2.4.1 Ermächtigung des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen
Rz. 26
Abs. 4 ermächtigt und verpflichtet den Spitzenverband Bund der Krankenkassen (vgl. § 217a), bis zum 15.9.2013 das Nähere zur Ermäßigung oder den Erlass von Beiträgen und Säumniszuschlägen zu regeln. Diese Regelungen bedürfen zur Wirksamkeit der Genehmigung des BMG. Die Übertragung der begrenzen Rechtssetzungsbefugnis auf den Spitzenverband Bund der Krankenkassen entspricht dessen Regelungsbefugnis für die Beitragsbemessung freiwillig Versicherter nach § 240 Abs. 1 Satz 1, was sachgerecht ist, weil sich auch die Beiträge der nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 Versicherten nach dessen Regelungen richtet (vgl. Komm. zu § 227). Zudem bedeutet die Regelung durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen, dass nicht mehr jede Krankenkasse (wie nach § 186 Abs. 11 Satz 4) eigenständige Regelungen treffen kann, was zu einer krankenkassenübergreifenden Gleichbehandlung bei der Ermäßigung und dem Erlass von Beitragsschulden und Säumniszuschlägen führt.
Rz. 27
Die Übertragung der Rechtssetzung für untergesetzliches Rechts auf den Spitzenverband Bund der Krankenkassen dürfte auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken unterliegen, denn sie ist wie die auf § 240 Abs. 1 Satz 1 gestützten "Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler" des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen zulässig (vgl. BSG, Urteil v. 19.12.2012, B 12 KR 20/11 R; Axer, SGb 2012 S. 501).
2.4.2 Gesetzliche Vorgaben
Rz. 28
Für die vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen zu treffenden "näheren" Regelungen enthält Abs. 4 lediglich den Hinweis auf einen Verzicht auf die Inanspruchnahme von Leistungen als Voraussetzung für die Ermäßigung oder den Erlass von Beiträgen und Säumniszuschlägen. In der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 17/13947 S. 39) ist zudem ergänzend ausgeführt, dass es insoweit naheliegend sei, dass sich die Berechnung der Höhe der Beitragsermäßigung für vergangene Zeiträume, die bei zukünftig festgestellten Mitgliedschaften gewährt werden soll, dabei grundsätzlich an der Festlegung der Höhe des Beitrags im Rahmen einer Anwartschaftsversicherung nach § 240 Abs. 4a orientieren könnte. Der Spitzenverband Bund habe dabei insbesondere auch die Voraussetzungen dafür zu regeln, nach denen ein Leistungsverzicht bzw. ein Verzicht auf die Einreichung von Rechnungen für den entsprechenden Zeitraum Bedingung für einen Erlass bzw. die Ermäßigung von Beiträgen ist. Eine entsprechende Regelung sei auch für den nach Abs. 2 vorgesehenen Beitragserlass für zurückliegende Zeiträume für die Personen zu treffen, die sich zur Feststellung und Durchführung der Mitgliedschaft bis zum 31.12.2013 an die jeweils zuständige Krankenkasse wenden. Zudem könne der Spitzenverband Bund der Krankenkassen beispielsweise eine großzügigere Beitragsermäßigung für den Fall vorsehen, dass das Mitglied die verbleibende Restbeitragsschuld sofort zahlt. Darüber hinaus könne der Spitzenverband Bund der Krankenkassen eine Definition des Nacherhebungszeitraums sowie eine mögliche Festlegung von Bagatellgrenzen für Erlasse bzw. Ermäßigungen vornehmen. Ebenso soll er auch einen möglichen Verzicht auf Säumniszuschläge für den Zeitraum der Nacherhebung von Beiträgen regeln können.
Rz. 29
Vor dem Hintergrund, dass mit den Regelungen eine deutliche Abweichung von § 76 SGB IV vorgesehen ist, wären klarere gesetzliche Vorgaben für Beitragsermäßigung oder Beitragserlass angemessen gewesen. Dies gilt auch und insbesondere für den Verzicht auf Leistungen als Bedingung für einen Beitragserlass oder eine Beitragsermäßigung, denn damit wird dies im Ergebnis zu einer Tatbestandsvoraussetzung für den Erlass oder die Ermäßigung für die Soll-Regelung in Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1.
Rz. 30
Grundsätzlich ist mit dem Beginn der Versicherungspflicht der nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 Versicherten auch der gesetzliche Anspruch auf Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung gegeben (§§ 11, 19); dies gilt ungeachtet der Kenntnis der Versicherten und der Krankenkasse davon. Mit dem Beginn der Versicherungspflicht entsteht auch die Beitragspflicht kraft Gesetzes (vgl. Komm. zu § 223), wobei keine Wechselbeziehung im Sinne einer Äquivalenz zwischen Beitragszahlung und Leistungsanspruch besteht. Es besteht auch kein Wahlrecht dergestalt, entweder Leistungen in Anspruch zu nehmen und dann die Beiträge zu entrichten oder die Entrichtung von Beiträgen zu verweigern und sich damit dann aber etwaiger Leistungsansprüche zu begeben (vgl. BSG, Beschluss v. 31.1.2013, B 12 KR 27/12 B). Soweit nach § 16 Abs. 3a ausdrücklich ein Ruhen der Leistungsansprüche wegen Beitragsrückstands angeordnet werden kann, kommt dies bei dem von der Vorschrift erfassten Personenkreis der Versicherungspflichtigen nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 nicht in Betracht, da die Krankenkasse von der Versicherungspflicht gerade keine Kenntnis und daher Beiträge noch nicht festgesetzt hatte, so dass auch keine Mahnung erfolgen konnte (so auch Felix, NZS 2013 S. 921, 925).
Rz. 31
Weiterhin ist in der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 17/13947 S. 39) ausgeführt, dass grundsätzlich für alle Mitglieder sowohl vor als auch ...