0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
§ 37 SGB XI trat durch das Pflege-Versicherungsgesetz (PflegeVG) v. 26.4.1994 (BGBl. I S. 1014) zum 1.1.1995 (Leistungsbeginn 1.4.1995) in Kraft und wurde durch das 1. SGB XI-ÄndG v. 25.6.1996, in Kraft ab 1.7.1996, geändert. Mit dem 4. SGB XI-ÄndG v. 21.6.1999 (BGBl. I S. 1656) wurde mit Abs. 2 Satz 2 die Regelung für den Sterbemonat angefügt und mit Abs. 3 Satz 3 die Kostenübernahme für den Pflege-Beratungsbesuch geändert. Das Pflegeleistungs-Ergänzungsgesetz (PflEG) v. 14.12.2001 (BGBl. I S. 3728), in Kraft seit 1.1.2002, veränderte den Abs. 3 inhaltlich und fügte Abs. 4 bis 6 hinzu.
Mit Wirkung zum 1.7.2008 wurde durch das Gesetz zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung (Pflege-Weiterentwicklungsgesetz) v. 28.5.2008 (BGBl. I S. 874) die Leistungsbeträge in Abs. 1 erhöht, mit Abs. 2 Satz 3 die Möglichkeit der Rücküberweisung des Pflegegeldes durch die Geldinstitute bei Tod des Pflegebedürftigen sowie mit Abs. 3 Satz 6 und 7 die Regelung des Beratungsbesuches für Personen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz angefügt, die Abs. 4 und 5 angepasst sowie die Abs. 7 und 8 mit den Regelungen von Beratungsstellen und Pflegeberater/innen neu angefügt.
Durch das Pflege-Neuausrichtungsgesetz (PNG) v. 23.10.2012 (BGBl. I 2246) wurden mit Wirkung zum 30.10.2012 mit Abs. 2 Satz 2 die hälftige Weiterzahlung des Pflegegeldes eingefügt. Die Leistungsbeträge wurden durch das Erste Gesetz zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften (Erstes Pflegestärkungsgesetz – PSG I) v. 17.12.2014 (BGBl. I S. 2222) zum 1.1.2015 erhöht.
Das Zweite Gesetz zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften (Zweites Pflegestärkungsgesetz – PSG II) v. 21.12.2015 (BGBl. I S. 2424) änderte zum 1.1.2016 Abs. 2 Satz 2 und passte die Dauer der hälftigen Weiterzahlung des Pflegegeldes dem Leistungsanspruch der Kurzzeitpflege und Ersatz- bzw. Verhinderungspflege an; mit dem neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff und der Einführung der 5 Pflegegrade zum 1.1.2017 traten notwendige Folgeänderungen in Kraft.
1 Allgemeines
Rz. 2
Der Pflegebedürftige hat bei Vorliegen der Voraussetzungen einen Anspruch auf die Dienst-, Sach- und Geldleistungen nach dem SGB XI. Welche Leistungen jeweils zum Einsatz kommen, hängt zum einen vom Ausmaß der Pflegebedürftigkeit und zum anderen von dem ausgeübten Wahlrecht des Pflegebedürftigen ab. Im Rahmen der Leistungsauswahl steht dem Pflegebedürftigen häusliche, teilstationäre oder vollstationäre Pflege zur Verfügung, wobei der häuslichen Pflege ein genereller Vorrang eingeräumt wird (§ 3). Der Pflegebedürftige kann wiederum zur Sicherstellung der häuslichen Pflege wahlweise die Pflegesachleistung (§ 36) oder die Geldleistung (Sachleistungssurrogat) in Anspruch nehmen. Macht er von der "Geldleistung" (§ 37) Gebrauch, so hat er seine Pflege und Versorgung in geeigneter Weise selbst sicherzustellen. Unter Beachtung der Kombinationsleistung (§ 38) entscheidet sich der größte Teil der Pflegebedürftigen in der Praxis für die Geldleistung (Pflegegeld). Mit dem Pflegegeld soll der Pflegebedürftige in die Lage versetzt werden, den Angehörigen oder sonstigen Pflegepersonen eine materielle Anerkennung für den zur Sicherstellung der häuslichen Pflege erbrachten Einsatz zukommen lassen zu können.
Der Pflegegeldanspruch ist aber auch dann gegeben, wenn die Pflege von einer erwerbsmäßigen Pflegekraft erbracht wird. Entscheidend ist allein, dass der Pflegebedürftige die erforderlichen körperbezogenen Pflegemaßnahmen und pflegerischen Betreuungsmaßnahmen sowie Hilfen bei der Haushaltsführung (bis 31.12.2016 Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung) in geeigneter Weise sicherstellt.
Allerdings haben Pflegebedürftige, die Pflegegeld nach Abs. 1 beziehen, regelmäßig Beratungseinsätze von Vertrags-Pflegeeinrichtungen, Pflegefachkräften oder anerkannten Beratungsstellen abzurufen, die neben der Qualitätssicherung der häuslichen Pflege der Hilfestellung und pflegefachlichen Beratung der häuslich Pflegenden dient.
2 Rechtspraxis
2.1 Antragsrecht und Voraussetzungen
Rz. 3
Der Pflegebedürftige hat ein weitgehendes Wahlrecht bezüglich der Inanspruchnahme von Pflegeversicherungsleistungen. Eines seiner Wahlrechte versetzt ihn in die Lage, anstelle der häuslichen Pflegehilfe ein Pflegegeld zu beantragen. Antragsformulare hält die zuständige Pflegekasse bereit. Für den Fall, dass es sich um einen sog. Erstantrag handelt, veranlasst sie zunächst das Feststellungsverfahren über den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) zur Klärung der Pflegebedürftigkeit bzw. des Pflegegrades (bis 31.12.2016 Pflegestufe; § 18).
Rz. 4
Nach dem Gesetzeswortlaut hat die zuständige Pflegekasse zunächst eine antragsgemäße Prüfung der Leistungsvoraussetzungen vorzunehmen, alsdann im Rahmen des Verwaltungsverfahrens gemäß SGB X den Verwaltungsakt zu erlassen. Neben den weiteren und nachfolgend beschriebenen Voraussetzungen schließt die Anspruchsprüfung der Pflegekasse auch die Regelungen des § 33 ein. Sofern die hier im weiteren Verlauf n...