2.6.2.1 Überblick
Rz. 114
Nach § 20 Abs. 1 MuSchG entspricht die Höhe des Zuschusses zum Mutterschaftsgeld dem Unterschied zwischen dem Höchstbetrag des Mutterschaftsgeldes von 13,00 EUR kalendertäglich und dem um die gesetzlichen Abzüge verminderten durchschnittlichen kalendertäglichen Arbeitsentgelt während der letzten 3 abgerechneten Kalendermonate vor Beginn der Schutzfrist (Bemessungszeitraum).
Nicht nur vorübergehende Änderungen des Nettoarbeitsentgelts während des Bemessungszeitraums und während der Schutzfristen (z. B. wegen Gehaltsänderung, Wechsel der Steuerklasse, Veränderung der Arbeitszeit) wirken sich allerdings sofort aus (§ 21 Abs. 4 MuSchG). Einzelheiten und Hintergründe ergeben sich aus der Kommentierung zu Rz. 74 ff.
Der vom Arbeitgeber zu leistende Zuschuss zum Mutterschaftsgeld ist steuerfrei (§ 3 Nr. 1d EStG) sowie beitragsfrei in der Sozialversicherung (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 SvEV). Allerdings ist bei dem Zuschuss zum Mutterschaftsgeld der Progressionsvorbehalt nach § 32b Abs. 1 und 2 EStG anzuwenden; dieser erhöht die auf das Kalenderjahr bezogene prozentuale Steuerlast der Arbeitnehmerin.
Der arbeitsrechtliche Anspruch auf den Zuschuss nach § 20 Abs. 1 MuSchG ist gegenüber dem Arbeitgeber geltend zu machen. Es gilt die 3-jährige Verjährungsfrist des § 195 BGB, wobei dort ggf. arbeits- oder tarifvertragliche Besonderheiten zu beachten sind.
Als Nachweis für die Zahlung von Mutterschaftsgeld dient dem Arbeitgeber eine Bescheinigung der Krankenkasse oder – bei privat krankenversicherten Arbeitnehmerinnen – des Bundesamtes für Soziale Sicherung, aus dem sich der Zeitraum des Anspruchs auf Mutterschaft ergibt.
Damit der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld den Arbeitgeber finanziell nicht belastet, gibt es das "Umlageverfahren U2" (Mutterschaft). Aus dem U2-Verfahren erhalten Arbeitgeber 100 % des Zuschusses zum Mutterschaftsgeld von der für die Arbeitnehmerin zuständigen Krankenkasse erstattet (§ 1 Abs. 2, § 2 des Aufwendungsausgleichsgesetzes – AAG). Dazu werden Beiträge – die Umlage – von allen Arbeitgebern erhoben, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis beschäftigen (einschließlich Auszubildende und geringfügig Beschäftigte i. S. d. § 8 SGB IV) – und zwar auch, wenn sie nur männliche Arbeitnehmer im Betrieb beschäftigt sind. Im Gegensatz zum "Umlageverfahren U1" (Arbeitsunfähigkeit) spielt die Anzahl der im Betrieb Beschäftigten beim U2-Verfahren keine Rolle.
2.6.2.2 Arbeitsentgelt im arbeitsrechtlichen Sinn
Rz. 115
Das Mutterschutzgesetz ist ein arbeitsrechtliches Gesetz, weil es im Wesentlichen das Beziehungsgeflecht zwischen der schwangeren Arbeitnehmerin bzw. der jungen Mutter und dem Arbeitgeber regelt. Deshalb richtet sich der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld nach der arbeitsrechtlichen Definition von Arbeitsentgelt. Zum arbeitsrechtlichen Arbeitsentgelt rechnet jede geldwerte Gegenleistung des Arbeitgebers für die Erfüllung der arbeitsvertraglichen Pflichten durch die Arbeitnehmerin im Bemessungszeitraum (BAG, Urteil v. 29.1.1971, 3 AZR 97/69). Zum arbeitsrechtlichen Entgelt gehören demnach alle aus dem Arbeitsverhältnis zustehenden Entgeltteile (Zuwendungen jeglicher Art, die der Arbeitnehmerin direkt oder indirekt zufließen), auch soweit sie nicht der Lohnsteuerpflicht unterliegen und kein sozialversicherungspflichtiges Entgelt darstellen (z. B. Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit, auch wenn sie steuerfrei sind; § 3b EStG). Die Basis für die Ermittlung des Nettoarbeitsentgelts bildet das Arbeitsentgelt aus den letzten 3 abgerechneten Kalendermonaten bzw. (bei z. B. wöchentlicher Abrechnung) 13 Wochen vor Beginn der Schutzfrist.
Zwecks Entgeltdefinition sowie der Ermittlung des Nettoarbeitsentgelts und den Auswirkungen von nicht nur vorübergehenden Änderungen beim Arbeitsentgelt bzw. Nettoarbeitsentgelt wird im Übrigen auf die Ausführungen zur Berechnung des Mutterschaftsgeldes verwiesen (vgl. Rz. 68 ff.).
Rz. 116
Gehören Sachbezüge zum Arbeitsentgelt und sind sie nicht frei widerrufbar, sind sie der Arbeitnehmerin während der Schutzfristen weiter zu gewähren (BAG, Urteil v. 11.10.2000, 5 AZR 240/99).
Anzumerken ist, dass der "weitergewährte" Sachbezug nicht zum Ruhen des Mutterschaftsgeldes (§ 24i Abs. 4) führt, wenn allein das durchschnittliche sonstige Nettoarbeitsentgelt (= "Barentgelt") 13,00 EUR täglich erreicht. Der Arbeitgeber erfüllt nämlich dann seine Verpflichtung zur Weitergewährung des Sachbezugs in Form des Zuschusses. Das gilt auch bei der Benutzung von Dienstwagen/Firmenwagen. Der Arbeitgeber schuldet nämlich den Zuschuss zum Mutterschaftsgeld in Höhe eines bestimmten "Unterschiedsbetrags" und erlaubt, dass der "Zuschuss" auch in Form des bisherigen Sachbezugs erbracht wird. Der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld kann somit auch in Form der Weitergewährung von Sachbezügen bestehen (in dem entsprechenden Wert des Geldbetrages, der sonst als Zuschuss zu gewähren ist).
2.6.2.3 Berechnung des Zuschusses bei Mehrfachbeschäftigten
Rz. 117
Steht eine Frau, die Mutterschaftsgeld bezieht, in mehreren Arbeitsverhältnissen und betragen die Nettoarbeitsentgel...