2.1 Pflicht zur Errichtung von Prüfeinrichtungen (Abs. 1)
Rz. 5
Mit der Vorschrift werden die Krankenkassen und seit dem 1.7.2008 der Spitzenverband Bund der Krankenkassen nach § 217a verpflichtet, organisatorisch verselbständigte Ermittlungs- und Prüfstellen einzurichten. Nähere Bestimmungen über die personelle oder sächliche Ausstattung der Stellen bestanden bisher allerdings nicht (vgl. jetzt Abs. 6 Nr. 1). Daher können auch bisher schon mit Kontrollfunktionen befasste Dienststellen und Personen mit den Aufgaben der Prüfstellen betraut werden. Sanktionen für den Fall der unzureichenden oder der Nichterrichtung sind nicht vorhanden. Die Landesverbände können derartige Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten errichten. Eine solche Errichtung kommt in Betracht, wenn dafür ein Bedarf gesehen wird.
Rz. 6
Die eingerichteten Ermittlungs- und Prüfstellen selbst sind trotz der organisatorischen Verselbständigung keine eigenständigen Behörden mit eigenen Befugnissen. Auch das bei und für diese Stellen tätige Personal bleibt Personal der Krankenkasse bzw. des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen. Es besteht für die in den Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten tätigen Personen weiterhin die Weisungsgebundenheit (so auch Becker, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 197 a Rz. 11, Stand: VII/2013), sodass eine Einflussnahme durch Vorgesetzte nicht ausgeschlossen ist, insbesondere, wenn es sich um krankenkasseninternes Verhalten handelt (zu dieser Problematik vgl. Forst, SGb 2014 S. 413, 418). Die nach außen gerichtete Tätigkeit dieser Stellen ist und bleibt daher Verwaltungshandeln der Krankenkasse bzw. des Landesverbandes bzw. des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen und hat sich im Rahmen von deren Befugnissen zu bewegen. Auch wenn die Ermittlungen auf eine Unterrichtung der Staatsanwaltschaft nach Abs. 4 hinauslaufen können, handelt es sich bei der Tätigkeit nicht um ein dem SGB X unterliegendes Verwaltungsverfahren (so aber Rixen, ZFSH/SGB 2005 S. 131; dem folgend Hänlein, in: Hänlein/Schuler, LPK-SGB V, 5. Aufl., § 197a Rz. 7).
Rz. 7
Die Aufgaben der Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten sind weit gefasst und umfassen die Nachforschung und Ermittlung in allen Fällen, in denen ein Verdacht auf unregelmäßige Verwendung der Finanzmittel besteht. Dabei schließt der Begriff der Unregelmäßigkeit die rechts- und zweckwidrige Verwendung von Finanzmitteln mit ein; denn § 30 Abs. 1 SGB IV lässt als rechtmäßig nur die auch zweckbezogene Mittelverwendung zu. Eine Unregelmäßigkeit liegt nicht erst dann vor, wenn sich bereits eine zumindest objektiv rechtswidrige Mittelverwendung ergibt, sondern schon dann, wenn Leistungen oder Ausgaben nicht plausibel sind und/oder Ausgaben dem Grunde und der Höhe nach ungeprüft getätigt werden.
Rz. 8
Die Aufgabenstellung ist allerdings insofern sachlich begrenzt, als nur die zweifelhafte Mittelverwendung im Zusammenhang mit den Aufgaben der jeweiligen Krankenkasse, des Landes- oder des Spitzenverbandes Bund betroffen ist. Sowohl die Ermittlung und Ermittlungspflicht als auch die Zusammenarbeit mit anderen Stellen nach Abs. 3 ist damit auf den Zuständigkeits- und Aufgabenbereich der Krankenkasse beschränkt (so auch Dalichau, SGB V, § 197 a Anm. I. 1., Stand: Februar 2013). Eine generelle krankenkassenübergreifende Ermittlungspflicht und dementsprechende Ermittlungsberechtigung steht den einzelnen Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten nicht zu.
Rz. 9
Die Stellen nehmen nach Satz 2 Kontrollbefugnisse i. S. d. § 67c Abs. 3 SGB X war. Dies bedeutet, dass diese verselbständigten Einrichtungen auf die bei den Krankenkassen oder innerhalb der Organisation vorhandenen Daten zugreifen und für ihre Ermittlungen nutzen können. Eine solche eigenständig geregelte Befugnis zur Datennutzung ist erforderlich, weil die Daten bei den Krankenkassen (vgl. z. B. § 284) nicht zum Zweck der Prüfung oder Kontrolle des wirtschaftlichen Verhaltens der Krankenkasse oder Dritter erhoben und gespeichert wurden.
2.2 Antragsrecht (Abs. 2)
Rz. 10
Mit Abs. 2 wird jeder Person die Möglichkeit eingeräumt, sich in Fällen des Verdachts von Unregelmäßigkeiten bei der Mittelverwendung an die Stellen für Fehlverhalten zu wenden. Ein solches Popularhinweisrecht erscheint angemessen, um auch von Dritten und Nichtbeteiligten Hinweise zu unwirtschaftlichem Finanzverhalten zu erhalten; denn von Insidern und durch unwirtschaftliches oder unrechtmäßiges Verhalten Begünstigten dürften kaum Hinweise zu erwarten sein. Außenstehende werden jedoch kaum Kenntnisse haben oder erhalten, die einen konkreten Verdacht einer Fehlverwendung von Mitteln nahe legen. Insbesondere bei den mit dem Gesetz zur Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen neu geschaffenen Straftatbeständen der Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen (§§ 299a, 299b StGB; vgl dazu Dann/Scholz, NJW 2016 S. 2077) ist Insiderwissen erforderlich, dessen Weitergabe aus naheliegenden Gründen anonym erfolgt. Dies birgt das Risiko einer Vielzahl von pauschalen, unbegründeten bis hin zu mutwilligen Hinweisen an die Stellen in sich. Diesen Hinweisen, auch anon...