Rz. 3
Schon nach der RVO waren schicksalhafte Unfruchtbarkeit der Frau sowie Zeugungsunfähigkeit des Mannes Krankheiten i. S. d. GKV. Die schicksalhafte Unfruchtbarkeit einer Frau sowie die nicht freiwillig herbeigeführte Zeugungsunfähigkeit des Mannes stellten schon bislang regelwidrige Normabweichungen und Krankheiten dar und lösten grundsätzlich einen Anspruch auf Krankenhilfe aus (vgl. BSGE 39 S. 167, 168). Das Problem bestand darin, in welchen rechtlichen Grenzen sich Maßnahmen bewegen mussten, die einem Funktionsausgleich dieses regelwidrigen Zustandes dienen sollten.
Rz. 4
Ob Maßnahmen der künstlichen Befruchtung zu den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung gehören, war bis zum Inkrafttreten des SGB V umstritten (vgl. BSGE 66 S. 248, 249 = SozR 3-2200 § 182 Nr. 2 S. 4 f.; LSG Rheinland-Pfalz, MedR 1987 S. 130, 131; LSG Niedersachsen, Breithaupt 1989 S. 712, 713). Im GRG v. 20.12.1988 (BGBl. I S. 2477) entschied sich der Gesetzgeber durch die Ausschlussvorschrift des damaligen § 27 Satz 5 zunächst in der Annahme dagegen, dass Leistungen, mit denen eine künstliche Befruchtung herbeigeführt wird, außerhalb des Aufgabenbereichs der GKV liegen würden (so die Amtl. Begr. zum Entwurf der Bundesregierung, BT-Drs. 11/2237 S. 170). Mit der Einführung des § 27a durch das KOV-Anpassungsgesetz wurde diese Position zwar aufgegeben, zugleich aber die Sonderstellung der künstlichen Befruchtung im Leistungssystem der Krankenversicherung deutlich gemacht. Die Gesetzesbegründung stellt nämlich nicht auf den einzelnen von Unfruchtbarkeit betroffenen Ehepartner ab, sondern räumt "den Ehegatten" einen Anspruch auf Maßnahmen der künstlichen Befruchtung ein (BT-Drs. 11/6760 S 10). Die künstliche Befruchtung wird nur deshalb der Krankenbehandlung gleichgestellt, damit die einschlägigen Regelungen des SGB V auf sie anwendbar und besondere Verweisungsvorschriften entbehrlich sind (vgl. BT-Drs. 11/6760 S. 14 und die Stellungnahme des Vertreters der Bundesregierung in der 122. Sitzung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung v. 25.4.1990, Protokolle des Deutschen Bundestages, 11. Wahlperiode, Protokoll Nr. 122 S. 17; vgl. zusammenfassend BSGE 88 S. 51 ff. = SozR 3-2500 § 27a Nr. 2).
Die Einführung des § 27a dient der Schließung einer Regelungslücke im Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung. § 27a kommt in erster Linie eine klarstellende Funktion zu. Die Norm trifft hingegen keine Bestimmung, welche Methode zum Ausgleich der fehlenden Funktion als Leistung der Krankenkasse in Betracht kommt. Lediglich für die Insemination nach Stimulationsverfahren findet sich eine Regelung in Abs. 2 Nr. 1. Im Übrigen ist die Bestimmung der Einzelheiten Aufgabe des Gemeinsamen Bundesausschusses (bis 31.12.2003: Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen), der in Richtlinien konkrete Regelungen getroffen hat (vgl. Rz. 20).