2.2.1 Höhe der Betriebsmittel (Satz 1)
Rz. 9
Betriebsmittel, Rücklage (§261) und Geldmittel zur Anschaffung und Erneuerung von Verwaltungsvermögen (§ 82 SGB IV, § 263 SGB V) dürfen insgesamt nicht mehr als das 0,5-fache (bis 11.11.2022: 0,8-fache) einer durchschnittlichen Monatsausgabe betragen. Die Vorschrift verpflichtet die Krankenkassen, ihre Finanzreserven stärker abzubauen als bisher (BT-Drs. 19/4454 S. 26). Seit Einführung des Gesundheitsfonds ist das Einnahmerisiko von den Krankenkassen auf den Gesundheitsfonds übergegangen. Unerwartete konjunkturell bedingte unterjährige Beitragsmindereinnahmen gehen seit dem Jahr 2009 vollständig zulasten des Gesundheitsfonds und werden durch die Liquiditätsreserve aufgefangen. Die Krankenkassen erhalten die vorab zugesicherten Zuweisungen in monatlich gleichen Teilbeträgen. Insofern sind sie auch von den unterjährigen Schwankungen der Einnahmen nicht mehr betroffen.
Rz. 9a
Durch die Änderung zum 26.11.2020 wird die Obergrenze für die Pflicht zum stufenweisen Abbau von Finanzreserven der Krankenkassen von einer Monatsausgabe auf das 0,8-Fache einer Monatsausgabe abgesenkt. Die Absenkung dient dazu, dass die Krankenkassen ihre überschüssigen Finanzreserven durch Absenkung ihrer Zusatzbeiträge oder durch stabile Zusatzbeiträge konsequent abbauen. Die Absenkung ist angemessen, da der Betrag der verbleibenden Finanzreserven dem Vierfachen der gesetzlichen Mindestrücklage von 0,2 Monatsausgaben nach § 261 Abs. 2 Satz 1 entspricht (BT-Drs. 19/23483 S. 35).
Rz. 9b
Die gesetzliche Obergrenze für die Finanzreserven der Krankenkassen von 0,8 durchschnittlichen Monatsausgaben wurde mit Wirkung zum 12.11.2022 auf 0,5 Monatsausgaben gesenkt. Diese Grenze gilt auch für das Anhebungsverbot für Zusatzbeitragssätze nach § 242 Abs. 1 Satz 4. Den Krankenkassen wird weiterhin die Möglichkeit gegeben, Finanzreserven in Höhe des Zweieinhalbfachen der Mindestrücklage nach § 261 Abs. 2 von 0,2 Monatsausgaben vorzuhalten. Dies ist ausreichend, um unterjährige Ausgabenschwankungen der einzelnen Krankenkassen auszugleichen (BT-Drs. 20/3448 S. 49). Das Einnahmerisiko tragen seit Einführung des Gesundheitsfonds im Jahr 2009 nicht mehr die Krankenkassen, sondern der Gesundheitsfonds. In Verbindung mit dem Anhebungsverbot von Zusatzbeitragssätzen für Krankenkassen, die ausweislich ihrer letzten vierteljährlichen Rechnungsergebnisse über Finanzreserven oberhalb der Obergrenze verfügen, und der Verpflichtung zum Abbau überschüssiger Finanzreserven trägt diese Maßnahme dazu bei, die finanziellen Belastungen der Beitragszahler zu begrenzen.
Rz. 10
Grundlage für die Berechnung ist der Haushaltsplan der Krankenkasse. Die gesetzliche Obergrenze von einer Monatsausgabe ist so bemessen, dass sie auch bei Einbeziehung der Mittel zur Anschaffung und Erneuerung von Verwaltungsvermögen neben Betriebsmittelreserve und Rücklage den Krankenkassen hinreichenden Spielraum für notwendige Investitionen bei gleichzeitiger Absicherung der Leistungsausgaben belässt (BT-Drs. 19/13397 S. 60).
Rz. 11
Der Krankenkasse ist durch die Ist-Vorschrift kein Ermessen hinsichtlich der tatsächlichen Höhe eingeräumt. Die gesetzliche Vorgabe zur Obergrenze muss somit eingehalten werden. Eine Untergrenze sieht das Gesetz nicht vor.
2.2.2 Höhere Obergrenze (Satz 2)
Rz. 11a
Eine Krankenkasse mit weniger als 50.000 Mitgliedern kann eine höhere Obergrenze beantragen, die das 0,5-fache (bis 11.11.2022: 0,8-fache) einer Monatsausgabe (Satz 1) übersteigt. Der Antrag ist vom Vorstand zu stellen und zu begründen. Die Mitgliederzahl richtet sich nach dem Zeitpunkt, zu dem der Haushalt vom Vorstand aufgestellt wird. Die Aufsichtsbehörde kann eine höhere Obergrenze zulassen, soweit dies erforderlich ist.
Rz. 11b
Erforderlichkeit liegt insbesondere dann vor, wenn die Krankenkasse Zusatzbeitragssätze unterhalb des Durchschnitts erhebt und dadurch bei weiterer Absenkung der Zusatzbeitragssätze dem Ausgabenrisiko sprunghafter erheblicher Mitgliederzuwächse und einer veränderten Risikostruktur der Versicherten ausgesetzt ist (BT-Drs. 19/4454 S. 26).
2.2.3 Feststellung der Betriebsmittel (Satz 3)
Rz. 12
Bei der Bemessung der Betriebsmittel sind nur die erfolgswirksamen Ausgaben der Kontenklassen 4 bis 6 (Rz. 5) sowie Zahlungen im Rahmen des Risikostrukturausgleichs zu berücksichtigen. Um die Liquidität der Krankenkasse sichtbar zu machen, wird der Betriebsmittelbestand festgestellt, indem neben den verfügbaren Zahlungsmitteln (Barmittel und Giroguthaben) auch die Forderungen und Verpflichtungen der Krankenkasse berücksichtigt werden. Ausstehende Forderungen erhöhen die Betriebsmittel. Ausstehende Verbindlichkeiten mindern die Betriebsmittel.
Rz. 13
Betriebsmittel werden nur so angelegt, dass sie jederzeit im erforderlichen Umfang bereitstehen (Abs. 3). Die entsprechenden Forderungen und Verpflichtungen sind i. d. R. kurzfristig und deshalb den Betriebsmitteln (Umlaufvermögen) zuzurechnen. Die in den Betriebsmitteln bereitgehaltene Reserve soll Einnahmeschwankungen und Ausgabeschwankungen ausgleichen, für die die Rücklage nicht in Anspruch genommen werden kann. Hierbei kann es...