieht sich auf ihre ermessenslenkende Verwaltungsvorschrift vom 10.05.2013 (Bl. 54 ff. d.A.). Nach dieser seien 0,20 € pro Onlinebewerbung erstattungsfähig.
Das Verfahren ist am 07.10.2015 und am 27.07.2017 in nichtöffentlicher Sitz...