Rz. 156

Die Krankenversicherungspflicht von Studenten (KVdS) war durch das Gesetz über die Krankenversicherung der Studenten v. 24.6.1975 (BGBl. I. S. 1536) angeordnet und in die allgemeine Krankenversicherung übernommen worden (§ 165 Abs. 1 Nr. 5 RVO). Begründet wurde die Einbeziehung in die allgemeine Krankenversicherung mit der Schutzbedürftigkeit der Studenten (BT-Drs. 7/2993 S. 8). Die Übernahme dieses Personenkreises in das SGB V erfolgte in der bis zum 31.12.2020 geltenden Fassung mit Einschränkungen durch die zeitliche Begrenzung auf das 30. Lebensjahr bzw. das 14. Fachsemester, andererseits aber auch mit der Ausweitung, als abweichend von § 3 Nr. 2 SGB IV ein inländischer Wohnsitz oder ständiger Aufenthalt im Inland nicht mehr erforderlich ist. Der Gesetzentwurf (BT-Drs. 11/2237 S. 139) begründet die Begrenzung der KVdS damit, dass damit Missbräuche vermieden werden sollen und zugleich auch der Tendenz zur Verlängerung des Studiums entgegengewirkt werden solle. Als Übergangsregelung dazu bestimmte Art. 56 Abs. 6 GRG, dass die Krankenversicherung noch bis 31.3.1989 für die Studenten fortbesteht, die die Voraussetzungen der KVdS zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Regelung am 1.1.1989 nicht mehr erfüllten. Obwohl gegen die Beschränkung der Mitgliedschaft in der KVdS auf das 14. Fachsemester keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestanden, hat der Gesetzgeber diese Grenze mit dem MDK-Reformgesetz zum 1.1.2020 aufgehoben. Durch die Streichung soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die Krankenkassen vor dem Hintergrund der europaweiten Harmonisierung von Studiengängen und –abschlüssen aufgrund des Bologna-Prozesses bei der Zählung der Fachsemester zunehmend Schwierigkeiten haben, eine einheitliche Rechtsanwendung zu gewährleisten.

 

Rz. 157

Die Versicherungspflicht von Studenten ist von der Immatrikulation an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule und danach von der jeweiligen Rückmeldung abhängig. Diese hochschulrechtliche formale Einschreibung als Student für einen bestimmten Studiengang ist notwendige Voraussetzung für die Krankenversicherungspflicht. Die Versicherungspflicht beginnt erst mit dem Tag der tatsächlichen Einschreibung (Immatrikulation) an der Hochschule. Die hochschulrechtliche Rückwirkung einer Einschreibung auf den Semesterbeginn ist für die Krankenversicherungspflicht nicht maßgebend (BSG, Urteil v. 17.10.1986, 12 RK 36/85). Die Immatrikulation wird durch die Exmatrikulation aufgehoben, sodass mit der Exmatrikulation auch der Status "Student" als Tatbestandsmerkmal der Krankenversicherungspflicht entfällt. (Zum Ende der Mitgliedschaft in diesen Fällen vgl. Komm. zu § 190.) Wird die Immatrikulation rückwirkend aufgehoben, entfällt auch rückwirkend der Studentenstatus und die darauf beruhende Krankenversicherungspflicht.

 

Rz. 158

Der Student muss an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule im Inland immatrikuliert sein. Der Begriff der Hochschule umfasst neben den (technischen, pädagogischen, landwirtschaftlichen, Kunst-, Sport- oder Musik-)Hochschulen auch die Universitäten oder Forschungshochschulen. Soweit diese nicht staatlich sind, bedarf es deren (staatlicher) Anerkennung als Hochschule oder Universität, die sich nach dem jeweiligen Landesrecht richtet und von den Ländern erteilt wird. Aus dem Erfordernis der staatlichen Anerkennung als Hochschule folgt, dass privatrechtlich organisierte Bildungseinrichtungen, auch wenn sie sich als Berufs- oder Studienakademie und die Auszubildenden als "Studenten" bezeichnen, die KVdS nicht begründen können. Dies gilt selbst dann, wenn die an dieser Einrichtung abgeschlossene Ausbildung als solche im Berufsleben anerkannt wird und als Ausbildung im weitesten Sinn angesehen wird.

 

Rz. 159

Für an einer inländischen Hochschule immatrikulierte Studenten ist abweichend von der Grundregelung des § 3 Nr. 2 SGB IV ein inländischer Wohnsitz oder ständiger Aufenthalt im Inland nicht erforderlich, sodass auch Grenzgänger-Studenten der Krankenversicherungspflicht unterliegen (vgl. BSG, Beschluss v. 26.8.2008, B 12 KR 22/08 B). KVdS besteht wegen der Nachrangigkeit jedoch dann nicht, wenn nach über- oder zwischenstaatlichem Recht ein Sachleistungsanspruch gegenüber einem anderen Sozialversicherungsträger besteht. Solche Ansprüche können sich aus dem Wohnortrecht des Studenten ergeben, das nach Abkommensrecht oder der VO EG 883/2004 (vormals EWG-VO 1408/71) zu einem Anspruch auf Sachleistungsaushilfe im Inland führt. Die VO EG 883/2004 selbst enthält für Studenten allerdings keine Zuständigkeitsabgrenzung für das anzuwendende Recht.

 

Rz. 160

Die Immatrikulation an sich begründet zwar den Status als Student und ist notwendige Voraussetzung für die Versicherungspflicht, ist jedoch für die KVdS allein nicht entscheidend. Zusätzlich muss hinzukommen, dass die Einschreibung in einem bestimmten, auf einen wissenschaftlichen Abschluss hinführenden Studiengang erfolgt. Nicht in einem bestimmten Studiengang befinden sich Gasthörer, Te...

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