Rz. 3
Die Regelungen des Abs. 1 stellen allgemeine, bei der Bewilligung jeder Leistung zu beachtende Anspruchsvoraussetzungen auf.
Ebenso wie § 12 SGB V für das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung ist § 29 SGB XI damit für den Bereich der Pflegeversicherung eine der zentralen Rechtsvorschriften überhaupt.
Seiner Funktion nach dient das Gebot der Wirksamkeit und der Wirtschaftlichkeit, verbunden mit dem Verbot der Überschreitung des Maßes des Notwendigen der Optimierung der Bewilligungspraxis und damit auch der Harmonisierung von Einnahmen und Ausgaben, Beiträgen und Leistungen.
Ohne Belang für die Anwendbarkeit von § 29 ist die Art der Leistung, insbesondere auch die Frage, ob es sich um eine Sach-/Dienstleistung handelt oder – ausnahmsweise – Kostenerstattung begehrt wird. Das Wirtschaftlichkeitsgebot gilt hier wie dort.
§ 29 kann den Anwendungsbereich von Vorschriften, die bestimmte Pflegeleistungen vorsehen, beschränken. So folgert das BSG bei Wohnungssicherungsmaßnahmen aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot, dass sich der Leistungsinhalt nicht stets und vollständig nach den individuellen Bedürfnissen und Lebensgewohnheiten des Pflegebedürftigen bestimme, sondern maßgebend allein ein üblicher und durchschnittlicher Lebensstandard sein könne (BSG, Urteil v. 3.11.1999, B 3 P 3/99 R, SozR 3-3300 § 40 Nr. 1; Urteil v. 26.4.2001, B 3 P 24/00 R, SozR 3-3300 § 40 Nr. 5). Insgesamt gibt es in der Rechtsprechung eine Tendenz, gerade bei Leistungen nach § 40 eine Verknüpfung zu § 29 herzustellen (vgl. zuletzt etwa LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 15.12.2008, L 27 B 127/08 PER, und LSG Saarland, Urteil v. 9.6.2010, L 2 P 1/09).
Vielen Vorschriften des Rechts der sozialen Pflegeversicherung indes ist ein eigener Tatbestand der Erforderlichkeit unmittelbar immanent (vgl. insbesondere das Merkmal des "Bedürfens" in § 14). In solchen Fällen bedarf es des Rückgriffs auf die allgemeine Vorschrift des § 29 nicht (anders im Ergebnis LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 16. 1.2002, L 16 P 14/01).
Rz. 4
Das Wirtschaftlichkeitsgebot wendet sich, wie Abs. 1 Satz 2 ausdrücklich zu entnehmen ist, nicht nur an die Pflegebedürftigen als Anspruchsteller und die Pflegekassen als die für die Leistungsbewilligung zuständigen Einrichtungen, sondern auch an die Leistungserbringer.
Der Gesetzgeber hat sich damit wie auch in § 12 SGB V für die Herstellung einer Einheit aus Leistungsrecht und Leistungserbringerrecht entschieden.
Die Pflegekassen haben nach § 70 in den Verträgen mit den Leistungserbringern sicherzustellen, dass die Leistungsausgaben die Beitragseinnahmen nicht überschreiten.