Rz. 20
Abs. 4 sieht entsprechend § 37 Abs. 4 einen Kostenerstattungsanspruch des Versicherten vor, wenn die Krankenkasse keine Haushaltshilfe stellen kann oder Grund besteht, davon abzusehen. Der Anspruch auf Erstattung der Kosten für eine selbst beschaffte Haushaltshilfe setzt voraus, dass diese Leistung vor ihrer Inanspruchnahme bei der Krankenkasse beantragt worden ist. Dies gilt auch dann, wenn die Krankenkasse keine Haushaltshilfe (z. B. als Vertragskraft) zur Verfügung stellt (LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 1.3.2011, L 11 KR 1694/10).
Rz. 21
Die erste Alternative, dass die Krankenkasse keine Haushaltshilfe stellen kann, wird dann als gegeben anzusehen sein, wenn die Krankenkasse tatsächlich nicht in der Lage ist, von ihr eingestellte oder beauftragte Personen zur Verfügung zu stellen. Angesichts der Expansion gerade der Arbeitskräfte im häuslichen Pflegebereich dürfte diese Voraussetzung zunehmend weniger in Betracht kommen. Eine vertragsärztliche Verordnung von Haushaltshilfe ist im Übrigen keine Voraussetzung, da im Gegensatz zur Verordnung von häuslicher Krankenpflege nach § 37 gemäß § 73 Abs. 2 Satz 1 Nr. 8 die Verordnung von Haushaltshilfe in § 73 Abs. 2 nicht vorgesehen ist (BSG, Urteil v. 27.1.2021, B 6 A 1/20 R, Rz. 62). Versicherte können die Leistung formlos beantragen.
Rz. 22
Ein Grund im Sinne der zweiten Alternative, von der Stellung einer Haushaltshilfe abzusehen, wird insbesondere dann anzunehmen sein, wenn die selbstbeschaffte Haushaltshilfe kostengünstiger arbeiten kann und insbesondere auch diese Haushaltshilfe geeignet ist. Der Struktur des Kostenerstattungsprinzips (vgl. insbesondere § 13 Abs. 3) entsprechend entsteht der Kostenerstattungsanspruch nur, wenn der Krankenkasse vorher Gelegenheit gegeben worden ist, die grundsätzlich als Sachleistung zu erbringende Leistung der Stellung einer Haushaltshilfe durch eine von ihr beauftragte Person zu erfüllen.
Rz. 23
Den persönlichen Wünschen des Versicherten ist insbesondere dann Rechnung zu tragen, wenn er selbst die Weiterführung des Haushalts durch eine Person seines Vertrauens in Anspruch nehmen will. Nimmt z. B. eine im Haushalt lebende Person zwecks Weiterführung des Haushalts unbezahlten Urlaub, so ist dieser Fall wie die Selbstbeschaffung einer Ersatzkraft zu werten und löst, wenn die übrigen Voraussetzungen gegeben sind, entsprechende Kostenerstattungsansprüche aus (vgl. BSG, 8 RK 22/85, USK 8746).
2.5.1 Angemessene Kostenerstattung
Rz. 24
Die durch die Selbstbeschaffung der Ersatzkraft entstandenen Kosten sind in angemessener Höhe für eine angemessene Stundenzahl je Einsatztag zu erstatten. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die die Höhe der Vergütung beeinflussen können (BSG, Urteil v. 28.1.1977, 15 RKn 32/76; vgl. z. B. Hess. LSG, Urteil v. 22.6.2021, L 2 R 36/19, Rz. 38). Die wirtschaftliche Lage des Versicherten ist kein Kriterium (BSG, Urteil v. 23.4.1980, 4 RJ 11/79). Die Krankenkasse kann sich an dem tariflichen Entgelt einer angestellten Haushaltshilfe orientieren. Im Übrigen sind zur Bestimmung der angemessenen Zahl der Einsatzstunden die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, wie Anzahl und Alter der Kinder, Gesundheitszustand und Alter des Versicherten.
Rz. 25
Für unbezahlten, zwecks Weiterführung des Haushalts genommenen Urlaub ist das ausgefallene Netto-Arbeitsentgelt erstattungsfähig, jedoch höchstens bis zu dem Betrag, den der Leistungsträger für eine selbst beschaffte, mit dem Versicherten nicht verwandte Ersatzkraft aufzuwenden gehabt hätte.
2.5.2 Verwandte und Verschwägerte (Abs. 4 Satz 2)
Rz. 26
Für Verwandte und Verschwägerte bis zum 2. Grad werden grundsätzlich gemäß Abs. 4 Satz 2 keine Kosten erstattet. Ausnahmen sind nach Maßgabe einer Satzungsregelung nach Abs. 2 z. B. in Form von Fahrtkosten und/oder Verdienstausfall möglich. Die Erstattung eines Verdienstausfalls nach Abs. 4 Satz 2 von Verwandten, die Leistungen der Haushaltshilfe für Versicherte erbringen, setzt voraus, dass diesen tatsächlich ein Verdienstausfall entstanden ist. Die Erstattung eines fiktiven Verdienstausfalls ist ausgeschlossen (LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 19.2.2020, L 5 KR 2908/19).
Rz. 27
Verwandte des Versicherten bis zum 2. Grad sind Eltern, Kinder einschließlich der ehelich erklärten und der angenommenen, Großeltern, Enkelkinder und Geschwister (§ 1589 BGB).
Rz. 28
Verschwägerte des Versicherten bis zum 2. Grad sind Stiefeltern, Stiefkinder, Stiefenkelkinder (Enkelkinder des Ehegatten), Schwiegereltern, Schwiegerkinder (Schwiegersohn/Schwiegertochter), Schwiegerenkel (Ehegatten der Enkelkinder), Großeltern des Ehegatten, Stiefgroßeltern, Schwager und Schwägerin (§ 1590 BGB). Nicht zu den Verwandten oder Verschwägerten ist der Lebensgefährte des Versicherten zu zählen, da eine familienrechtliche Gleichstellung bislang nicht besteht. Die Krankenkasse kann jedoch bei verwandten und verschwägerten Ersatzkräften bis zum 2. Grad die notwendigen Fahrtkosten und den Verdienstausfall nach satzungsmäßigem Ermessen erstatten, wenn diese Kosten in einem angemessenen Verhältnis zu den sonst für eine Ersatzkraft...