2.1 Organisatorische Voraussetzungen
2.1.1 Mitwirkungsrecht der Ortskrankenkassen (Abs. 1)
Rz. 5
Die Rechtsverordnung/Staatsvertrag über die Vereinigung von Ortskrankenkassen selbst führt noch nicht zu einer neuen Ortskrankenkasse, sondern bedarf der Umsetzung. Die von der Vereinigung betroffenen Ortskrankenkassen behalten daher bis zum von der Aufsichtsbehörde bestimmten Zeitpunkt der Wirksamkeit der Vereinigung ihre Rechtsfähigkeit. Sie haben der Aufsichtsbehörde eine Satzung, einen Vorschlag zur Berufung der Mitglieder der Organe und eine Vereinbarung über die Neuregelung der Rechtsbeziehungen zu Dritten vorzulegen. Inhaltlich entspricht dies den Anforderungen, die an die Anlagen eines Antrages auf Vereinigung gemäß § 144 Abs. 2 zu stellen sind (vgl. Komm. zu § 144); mit Ausnahme der Vorlage eines Konzepts zur Organisations-, Personal- und Finanzstruktur der neuen Krankenkasse einschließlich der Zahl und der Verteilung ihrer Geschäftsstellen.
Rz. 6
Das Gesetz gibt damit den Verwaltungsräten der zu vereinigenden Ortskrankenkassen die Möglichkeit, trotz der Vereinigung durch Hoheitsakt, grundsätzlich ihre künftigen Angelegenheiten selbst zu regeln. Dies entspricht dem Grundsatz des Selbstverwaltungsrechts der Kassen, das hier für die neu entstehende Ortskrankenkasse vorweggenommen ist. Die zu treffenden Regelungen sind zwingend erforderlich, da die neue Ortskrankenkasse nur mit einer Satzung und Organen ihre Tätigkeit aufnehmen kann.
Rz. 7
Die beteiligten Ortskrankenkassen trifft insoweit, zur Vermeidung aufsichtsrechtlicher Anordnungen, auch eine gewisse Verpflichtung zur Vorlage der eigenen Vorschläge, sobald die Vereinigungsentscheidung getroffen ist. Die Nichterfüllung gibt der Aufsichtsbehörde nach Fristsetzung das Recht der Ersatzvornahme (Abs. 4).
2.1.2 Aufsichtsbehörde
Rz. 8
Das Gesetz spricht nur von der Aufsichtsbehörde, an die die Vorschläge zu richten sind und der auch das Recht der Ersatzvornahme zusteht. Gemeint ist die Aufsichtsbehörde, die nach der Vereinigung zuständig ist (so auch Baier, in: Krauskopf, SozKV SGB V, § 146 Rz. 3; Koch, in: jurisPK-SGB V, § 146 Rz. 5). Hier gelten die gleichen Grundsätze, die auch für das Entstehen eines grundsätzlich neuen Krankenversicherungsträgers maßgebend sind (vgl. Komm. zu § 144). Bei einer Vereinigung durch Rechtsverordnung des Landes ist dies die Aufsichtsbehörde des Landes, es sei denn, die Vereinigung bezieht Gebiete eines anderen Landes mit ein (vgl. Komm. zu § 145). Erfolgt die Vereinigung durch Staatsvertrag mehrerer Länder, ist das Bundesversicherungsamt zuständig, soweit nicht wegen Beteiligung von weniger als 3 Ländern eine abweichende Aufsicht nach § 90 Abs. 3 SGB IV in Betracht kommt.
2.1.3 Vorschläge der Ortskrankenkassen
Rz. 9
Die vorgelegte Satzung (richtig: Satzungsentwurf), die Vorschläge für die Berufung der Mitglieder der Organe und die Vereinbarung über die Neuregelung der Rechtsbeziehungen zu Dritten (zum Inhalt und den Anforderungen vgl. Komm. zu § 144) müssen genehmigungsfähig sein, wobei die Aufsichtsbehörde Anregungen und Hinweise zur Anpassung geben kann.
2.2 Entscheidungen der Aufsichtsbehörde (Abs. 2)
Rz. 10
Die Aufsichtsbehörde hat die vorgelegte Satzung für die neue Ortskrankenkasse zu prüfen und zu genehmigen. Der Bezirk der vereinigten Ortskrankenkasse ergibt sich aus der Rechtsverordnung oder dem Staatsvertrag und muss zwingend in die Satzung übernommen werden. Zu den Anforderungen an eine Satzung vgl. Komm. zu § 194; zur Notwendigkeit der Genehmigung vgl. Komm. zu § 195.
Rz. 11
Die Aufsichtsbehörde muss darüber hinaus die vorgeschlagenen Mitglieder der Organe, als solches besteht nur noch der Verwaltungsrat, berufen, wobei auf Wählbarkeit und (anschließende) ordnungsgemäße Besetzung zu achten ist.
Rz. 12
Die Vereinbarung über die Neuordnung der Rechtsbeziehungen zu Dritten ist zu genehmigen, sofern sie keine Rechtsverstöße enthält.
Rz. 13
Die Aufsichtsbehörde hat auch den Zeitpunkt zu bestimmen, an dem die Vereinigung wirksam wird, d. h. die neue Ortskrankenkasse als Träger der Krankenversicherung und Körperschaft des öffentlichen Rechts entsteht. Die erforderlichen Genehmigungen der Vorschläge oder deren Ersatzvornahme gem. Abs. 4 müssen vor diesem Zeitpunkt vorliegen.
2.3 Rechtswirkungen der Vereinigung (Abs. 3)
Rz. 14
Mit dem Zeitpunkt, den die Aufsichtsbehörde für die Wirksamkeit der Vereinigung bestimmt, tritt als gesetzliche Rechtsfolge die Schließung der in Rechtsverordnung/Staatsvertrag genannten Ortskrankenkassen ein. Zugleich tritt die (vereinigte) neue Ortskrankenkasse kraft Gesetzes die Gesamtrechtsnachfolge aller geschlossenen Ortskrankenkassen an. Die Wirkungen sind, wie bei einer freiwilligen Vereinigung, der Eintritt der neu entstandenen Krankenkasse in alle Rechtspositionen der vorherigen einzelnen Ortskrankenkassen (zur Gesamtrechtsnachfolge vgl. ausführlich BSG, Urteil v. 2.12.2004, B 12 KR 23/04, NJW 2005 S. 923), die Zuständigkeit für alle Versicherten und das Entstehen einer neuen Pflegekasse (vgl. im Einzelnen Komm. zu § 144). Auf die neue Ortskrankenkasse gehen alle zivilrechtlichen Rechte und Pflichten über, auch die Arbeits- und Dienstverhältnisse der Beschäftigten (§ 613a BGB). Sie übernimmt das Vermögen der bisherigen Krankenkassen, ohne dass e...