Rz. 22
Gemäß Abs. 2 haben Versicherte auch Anspruch auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie auf unterhaltssichernde und ergänzende Leistungen, die notwendig sind, um eine Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern. Dies entspricht den in § 4 Abs. 1 Nr. 1 und teilweise (hinsichtlich Pflegebedürftigkeit) den in § 4 Abs. 1 Nr. 2 SGB IX genannten Teilhabezielen. Durch diese seit dem 1.1.2000 geltende Formulierung sollte klargestellt werden, dass es sich hierbei um eigenständige Leistungen handelt, die nicht nur Unterfall der in Abs. 1 genannten Leistungsarten sind (BT-Drs. 14/1977 S. 160; vgl. Rz. 1).
Rz. 23
Abs. 2 enthält selbst keine Definition der Rehabilitation, sondern verdeutlicht lediglich ihre Aufgabe und Zielrichtung im Leistungsrahmen der gesetzlichen Krankenversicherung (BT-Drs. 11/2237 S. 163). Abs. 2 Satz 3 stellt klar, dass die Reha-Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung unter Berücksichtigung der Vorschriften des SGB IX zu erbringen sind, in denen anstelle von "Rehabilitation" überwiegend der Begriff "Teilhabe behinderter Menschen" verwendet wird. Auch im Rahmen des SGB V gilt der Behinderungsbegriff des SGB IX. Gemäß § 1 Satz 1 SGB IX erhalten Behinderte oder von Behinderung bedrohte Menschen Leistungen nach dem SGB IX oder nach den für die Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen, um ihre Selbstbestimmung und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu fördern, Benachteiligungen zu vermeiden oder ihnen entgegenzuwirken. Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als 6 Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Sie sind von Behinderung bedroht, wenn die Beeinträchtigung zu erwarten ist (§ 2 SGB IX). Die Rehabilitation hat somit die Aufgabe, den Folgen von Krankheiten in Form von Fähigkeitsstörungen und Beeinträchtigungen vorzubeugen, sie zu beseitigen oder zu bessern oder deren wesentliche Verschlechterung abzuwenden. Dagegen ist die Vermeidung der Verschlimmerung von Krankheiten Aufgabe der Behandlung einer Krankheit und Vorsorge (BT-Drs. 14/1245 S. 61). Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (berufsfördernde Maßnahmen) und Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft (psychosoziale Maßnahmen, Maßnahmen zur sozialen Wiedereingliederung) gehören nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung (BT-Drs. 11/2237 S. 163).
Rz. 24
§ 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX benennt die gesetzlichen Krankenkassen als Rehabilitationsträger für die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation einschließlich der unterhaltssichernden und anderen ergänzenden Leistungen. Ziele und Inhalt der Leistungen zur medizinischen Rehabilitation werden in den §§ 40ff. sowie in den §§ 26ff. SGB IX näher geregelt. Gemäß § 40 Abs. 1 haben Versicherte Anspruch auf medizinische und ergänzende Leistungen zur Rehabilitation, sofern eine ambulante Krankenbehandlung nicht ausreicht, um die in § 11 Abs. 2 beschriebenen Ziele zu erreichen. Diese werden entweder ambulant (§ 40 Abs. 1) oder – sofern dies nicht ausreichend ist – stationär (§ 40 Abs. 2) in Rehabilitationseinrichtungen, mit denen ein Versorgungsvertrag besteht, erbracht. Die unterhaltssichernden und anderen ergänzenden Leistungen ergeben sich aus § 43 sowie aus den §§ 44ff. SGB IX.
Rz. 25
Eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation liegt – in Abgrenzung zu einzelnen Maßnahmen der Krankenbehandlung, insbesondere Heilmitteln – vor, wenn unterschiedliche Einzelmaßnahmen auf der Grundlage eines Gesamtkonzepts über die funktionale Einheit zu einer Komplexleistung zusammengefasst sind. Unter der Planung und Gesamtverantwortung eines Arztes werden planmäßig und ganzheitlich alle im Einzelfall erforderlichen diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen eingesetzt. Dagegen stellt eine Leistung ein Heilmittel als Maßnahme der Krankenbehandlung dar, wenn es um einzelne, gezielte Dienstleistungen geht, die zur Bekämpfung einer Krankheit eingesetzt werden (vgl. Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, K § 40 Rz. 16a).
Rz. 26
§ 11 Abs. 2 Satz 2 enthält eine Zuständigkeitsabgrenzung zu den Leistungen der sozialen Pflegeversicherung. Leistungen zur medizinischen Rehabilitation können, wie Abs. 2 Satz 1 ausdrücklich anordnet, auch zur Verhinderung, Beseitigung oder Minderung von Pflegebedürftigkeit erbracht werden. Leistungen zur medizinischen Rehabilitation können daher grundsätzlich noch nach Eintritt der Pflegebedürftigkeit erbracht werden (§ 5 Abs. 2 SGB XI), da es nach Auffassung des Gesetzgebers in vielen Fällen auch nach eingetretener Pflegebedürftigkeit noch möglich ist, durch Rehabilitation das Ausmaß der Pflegebedürftigkeit und damit die Abhängigkeit von fremder Hilfe zu verringern (BT-Drs. 12/5262 S. 91). Abs. 2 Satz 2 stellt jedoch klar, dass ...