Rz. 4
Nach Abs. 1 in seiner Ursprungsfassung durch das GMG sollte das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen bei Beauftragung nach § 139b Abs. 1 und 2 den Nutzen von Arzneimitteln bewerten. Derartige Nutzenbewertungen für Arzneimittel konnten vom Gemeinsamen Bundesausschuss und dem Bundesministerium für Gesundheit in Auftrag gegeben werden. Nutzenbewertungen nach Satz 1 konnten gemäß Satz 2 für jedes erstmals verordnungsfähige Arzneimittel mit patentgeschützten Wirkstoffen erstellt werden. Für andere Arzneimittel konnten unter den genannten Voraussetzungen ebenfalls Nutzenbewertungen erstellt werden, wenn diese Arzneimittel für die Versorgung im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung von Bedeutung sind. Dabei trifft das Gesetz keine Regelung dazu, bei welchen Annahmen ein Arzneimittel in der GKV "von Bedeutung" ist. Dies unterliegt somit der Einschätzung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss, der die Nutzenbewertung in Auftrag geben muss.
Rz. 4a
Mit der Änderung der Norm durch das GKV-WSG hat der Gesetzgeber eine Lücke im bisherigen Recht geschlossen. Konnte bisher nur festgestellt werden, ob ein Arzneimittel einen therapie- bzw. patientenrelevanten Zusatznutzen hatte, ohne eine Aussage darüber zu treffen, welche Mehrkosten durch diesen Zusatznutzen begründbar waren, so eröffnet die jetzige Fassung die Möglichkeit, den methodischen Nutzen für Arzneimittel wirtschaftlich zu bewerten (BT-Drs. 16/3100 S. 103). Die Kosten-Nutzen-Bewertung soll mittels einer fachlichen Aufbereitung durch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen erfolgen. Bewertungen können für jedes erstmals verordnungsfähige Arzneimittel mit patentgeschützten Wirkstoffen sowie für andere Arzneimittel, die von Bedeutung sind, erstellt werden (Abs. 1 Satz 2). Eine unmittelbare Wirksamkeit für das Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung erfolgte aber nicht. Vielmehr bleibt die Frage der Umsetzung eine Aufgabe der zuständigen Einrichtungen der Selbstverwaltung.
Rz. 4b
Das durch das AMNOG eingeführte neue Verfahren für Vergütungsvereinbarungen für Arzneimittel zwischen dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen und den pharmazeutischen Unternehmen konkretisiert den Anwendungsbereich der Norm auf Kosten-Nutzen-Bewertungen als Folge eines Antrags nach § 130b Abs. 8. Wenn eine Vereinbarung über den Erstattungsbetrag nach § 130b nicht zustande kommt, setzt die Schiedsstelle nach § 130b Abs. 5 den Vertragsinhalt innerhalb von 3 Monaten fest (§ 130b Abs. 4). Nach einem derartigen Schiedsspruch kann jede Vertragspartei beim Gemeinsamen Bundesausschuss eine Kosten-Nutzen-Bewertung nach § 35b beantragen. Diese Kosten-Nutzen-Bewertung soll eine weitgehende empirische Fundierung der Grundlagen für die Vereinbarung eines Erstattungsbetrages ermöglichen (so BT-Drs. 17/2413 S. 23).
Rz. 4c
Aufgrund eines Antrags nach § 130b Abs. 8 beauftragt der Gemeinsame Bundesausschuss das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen mit der Kosten-Nutzen-Bewertung. Abs. 1 Satz 2 verlangt eine Konkretisierung des Auftrages. Der Gemeinsame Bundesausschuss muss festlegen, für welche zweckmäßige Vergleichstherapie und Patientengruppen die Bewertung erfolgen soll sowie welcher Zeitraum, welche Art von Nutzen und Kosten und welches Maß für den Gesamtnutzen bei der Bewertung zu berücksichtigen sind. Die Beteiligungsrechte sind erweitert worden. Die entsprechende Anwendung von § 92 Abs. 3a bedeutet, dass bereits bei Auftragserteilung eine schriftliche Anhörung stattfindet. Darüber hinaus muss auch eine mündliche Anhörung zusätzlich durchgeführt werden. Hierzu heißt es in der amtlichen Begründung (BT-Drs. 17/2413 S. 23 f.):
„Bei der Ermittlung des Patienten-Nutzens können zum Beispiel die Verbesserung des Gesundheitszustandes, eine Verkürzung der Krankheitsdauer, eine Verlängerung der Lebensdauer, eine Verringerung der Nebenwirkungen sowie eine Verbesserung der Lebensqualität berücksichtigt werden.
Es handelt sich dabei um Entscheidungen, die jenseits der rein wissenschaftlichen Betrachtung auch Wertentscheidungen beinhalten und die daher vom Gemeinsamen Bundesausschuss zu treffen sind. So kann z. B. das Ausmaß des Nutzens eines Arzneimittels durch klinische Maße, Respondermaße oder aggregierte Maße dargestellt werden; um in allen Fällen den spezifischen Erfordernissen einzelner Fragestellungen gerecht zu werden, muss daher festgelegt werden, welche Nutzenparameter von Bedeutung, wie diese nachzuweisen sind und ob sie zu einem Gesamtwert für den Nutzen zusammen zu führen sind. Solche Entscheidungen können das Ergebnis der Bewertung maßgeblich beeinflussen. Daher ist es wichtig, vor der Auftragsvergabe beim Gemeinsamen Bundesausschuss ein Anhörungsverfahren durchzuführen. Dies erhöht die Rechtssicherheit und die Akzeptanz der Kosten-Nutzen-Bewertung. Es stärkt auch die wissenschaftliche Arbeit des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, weil sich das Institut auf die wissensch...