Rz. 3
Zur Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs erhalten private Versicherungsunternehmen einmalig ein Sonderanpassungsrecht zur Änderung der Allgemeinen Versicherungsbedingungen auch für bestehende Versicherungsverhältnisse nach den Vorgaben des § 140. Die Voraussetzung der Berechnung der Prämie nach Art der Lebensversicherung und des Ausschlusses des ordentlichen Kündigungsrechts erfüllen sowohl die Tarife der privaten Pflege-Pflichtversicherung (§ 146 VAG, § 23 Abs. 1 SGB XI) als auch die der ergänzenden Pflegekrankenversicherung (§ 126 SGB XI). Nach dem Willen des Gesetzgebers soll so zudem mit Blick auf die staatlich geförderte Pflegevorsorge nach den §§ 126 ff. durch eine zeitgleiche Anpassung der Allgemeinen Versicherungsbedingungen die Förderfähigkeit der bereits abgeschlossenen Versicherungsverträge sichergestellt werden (vgl. BT-Drs. 18/5926 S. 145).
Rz. 4
Abs. 2 trägt den Anpassungsbedarfen der privaten Versicherungsunternehmen bei der Prämienkalkulation Rechnung. Ohne die hier getroffene Regelung wäre eine Prämienänderung nach § 12b VAG in der bis 31.12.2015 geltenden Fassung (jetzt § 155 VAG) erst dann möglich, wenn die Voraussetzungen des § 12b Abs. 2 und 2a VAG (jetzt § 155 Abs. 3 und 4 VAG) vorliegen. Bei diesen sog. "auslösenden Faktoren" handelt es sich um eine Abweichung der erwarteten von den einkalkulierten Versicherungsleistungen um mehr als 10 % oder um eine Abweichung der erforderlichen von den einkalkulierten Sterbewahrscheinlichkeiten um mehr als 5 %. Diese Faktoren können allerdings erst nach Inkrafttreten des neuen Rechts und den damit einhergehenden Leistungsausweitungen eingreifen. Um eine drohende Unterfinanzierung der Tarife zu vermeiden, erhalten die Versicherungsunternehmen einmalig ein spezielles Sonderanpassungsrecht zur Änderung der technischen Berechnungsgrundlagen auch für bestehende Verträge. Gemäß § 12b Abs. 1 VAG in der bis zum 31.12.2015 geltenden Fassung (jetzt § 155 VAG) können die Prämienänderungen erst in Kraft gesetzt werden, nachdem ein unabhängiger Treuhänder der Prämienänderung zugestimmt hat. Dabei hat der unabhängige Treuhänder darauf zu achten, dass vorhandene Mittel eines Unternehmens aus der gebildeten Rückstellung für Beitragsrückerstattungen zur Begrenzung von Prämienerhöhungen verwendet werden. Dies gilt in besonderem Maße für die staatlich geförderte Pflegevorsorge (vgl. BT-Drs. 18/5926 S. 145).
Rz. 5
Die privaten Versicherungsunternehmen sind nach Abs. 3 verpflichtet, dem Versicherungsnehmer die Anpassungen in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen sowie eine möglicherweise erforderliche Prämienänderung mindestens einen Monat vor dem Wirksamwerden dieser Änderungen in Textform mitzuteilen. Dabei bestehen umfassende Aufklärungspflichten, so sollen die Unterschiede zu den bisherigen Allgemeinen Versicherungsbedingungen kenntlich gemacht und die maßgeblichen Gründe für die Anpassungen der Versicherungsbedingungen und der Prämien in verständlicher Sprache nachvollziehbar erläutert werden. Mögliche Handlungsoptionen, wie das Wechseln in einen anderen Tarif des Versicherungsunternehmens unter Mitnahme gebildeter Altersrückstellungen, sind dem Versicherungsnehmer ebenfalls aufzuzeigen (vgl. BT-Drs. 18/5926 S. 145). Die Änderungen werden gemäß Abs. 3 Satz 2 zu Beginn des zweiten Monats wirksam, der auf die Benachrichtigung des Versicherungsnehmers folgt.
Rz. 6
Etwa bestehende gesetzlich oder vertraglich eingeräumte Sonderkündigungsrechte bleiben zugunsten des Versicherungsnehmers nach Abs. 4 auch im Fall einer Änderung der Allgemeinen Versicherungsbedingungen aufgrund des Sonderanpassungsrechts erhalten.