Rz. 13
Die Diagnosen nach Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und 7 (Einweisungsdiagnose, Aufnahmediagnose, Hauptdiagnose für die Entlassung oder Verlegung und Nebendiagnosen) sind nach der Internationalen Klassifikation der Krankheiten (ICD) in der jeweiligen vom BfArM (www.bfarm.de) im Auftrag des BMG herausgegebenen deutschen Fassung zu verschlüsseln (Satz 1). Operationen und sonstige Prozeduren müssen nach dem Operationen- und Prozedurenschlüssel (OPS) verschlüsselt werden (Satz 2). Zu Einzelheiten im Hinblick auf ICD und OPS vgl. Komm. zu § 295 Rz. 14 ff.
Rz. 14
Aus den in Abs. 1 Satz 1 genannten Übermittlungspflichten kann nicht die Schlussfolgerung gezogen werden, dass Krankenkassen berechtigt sind, Einsichtnahme in Krankenakten oder andere Behandlungsunterlagen zur Überprüfung der Erforderlichkeit des stationären Aufenthaltes und der Angemessenheit der Verweildauer zu verlangen, da diesen kein eigenständiges Recht auf Akteneinsicht zusteht. Erst recht scheidet damit eine Anforderung von Behandlungsunterlagen und Übermittlung an außerhalb der Krankenkassen stehende "Beratungsärzte" aus. Bei Zweifeln an der sachlichen Richtigkeit einer Abrechnung ist eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes (MD) einzuholen, der gemäß § 276 Abs. 2 Satz 1 bei Abrechnungsprüfungen ausdrücklich ermächtigt ist, die erforderlichen Unterlagen anzufordern (BSG, Urteil v. 23.7.2002, B 3 KR 64/01 R, BSGE 90 S. 1 ff.; Didong, a. a. O. Rz. 11; a. A. Waschull, in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung – Pflegeversicherung, § 301 Rz. 8). Tritt eine Krankenkasse in die Prüfung der Erforderlichkeit der stationären Behandlung bzw. der Verweildauer unter Einbeziehung des MD ein, entbindet sie dies nicht von der Zahlung der Vergütung innerhalb der landesvertraglich vereinbarten Frist (BSG, Urteil v. 28.3.2003, B 3 KR 10/02 R; Didong, a. a. O., Rz. 11).
Rz. 15
Demgegenüber sind Krankenhäuser im Abrechnungsstreit im Rahmen ihrer prozessualen Mitwirkungslasten verpflichtet, die Behandlungsunterlagen (Krankenakten) auch ohne Zustimmung des Versicherten dem Gericht zu übersenden. Das Gericht hat wiederum zur Gewährung rechtlichen Gehörs den Beteiligten Einsicht in die beigezogenen Unterlagen zu gewähren (BSG, Urteil v. 15.11.2007, B 3 KR 13/07 R).
Rz. 15a
Normenvertragliche Abrechnungsbestimmungen unterliegen grundsätzlich den allgemeinen Auslegungsmethoden der Rechtswissenschaft. Die routinemäßige Abwicklung zahlreicher Behandlungsfälle erfordert es jedoch, Vergütungsregelungen streng nach ihrem Wortlaut auszulegen, allenfalls ergänzend nach ihrem systematischen Zusammenhang. Bewertungen und Bewertungsrelationen bleiben außer Betracht (LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil v. 14.1.2021, L 6 KR 63/16 unter Hinweis auf BSG, Urteil v. 17.12.2019, B 1 KR 19/19 R).
Rz. 15b
Im OPS können durch das BfArM auch Voraussetzungen für die Abrechnung der Operationen und sonstigen Prozeduren festgelegt werden (Satz 3). In der Vergangenheit ist teilweise bezweifelt worden, ob das BfArM im OPS abstrakt-generelle Voraussetzungen festlegen kann, um eine bestimmte Leistung abzurechnen (z. B. strukturelle Anforderungen an die Anzahl und Qualifikation des medizinischen Personals oder an die technische Ausstattung). Zur Vermeidung von Rechtsunsicherheiten wird daher klargestellt, dass der OPS auch derartige Voraussetzungen für die Abrechnung erbrachter Leistungen enthalten kann (BT-Drs. 19/13397 S. 81).
Rz. 15c
Das BMG gibt den Zeitpunkt der Inkraftsetzung der jeweiligen Fassung des ICD sowie des OPS im Bundesanzeiger bekannt (Satz 4). Die Regelung verstößt nicht gegen Verfassungsrecht (SG München, Gerichtsbescheid v. 25.6.2020, S 15 KR 2343/18). Das BfArM kann beauftragt werden, den ICD um Zusatzkennzeichen für die notwendige Aussagefähigkeit des Schlüssels und Zusatzangaben für seltene Erkrankungen zu ergänzen. Vom Inkrafttreten an sind der ICD sowie der OPS verbindlich und für die Abrechnung der erbrachten Leistungen zu verwenden (Satz 5).
Rz. 15d
Die eindeutige Kodierung seltener Erkrankungen ist für eine sachgerechte Leistungsabbildung in den stationären Vergütungssystemen erforderlich (BT-Drs. 19/27652 S. 114 f.). Beispielsweise werden zur Therapie seltener Erkrankungen oft neu entwickelte, teure Medikamente eingesetzt. Bislang sind aber nur etwa 500 der mehr als 6.000 seltenen Erkrankungen mit der Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme, 10. Revision, German Modification (ICD-10-GM), spezifisch kodierbar. Die meisten seltenen Erkrankungen sind einem unspezifischen ICD-10-GM-Kode zugeordnet und können daher nicht eindeutig kodiert werden. Die Auswahl der betreffenden Kodes erfolgt zudem uneinheitlich.
Die Kodierung seltener Erkrankungen erfordert neben der Angabe der Schlüsselnummer der ICD-10-GM die Angabe der Kennnummer der internationalen Klassifikation Orphanet, die eine eindeutige und international vergleichbare Kodierung seltener Erkrankungen ermöglicht. Orphanet-Kennnummern sind in der Ergänzungsdatei Alpha-ID-SE z...