Rz. 23
Mit dem ab 1.1.2009 angefügten Abs. 3 wird ein von den freiwilligen Vereinigungen (§§ 144, 150, 160, 168a, 171a) und von sonstigen Zwangsvereinigungen (§ 145, § 150 Abs. 2, § 160 Abs. 3) abweichender eigenständiger Fall einer faktisch auch zwangsweisen freiwilligen Vereinigung (sog. Rettungsfusion) geregelt, denn der erforderliche Vereinigungsbeschluss des Verwaltungsrates nach § 197 Abs. 1 Nr. 6 kann, wenn er nicht "freiwillig" erfolgt, für die in der Leistungsfähigkeit bedrohte Krankenkasse durch die Aufsichtsbehörde ersetzt werden (Satz 2).
Rz. 24
Voraussetzung für diese Zwangsvereinigung ist, dass die Aufsichtsbehörde, feststellt, dass die Sicherung der Leistungsfähigkeit auf Dauer, der Eintritt von Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung nur durch die Vereinigung mit einer anderen Krankenkasse hergestellt bzw. vermieden werden kann. Dieses ist im Rahmen einer Prognose zu beurteilen. Hierzu ist nur das Benehmen mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen erforderlich, dessen Zustimmung bedarf es aber nicht (zum Benehmen vgl. BSG, Urteil v. 24.8.1994, 6 RKa 15/93, BSGE 75 S. 37 = SozR 3-2500 § 85 Nr. 7). Da es sich bei dieser Form der Zwangsvereinigung um einen erheblichen Eingriff in das Selbstverwaltungsrecht der Krankenkasse handelt, die mit der Vereinigung untergeht (vgl. § 144 Abs. 4 und Komm. dort), wird dies nur als ultima ratio in Betracht kommen. Die Zwangsvereinigung muss danach ("nur") alternativlos sein, was dann der Fall ist, wenn ansonsten nur noch die Schließung oder die Einleitung des Konkursverfahrens für die gefährdete Krankenkasse in Betracht käme.
Rz. 24a
Hat der Vorstand einer Krankenkasse bereits eine Anzeige über die Zahlungsunfähigkeit, die drohende Zahlungsunfähigkeit oder die Überschuldung der Krankenkasse nach § 171b Abs. 2 Satz 1 abgegeben, schließt dies die Anwendung des Abs. 3 zwecks Vermeidung der Schließung der Krankenkasse nicht aus (a. A. wohl Dalichau, SGB V, § 172 Anm. IV., Stand: Mai 2013; Koch, in: Juris-PK SGB V, § 172 Rz. 23, Stand: 23.6.2014). In diesen Fällen ist letztlich lediglich zu prüfen, ob durch die Vereinigung mit einer anderen Krankenkasse die Schließung oder der Insolvenzantrag der notleidenden Krankenkasse vermieden werden kann.
Rz. 25
Die erzwungene freiwillige Vereinigung setzt voraus, dass auch eine andere Krankenkasse für diese Vereinigung mit der gefährdeten Krankenkasse zur Verfügung steht. Der Gesetzestext unter Berücksichtigung der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 16/9559 S. 24) sieht hierzu vor, dass der Spitzenverband Bund der Krankenkassen hierzu der Aufsichtsbehörde Vorschläge für eine Vereinigung mit einer anderen Krankenkasse unterbreiten kann, wozu auch die Benennung von zur freiwilligen Vereinigung bereiten Krankenkassen gehört. Die für eine Vereinigung bereite Krankenkasse kann, mit Ausnahme von geschlossenen Betriebs- oder Innungskrankenkassen, jede andere, insbesondere auch eine einer anderen Kassenart zugehörige Krankenkasse sein (vgl. § 171a und Komm. dort). Fehlt es schon an einer vereinigungsbereiten anderen Krankenkasse, kann auch eine Vereinigung nach Abs. 3 nicht erfolgen. Der Aufsichtsbehörde steht gerade nicht die Befugnis zu, eine andere Krankenkasse zur Vereinigung mit einer gefährdeten Krankenkasse zu verpflichten (vgl. Mühlhausen, in: Becker/Kingreen, SGB V, 4. Aufl., § 172 Rz. 9).
Rz. 26
Steht eine andere Krankenkasse für das freiwillige Vereinigungsverfahren zur Verfügung, gelten grundsätzlich die Regelungen über die freiwillige Vereinigung, d. h. es sind durch die Verwaltungsräte (§ 197 Abs. 1 Nr. 6) der aufnahmebereiten und der gefährdeten Krankenkasse jeweils übereinstimmende Beschlüsse zur (freiwilligen) Vereinigung zu fassen (vgl. § 144 Abs. 1 und Komm. dort), die trotz des Hintergrundes der gefährdeten Leistungsfähigkeit auf Dauer auch der Genehmigung der vor der Vereinigung zuständigen Aufsichtsbehörde bedürfen.
Rz. 26a
Seit dem 30.6.2013 setzt die Genehmigung der Vereinigungsbeschlüsse das Verfahren der Zusammenschlusskontrolle nach § 172a in Gang, denn die Genehmigung der Vereinigung (nach § 144 Abs. 3) darf nach § 172a Abs. 2 Satz 1 erst erfolgen, wenn das Bundeskartellamt (BKartA) die Vereinigung nach § 40 GWB freigegeben hat oder sie als freigegeben gilt (vgl. Komm. zu § 172a). Die vereinigungswilligen Krankenkassen haben daher als beteiligte Unternehmen nach § 39 Abs. 2 GWB die beabsichtigte Vereinigung dem BKartA in der Form des § 39 Abs. 1 GWB anzuzeigen. Das BKartA hat dann nach § 40 Abs. 1 GWB innerhalb einer Frist von einem Monat seit Eingang der vollständigen Anmeldung den vereinigungswilligen Ersatzkassen mitzuteilen, ob und dass es in die Prüfung des Zusammenschlusses (Hauptprüfverfahren) eingetreten will. Erfolgt eine solche Mitteilung über den Eintritt in das Hauptprüfverfahren nicht, kann der Zusammenschluss, also die freiwillige Vereinigung, nicht mehr nach § 36 GWB untersagt werden. Das BKartA hat bei einer Mitteilung über den Eintritt in das Hauptprüfverfahren, wenn es eine weitere Prüfung des Zusa...