2.3.1 Anspruchsberechtigte
Rz. 19
Die stationäre Krankenhausbehandlung ist eine spezifische Form der Krankenbehandlung i. S. d. § 27 Abs. 1, auf die als Leistung der Krankenversicherung gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 4 nur Versicherte einen Anspruch haben. Dies greift § 39 Abs. 1 Satz 2 auf, der diesen Rechtsanspruch der Versicherten auf stationäre Krankenhausbehandlung nochmals beschreibt. Gemäß § 11 Abs. 3 Satz 1 umfasst der Anspruch der Versicherten bei stationärer Behandlung auch die aus medizinischen Gründen notwendige Mitnahme einer Begleitperson oder bei stationärer Behandlung in einem Krankenhaus nach § 108 oder eine Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung nach § 107 Abs. 2 die Mitaufnahme einer Pflegekraft. Anspruchsinhaber ist allein der Versicherte (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 14.3.2018, L 1 KR 339/17). Einen eigenen Anspruch auf stationäre Behandlung haben gemäß § 27 Abs. 1a Spender von Organen oder Gewebe oder von Blut zur Separation von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen. Eine Versicherte hat zudem gemäß § 24f Satz 3 bei stationärer Entbindung in einem Krankenhaus oder in einer anderen stationären Einrichtung für sich und das Neugeborene Anspruch auf Unterkunft, Pflege und Verpflegung.
2.3.2 Erforderlichkeit der stationären Behandlung
Rz. 20
Der Anspruch auf vollstationäre Krankenhausbehandlung als medizinische Versorgung mit den spezifischen Mitteln eines Krankenhauses (vgl. BSG v. 12.11.1985, 3 RK 33/84) setzt voraus, dass diese erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung erreicht werden kann (Abs. 1 Satz 2; BSG, Urteil v. 19.4.2016, B 1 KR 21/15 R). Die vollstationäre Krankenhausbehandlung ist damit nachrangig gegenüber allen anderen Arten der Krankenbehandlung. Dieser Nachrang trägt deren Bedeutung als medizinisch intensivster und aufwendigster Form der Krankenbehandlung Rechnung und stellt eine besondere Ausprägung des Wirtschaftlichkeitsgebotes nach § 12 Abs. 1 dar (BSG, Urteil v. 13.12.2016, B 1 KR 1/16 R; vgl. ferner auch die Richtlinie über die Verordnung von Krankenhausbehandlung, g-ba.de). Versicherungsfall i. S. d. § 39, der einen Rechtsanspruch auf die zu erbringende Sachleistung auslöst, ist die Krankheit. Krankheit i. S. d. gesetzlichen Krankenversicherung ist ein regelwidriger Körper-, Geistes- oder Seelenzustand, der Heilbehandlung notwendig macht und/oder Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat. Obwohl § 39 im Gegensatz zu § 184 Abs. 1 RVO nicht ausdrücklich erwähnt, dass Krankenhausbehandlung auch erforderlich werden kann, um eine Krankheit zu erkennen, ist Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit zu bejahen, wenn nur so die genaue Erkennung der Krankheit etwa durch Diagnosestellung mit den Mitteln des Krankenhauses und/oder Verlaufsbeobachtung möglich ist.
Rz. 21
Die Frage nach der Erforderlichkeit der Krankenhausaufnahme beantwortet sich allein aus der medizinischen Notwendigkeit zum Erreichender im Gesetz genannten Behandlungsziele der Krankenhausbehandlung. Sie setzt damit zunächst Behandlungsbedürftigkeit voraus, die zu bejahen ist, wenn die zielgerichtete Behandlung der bestehenden Krankheit möglich ist und im Einzelfall eine gewisse Aussicht auf Erreichung mindestens eines der Behandlungsziele des § 27 Abs. 1 Satz 1 besteht. Lässt sich das Behandlungsziel nicht erreichen oder ist es durch die Krankenhausbehandlung erreicht worden, entfällt die Erforderlichkeit (BSG, GS, Beschluss v. 25.9.2007, GS 1/06). Eine Krankenhausbehandlung ist somit dann erforderlich, wenn eine Heilung oder Besserung des Leidens mit der Folge einer voraussehbaren Entlassung aus dem Krankenhaus zu erwarten ist, und dafür die besonderen Mittel des Krankenhauses erforderlich sind (BSG, Urteil v. 4.4.2006, B 1 KR 32/04 R; Urteil v. 13.5.2004, B 3 KR 18/03 R). Besondere Mittel in diesem Sinne sind eine apparative Mindestausstattung, geschultes Pflegepersonal sowie ein jederzeit rufbereiter Arzt (std. Rspr., vgl. nur BSG, Urteil v. 19.11.2019, B 1 KR 13/19 R, m. w. N.). Immer ist zu prüfen, ob notwendige ärztliche Maßnahmen wie Medikation, deren Überwachung und Anpassung nicht auch durch begleitende ambulante ärztliche Betreuung bei einer anderweitigen, die Grundpflege erbringenden Unterbringung sichergestellt werden können. Die gelegentliche Hinzuziehung eines Notfallarztes oder eine kurzfristige Krankenhauseinweisung stehen dem nicht entgegen. Selbst ständig erforderliche Betreuung durch psychiatrisch geschultes Personal bedeutet allein noch keine Krankenhauspflegebedürftigkeit und kann auch bei anderweitiger Unterbringung gewährleistet sein.
Gemäß § 39 Abs. 1 Satz 2 ist die Notwendigkeit (Erforderlichkeit) der vollstationären Krankenhausbehandlung vom Krankenhaus eigenverantwortlich zu prüfen (dazu näher unter 2.4).
Rz. 22
Die medizinische Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung ist in einigen Fallgestaltungen nicht gegeben, selbst wenn der relevante Zustand auf eine Krankheit zurückzuführen ist (vgl. zum Folgenden BSG, Urteil v. 16.2.2005, B 1 KR 18/03 R):
- Nicht ausreichend ist der Zweck, einem Zustan...