Rz. 5
Abs. 2 bestimmt, dass der MDK die Pflegebedürftigkeit des Versicherten i.d.R. in dessen häuslicher Umgebung zu prüfen hat. Dies schließt aber nicht aus, dass ein Versicherter, der sich noch im Krankenhaus oder einer stationären Rehabilitationseinrichtung befindet, bereits dort untersucht werden kann. Die Einbeziehung des häuslichen Umfeldes in die Prüfung kann dann im Nachhinein vorgenommen werden, ggf. auch durch eine Pflegefachkraft oder einen Sozialarbeiter. Ausnahmsweise kann die Untersuchung im Wohnbereich des Pflegebedürftigen unterbleiben, wenn
- aufgrund einer eindeutigen Aktenlage das Ergebnis der medizinischen Untersuchung bereits feststeht,
- die Anspruchsvoraussetzungen auch ohne eine Begutachtung von vornherein wegen fehlender Vorversicherungszeit (§ 33) verneint werden müssen.
Rz. 6
Der MDK hat bei der Prüfung auch die Möglichkeit einer Rehabilitation mit einzubeziehen und abzuschätzen, in welchem Umfang Maßnahmen zur Beseitigung, Minderung oder Verhütung einer Verschlimmerung der Pflegebedürftigkeit notwendig und zumutbar sind.
Rz. 7
Die Pflegekassen senden, nachdem sie die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen geprüft haben, den Antrag auf Anerkennung der Pflegebedürftigkeit der zuständigen MDK-Untersuchungsstelle zu. Die weitere Bearbeitung hängt im Wesentlichen davon ab, ob die Unterlagen vollständig sind. Das ärztliche Attest sowie alle für die Beurteilung notwendigen Unterlagen sollten immer dem Prüfungsauftrag beigefügt sein. Der MDK benötigt von der Pflegekasse alle Daten, Diagnosen, stationären Behandlungszeiten, Heil- und Hilfsmittelverordnungen sowie Angaben über erbrachte Leistungen im Rahmen häuslicher Krankenpflege (§ 37 SGB V).
Rz. 8
Wenn auch der Versicherte nach Abs. 2 verpflichtet wird, sein Einverständnis zu der Untersuchung in seinem Wohnbereich zu geben, sollte davon ausgegangen werden, dass zwischen den Beteiligten immer ein Besuchstermin vereinbart wird.
Das Ergebnis der Prüfung der Pflegebedürftigkeit durch den MDK ist für den Versicherten, insbesondere für seine wirtschaftliche Situation sowie für die Pflegekasse hinsichtlich ihrer Entscheidung bei der Zuordnung zu einer Pflegestufe, von großer Bedeutung. Andererseits ist die Begutachtung ein komplexer Vorgang.
Die mit Wirkung zum 1.7.2001 durch das SGB IX eingefügte Änderung des Abs. 1 Satz 2, wonach die Prüfung durch eine Befragung des Versicherten und seiner pflegenden Angehörigen zum Hilfebedarf bei den regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens zu erfolgen hatte, wurde durch das PQsG zum 1.1.2002 gestrichen und durch den eingefügten Satz 2 in Abs. 4 ersetzt. Die Befragung als sinnvoller und unerlässlicher Pflichtbestandteil der Begutachtung wurde einer schwächeren Sollvorschrift preisgegeben, die einer gewissenhaften Begutachtung mangels einer Einverständniserklärung des Versicherten durchaus im Wege stehen kann. Darüber hinaus erfährt hierdurch der den Behörden (Pflegekassen) durch § 20 SGB X auferlegte Untersuchungsgrundsatz insoweit eine systemwidrige Einschränkung, als die Pflegekassen sich bei Weigerung des Versicherten nicht aller Beweismittel (§ 21 SGB X) bedienen können.
Rz. 9
Zu Beginn der Untersuchung wird eine ausführliche Anamnese mit Schwerpunkt zu dem im Vordergrund stehenden Leiden erhoben. Schon bei Erhebung der Krankheitsvorgeschichte und dem Erfragen der Beschwerden kann oft festgestellt werden, ob die zu pflegende Person orientiert ist, ob das Kurzzeitgedächtnis gestört oder erhalten ist und das Langzeitgedächtnis noch funktioniert. Eine bis ins Detail gehende Untersuchung ist nicht immer erforderlich. Deren Notwendigkeit muss im Einzelfall vom untersuchenden Arzt festgestellt werden.
Rz. 10
Anhand eines Fragebogens geht der untersuchende Arzt auf die einzelnen Leistungsdefizite im Bereich der Extremitäten, der Mobilität, Motorik, der Hygiene und Ernährung näher ein. Der MDK hat auch darauf zu achten, ob die Versorgung ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich ist. Daher muss er immer in die Überlegungen mit einbeziehen, ob die Situation des Pflegebedürftigen durch rehabilitative Maßnahmen oder Heil- und Hilfsmittel, Krankengymnastik, Roll- und Toilettenstuhl, Badewannenlifter usw. die Pflegesituation verbessert, die Pflege erleichtert oder Leistungsdefizite ausgeglichen werden können. Anhand der Leistungsdefizite muss begründet werden, warum Pflegebedürftigkeit anzunehmen ist und wie der zukünftige Gesundheitszustand prognostiziert wird. Liegt keine Pflegebedürftigkeit vor, sollte in dem Gutachten aufgeführt werden, welche betreuenden Maßnahmen ausreichend sind.
Im Interesse schneller Entscheidungen und damit die Pflege zeitnah geplant und organisiert werden kann, wird den Pflegekassen für ihre Entscheidung über die Pflegebedürftigkeit eine Frist von 5 Wochen vom Antragseingang bei der Pflegekasse bis zur Bekanntgabe des Leistungsbescheids gesetzt. Die Einhaltung dieser Frist obliegt den Pflegekassen.
Rz. 10a
Die durch das Pflege-Weiterentwicklungsgesetz zum 1.7.2008 in Abs. 3 ...