Rz. 11
Eine weitere Voraussetzung für den Anspruch auf ein Krankengeld i. S. d. § 44b ist eine notwendige (Rz. 12) Mitaufnahme der begleitenden Person (§ 44b Abs. 1 Satz 1). Eine Mitaufnahme ist gekennzeichnet durch eine gleichzeitige Unterbringung in den Räumlichkeiten des Krankenhauses selbst. Ist die stationäre Aufnahme im Krankenhaus aus organisatorischen Gründen nicht möglich, kann die Unterbringung des Begleiters (= Sachkosten) auch außerhalb erfolgen (vgl. auch § 11 Abs. 3).
Der stationären Mitaufnahme ist eine ganztägige Begleitung durch die Begleitperson gleichgesetzt (§ 44b Abs. 1 Satz 3). Eine ganztägige Begleitung liegt nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 19/31069 v. 23.6.2021 S. 190; Text: vgl. Rz. 2) vor, wenn die Zeit der notwendigen Anwesenheit im Krankenhaus zusammen mit den Zeiten der An- und Abreise insgesamt mindestens 8 Stunden am Tag umfasst. Zu den Reisezeiten gehören gemäß der Gesetzesbegründung auch Zeiten der Fahrt zum oder vom Krankenhaus sowie ggf. Zeiten der Anreise zu oder Abreise von der Häuslichkeit (z. B. Wohnung) der zu begleitenden Person, sofern die Begleitung auch während der Fahrt erforderlich ist (z. B. wegen fremdaggressivem Verhaltens oder Ängsten; Abschn. 11.2.3 Abs. 1 des GR v. 7.9.2022, Rz. 48).
Die Voraussetzungen des § 44b sind auch erfüllt, wenn sich mehrere Begleiter die Mitaufnahme/Begleitung untertägig aufteilen, sofern die Summe der Begleitzeit (einschließlich An- und Abreise) die Mindestzeit von 8 Stunden am Tag erreicht (Abschn. 11.2.3, Abs. 2 des GR, a. a. O.).
Ein 3-jähriges, stark körperlich behindertes Kind muss während dessen stationärer Behandlung im Krankenhaus (Operation am Darm) durch die Eltern rund um die Uhr betreut werden, damit die Behandlung im Krankenhaus unter der Abwesenheit der Eltern nicht leidet. Der Vater und die Mutter teilen sich die Begleitung auf; der Vater begleitet das Kind montags, mittwochs und freitags jeweils morgens 6 Stunden, die Mutter in der übrigen Zeit. Der Wechsel ist notwendig, weil die Mutter jeweils montags, mittwochs und freitags selbst dialysiert wird und dann das Kind nicht betreuen kann.
Dem Vater entsteht für die Zeit der Betreuung im Krankenhaus ein Verdienstausfall.
Fazit:
Der Krankengeldanspruch des Vaters wird nicht deshalb ausgeschlossen, weil er das Kind an 3 Tagen jeweils nur 6 Stunden betreut (die Gesamtbetreuungszeit der Eltern wird zusammengerechnet).
Rz. 12
§ 44b fordert für die Entstehung des Krankengeldanspruchs, dass die Mitaufnahme/Betreuung medizinisch notwendig ist (§ 44b Abs. 1 Satz 1 Buchst. a). Gemäß der Gesetzesbegründung (Rz. 3) ergeben sich die medizinischen Gründe im Einzelfall aus den Erfordernissen, die in der behandlungspflichtigen Person begründet sind und können insbesondere vorliegen, wenn das Erreichen des Behandlungszieles von der Anwesenheit der Begleitperson abhängt. Hierbei kommt es auf die aufgrund der Behinderung bestehenden besonderen Bedürfnisse an; dabei sind behinderungsspezifische Maßstäbe anzulegen, beispielsweise in Form von Unterstützung bei der Verständigung oder im Umgang mit Belastungssituationen.
Der Gesetzgeber beauftragte den Gemeinsamen Bundesausschuss (§ 91, G-BA), gemäß § 44b Abs. 2 in einer Richtlinie Kriterien zur Abgrenzung des Personenkreises zu bestimmen, der die Begleitung aus medizinischen Gründen benötigt. Diese Aufgabe erfüllte der G-BA am 18.8.2022 in seiner "Richtlinie nach § 44b Abs. 2 SGB V über den Personenkreis von Menschen mit Behinderung, die eine Begleitung im Krankenhaus aus medizinischen Gründen benötigen" (KHB-R, Rz. 3). Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 dieser Richtlinie liegt die medizinische Notwendigkeit der Mitaufnahme einer Begleitperson vor, wenn aufgrund der vorliegenden Behinderung der stationär zu behandelnden Person während deren aktuellen Krankenhausbehandlung eine Begleitung erforderlich ist, weil
- ohne Begleitperson die Krankenhausbehandlung nicht durchführbar ist,
- ohne Begleitperson die Behandlungsziele nicht oder nicht im erforderlichen Ausmaß erreicht werden können oder deren Erreichung erheblich gefährdet wäre,
- die Begleitperson in das therapeutische Konzept im Krankenhaus eingebunden werden muss oder
- die Begleitperson in das therapeutische Konzept für die Zeit nach der Entlassung aus dem Krankenhaus einzubeziehen ist.
Die Kriterien für die medizinische Notwendigkeit einer Mitaufnahme werden in der Anlage der Richtlinie konkretisiert. Die medizinische Notwendigkeit der Begleitung liegt vor, wenn mindestens ein Kriterium der in der Anlage genannten Fallgruppen erfüllt ist oder eine vergleichbare Schädigung oder Beeinträchtigung vorliegt. Der Text der Anlage ist unter Rz. 3 aufgeführt.
Nicht von der "medizinischen Notwendigkeit aufgrund der Behinderung" werden Eltern von stationär behandelten Kindern erfasst, die ihr nicht behindertes Kind wegen des niedrigen Alters begleiten und deshalb mit aufgenommen werden. Sie können zwar Kinder-Krankengeld nach § 45, aber kein Krankengeld i. S. d. § 44b erhalten.
Rz. 13
Die medizinisc...