Bei Tendenzbetrieben sind die Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats insoweit eingeschränkt, als durch die Ausübung des Beteiligungsrechts die geistig-ideelle Zielsetzung des Unternehmens ernstlich beeinträchtigt werden kann.
Das bedeutet:
3.1 Einschränkung der Beteiligung des Betriebsrats in personellen Angelegenheiten
Die Einschränkung der Beteiligung des Betriebsrats greift bei tendenzbezogenen Maßnahmen gegenüber Tendenzträgern. Tendenzträger sind die Arbeitnehmer, für deren Tätigkeit die Bestimmungen und Zwecke des Tendenzunternehmens prägend sind. Die Tendenzträger müssen auf die Tendenzverwirklichung einen maßgeblichen Einfluss nehmen können.
Tendenzbezogen sind alle Maßnahmen, die unmittelbar der Verwirklichung der geistig-ideellen Aufgabe dienen und nicht nur dem äußeren Funktionieren des Betriebs. So besteht z. B. kein Mitbestimmungsrecht bei der Einstellung oder Versetzung eines Redakteurs in einem Zeitschriftenverlag oder bei einem Lehrer in einer Schule (z. B. Lehrkräfte, die in einem Berufsförderungswerk beschäftigt werden). Allerdings "schließt der Tendenzschutz des BetrVG zugunsten erzieherischer und karitativer Ziele nicht aus, dass dem Betriebsrat durch Tarifvertrag ein Beteiligungsrecht bei der Einstellung von Tendenzträgern eingeräumt wird". Hingegen bleiben die Informations-, Anhörungs- und Beratungsrechte des Betriebsrats grundsätzlich bestehen.
Bei einer Einstellung oder einer Versetzung ist also dem Betriebsrat Mitteilung über die einzustellende Person, den Einstellungstermin, den Arbeitsplatz, die Eingruppierung und die Auswirkung auf das Betriebsgeschehen zu machen. Der Betriebsrat kann dann innerhalb einer Woche schriftlich Bedenken erheben, mit denen sich der Arbeitgeber sachlich auseinandersetzen muss. Weitergehende Beteiligungsrechte stehen dem Betriebsrat aber nicht zu. Zu den Tendenzträgern zählen nicht z. B. Krankenschwestern und Pflegepersonal in einem Krankenhaus oder in einer Dialysestation.
Entsteht ein Streit über die Frage, ob die personelle Maßnahme der Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegt, muss der Arbeitgeber kein Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG einleiten. Er kann vielmehr die personelle Maßnahme durchführen, hat aber das Risiko, dass ihm vom Arbeitsgericht auf Antrag des Betriebsrats nach § 101 BetrVG aufgegeben wird, die Maßnahme wieder aufzuheben, wenn kein Tendenzschutz vorliegt.
Bei einer Kündigung findet auch in Tendenzbetrieben grundsätzlich der allgemeine und besondere Kündigungsschutz Anwendung. Allerdings besteht insofern eine Besonderheit, als eine ordentliche wie – je nach den Umständen des Einzelfalls – eine außerordentliche Kündigung gerechtfertigt sein kann, wenn ein Tendenzträger nachhaltig der Tendenz des Betriebs zuwiderhandelt. Vor einer Kündigung eines Tendenzträgers sind dem Betriebsrat die Kündigungsgründe nach § 102 BetrVG mitzuteilen. Andernfalls ist die Kündigung unwirksam. Die Einwendungen des Betriebsrats müssen sich jedoch auf soziale Gründe beschränken. Einwendungen, die sich auf tendenzbezogene Kündigungsgründe beziehen, sind unbeachtlich. Ein derart tendenzbezogener Kündigungsgrund kann z. B. vorliegen, wenn ein in einem katholischen Krankenhaus angestellter Arzt entgegen der religiös motivierten Zielsetzung des Krankenhauses einen Schwangerschaftsabbruch vornimmt oder ein Redakteur einer gewerkschaftseigenen Zeitschrift einen Artikel mit gewerkschaftsfeindlichem Inhalt verfasst.
Einblick in die Bruttolohn- und -gehaltslisten kann der Betriebsrat in einem Tendenzunternehmen verlangen, das gilt auch hinsichtlich der Tendenzträger.
Eine innerbetriebliche Ausschreibung von Arbeitsplätzen nach § 93 BetrVG kann der Betriebsrat auch bei einem Tendenzträger verlangen.
Das Mitbestimmungsrecht im Hinblick auf die Eingruppierung ist nicht eingeschränkt.
3.2 Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten
Im Rahmen der Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten sowie bei der Gestaltung des Arbeitsplatzes und des Arbeitsablaufs wird eine Einschränkung der Mitbestimmungsrechte i. d. R. nicht erforderlich sein.
So besteht z. B. ein volles Mitbestimmungsrecht in einer Privatschule bei der Festlegung der Höchstgrenzen für Vertretungsstunden gegenüber vollzeitbeschäftigten Lehrern. Andererseits ist mitbestimmungsfrei die Entscheidung des Schulträgers einer Privatschule, im Rahmen eines Ganztagsschulbetriebs Lehrer an den Nachmittagen zu Unterrichts- und Betreuungsstunden heranzuziehen. Des Weiteren ist auch die Änderung von Dienstplänen für Pflegekräfte in karitativen Einrichtungen mitbestimmungsfrei, sofern die Dienstplaneinteilung für die Verwirklichung der karitativen Einrichtung prägend ist. Auch hinsichtlich der Frage des geteilten Dienstes für die im pädagogisch-pflegerischen Bereich eines Behindertenwohnheims eingesetzten Arbeitnehmer besteht kein Mitbestimmungsrecht.