Rz. 7
Die in Abs. 1 Satz 1 genannten Kriterien sind keine voneinander unabhängigen Prüfungspunkte, sondern diese greifen ineinander und sind im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu sehen. Die Wirtschaftlichkeit der Leistung umfasst als Oberbegriff inhaltlich alle übrigen Kriterien (Engelhard, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Aufl. 2016, § 12 Rz. 46; Roters, in: KassKomm SGB V, 88. EL Dezember 2015, § 12 Rz. 44).
Rz. 8
Die Leistungen müssen zunächst ausreichend sein. Das bedeutet, dass die einzelnen Maßnahmen nach Umfang und Qualität ausreichende Chancen für einen Heilerfolg bieten müssen. Dieses Kriterium stellt die Einhaltung eines Mindeststandards sicher (vgl. etwa BSG, Urteil v. 2.9.2014, B 1 KR 3/13). Dieser beinhaltet, dass Qualität und Wirksamkeit der Leistungen, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen haben (§ 2 Abs. 1 Satz 3)
Rz. 9
Zweckmäßig ist eine Leistung, die darauf ausgerichtet ist, ein bestimmtes Ziel i. S. v. § 11 Abs. 1, 2, § 27 herbeizuführen und hierzu hinreichend wirksam ist (BSG, Urteil v, 17.12.2013, B 1 KR 70/12 R; BSG, Urteil v. 10.2.1993, 1 RK 17/91). Zweckmäßigkeit bedeutet damit die Eignung einer Leistung zur Erreichung eines bestimmten Ziels (Wagner, in: Krauskopf, SGB V, 59 EL Oktober 2017, § 12 Rz. 6; Engelhard, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Aufl. 2016, § 12 Rz. 53). Vorausgesetzt wird insoweit ein Nachweis der Wirksamkeit an Hand von wissenschaftlich einwandfrei geführten Studien. Eine Therapie kann damit grundsätzlich nur dann zweckmäßig sein, wenn ihre Wirksamkeit wissenschaftlich begründet nachgewiesen ist (Rz. 35). Sofern dies der Fall ist und eine generelle Zweckmäßigkeit vorliegt, ist (nur) zu prüfen, ob eine Maßnahme im konkreten Fall zweckmäßig, d. h. geeignet ist. Von einer generellen Zweckmäßigkeit ist im Bereich der Arzneimitteltherapie auszugehen, wenn das Arzneimittel für in Betracht kommende Indikation die erforderliche arzneimittelrechtliche Zulassung besitzt. Bei hergebrachten Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, d. h. Behandlungsmethoden, die sich im EBM-Ä wiederfinden, ist eine Zweckmäßigkeit anzunehmen, es sei denn, dass der Gemeinsame Bundesausschuss im Rahmen einer Überprüfung nach § 135 Abs. 1 Satz 2 hinsichtlich des diagnostischen und therapeutischen Nutzens sowie medizinischer Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit festgestellt hat, dass diese Kriterien nicht vorliegen. Die Zweckmäßigkeit von neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden wird ebenfalls vom Gemeinsamen Bundesausschuss überprüft (§ 135 Abs. 1 Satz 1). Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, für die keine Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses vorliegt, sind grundsätzlich nicht als zweckmäßig anzusehen und dürfen nicht erbracht werden. Ein Leistungsanspruch kann sich dann allenfalls unter den Voraussetzungen eines Systemversagens oder in den Fällen der grundrechtsorientierten Auslegung ergeben (vgl. Komm. zu § 135).
Rz. 10
Die Notwendigkeit einer Leistung ist an Hand ihres (medizinischen) Zwecks zu beurteilen, der sich insbesondere aus § 11 ergeben kann (z. B. Verhüten, Erkennen, Behandeln von Krankheiten). Liegt schon keine Krankheit (i. S. d. SGB V) vor, stellt sich die Frage der Notwendigkeit nicht. Notwendigkeit liegt vor, wenn die Leistung unvermeidlich, unentbehrlich, erforderlich und zwangsläufig ist, um im Einzelfall z. B. die Krankheit zu verhüten, zu erkennen und zu heilen. Es besteht damit kein Anspruch auf die bestmögliche Versorgung (vgl. BSG, Urteil v. 4.4.2006, B 1 KR 12/04). Die Frage der Notwendigkeit wird sich u. a. dann stellen, wenn es um die Frage geht ob eine kostenintensivere Leistung mit wesentlichen Gebrauchsvorteilen im Alltag einhergeht, v. a. etwa bei Hilfsmitteln (vgl. BSG, Urteil v. 17.12.2009, B 3 KR 20/08 R).
Rz. 11
Voraussetzung für eine Leistung ist darüber hinaus, dass diese wirtschaftlich im engeren Sinne ist. Hierbei geht um das günstigste Verhältnis von Leistungsaufwand und Wirkung bzw. medizinischem Nutzen, d. h. die Erbringung einer ausreichenden und zweckmäßigen Leistung mit dem geringstmöglichen Aufwand (Roters, in: KassKomm SGB V § 12 Rz. 41). Existiert nur eine wirksame Methode kommt diesem Kriterium keine eigenständige Bedeutung zu (BSG, Urteil v. 2.9.2014, B 1 KR 3/13 R).
Rz. 12
Nach überwiegender Auffassung schließt es das Wirtschaftlichkeitsgebot nicht aus, dass der Versicherte im Rahmen seiner Wahlmöglichkeiten v. a. im Hilfsmittelbereich eine aufwendigere Leistung als Sachleistung wählt und die hierdurch entstandenen Mehrkosten selbst trägt (Roters, in: KassKomm SGB V, § 12 Rz. 56; Joussen, in: BeckOK SozR SGB V, § 12, Rz. 3; BSG Urteil v. 24.11.1983, 8 RK 6/82).
Rz. 13
Die Vorschrift gilt auch im Recht der Leistungserbringer (Abs. 1 Satz 2). Der Behandlungs- und Versorgungsanspruch des Versicherten unterliegt den sich aus § 12 Abs. 1 in und den im Leistungserbringungsrecht enthaltenen Beschränkungen. Für Leistungserbringer ergibt sich eine entsprechende Verpflichtung zur Beachtung d...