Entscheidungsstichwort (Thema)
Verlängerung der Arbeitszeit einer Lehrkraft
Leitsatz (amtlich)
1. Voraussetzung für die Verlängerung der Arbeitszeit nach § 9 TzBfG ist das Vorliegen eines entsprechenden freien Arbeitsplatzes. An diesem Tatbestandsmerkmal fehlt es, wenn der Arbeitgeber einen ursprünglich freien Arbeitsplatz mit einem anderen Arbeitnehmer besetzt. Dem teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer bleibt die Möglichkeit, Schadensersatzansprüche geltend zu machen.
2. Entsprechend der für die Konkurrentenklage entwickelten Grundsätze kann sich der Anspruch auf Verlängerung der Arbeitszeit auch aus dem Wiederherstellungsanspruch ergeben, sofern eine Rechtsschutzvereitelung vorliegt.
Normenkette
TzBfG § 9
Verfahrensgang
ArbG Erfurt (Urteil vom 20.08.2010; Aktenzeichen 8 Ca 2085/09) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Erfurt vom 20. August 2010 – 8 Ca 2085/09 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Verpflichtung des Beklagten, die Arbeitszeit der Klägerin ab dem Schuljahr 2009/2010 zu erhöhen.
Die 1953 geborene Klägerin ist Diplomlehrerin für Russisch und Kunsterziehung. Sie erlangte im Rahmen einer Nachqualifizierung die Lehrbefähigung für das Lehramt an Regelschulen in Englisch. Das Thüringer Kultusministerium, Landesprüfungsamt für Lehrämter, erteilte der Klägerin mit Urkunde vom 19. November 1993 (Bl. 56 a d. A.) die Unterrichtserlaubnis im Fach Englisch an Gymnasien im Land Thüringen.
Die Klägerin unterrichtet an der Gesamtschule E. Englisch und Kunst in den Klassen 5 bis 8. Sie erhält eine monatliche Bruttovergütung von 2.535,46 EUR.
Die Klägerin war vollzeitbeschäftigt mit 26 Unterrichtswochenstunden. Die Parteien schlossen am 1. April 1999 einen Änderungsvertrag (Bl. 7 f. d. A.) nach dem Floating-Modell zur Reduzierung der Arbeitszeit vom 1. August 1999 bis 31. Juli 2014. Die Arbeitszeit beträgt vom 1. August 2008 bis 31. Juli 2012 70 % und vom 1. August 2012 bis 31. Juli 2014 80 % der durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit einer entsprechenden vollzeitbeschäftigten Angestellten.
Die Klägerin beantragte mit Schreiben vom 29. Februar 2008 (Bl. 9 d. A.) die Erhöhung ihrer Arbeitszeit auf 100 % ab dem Schuljahr 2008/2009. Sie machte mit Schreiben vom 27. Juli 2009 (Bl. 10 d. A.), dem Beklagten am 29. Juli 2009 zugegangen, und mit Schreiben vom 3. August 2009 (Bl. 12 d. A.), dem Beklagten am 5. August 2009 zugegangen, mit sofortiger Wirkung eine Vollzeitbeschäftigung geltend.
Die Beklagte wies den Antrag mit Schreiben vom 26. Oktober 2009 (Bl. 14 d. A.) zurück.
Die Beklagte stellte an der Gesamtschule E. zum Schuljahr 2009/2010 die Beamtin H. als Lehrerin ein. Darüber hinaus wurde die verbeamtete Lehrerin U. mit Verfügung vom 31. Juli 2009 (Bl. 168 d. A.) gem. § 30 ThürBG mit Wirkung vom 1. August 2009 von der Dienststelle Staatliches Angergymnasium J. an die Dienststelle Staatliche Integrierte Gesamtschule E. versetzt. Frau U. ist vollzeitbeschäftigt mit zwei Abminderungsstunden. Sie unterrichtete sechs Stunden pro Woche Englisch in Klasse 13 an der Gesamtschule E.. Sie wurde für 12 Wochenstunden Englischunterricht an die Staatliche Grundschule 22 E. und sechs Wochenstunden Englischunterricht an die Staatliche Grundschule St. abgeordnet.
Die Klägerin hat mit der am 20. November 2009 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage die Aufstockung der Arbeitszeit auf 26 Unterrichtswochenstunden ab dem Schuljahr 2009/2010 geltend gemacht. Wegen des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien und der gestellten Anträge wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung (Bl. 62 ff. d. A.) Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage mit der Begründung, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Verlängerung ihrer vertraglich vereinbarten Arbeitszeit nach § 9 TzBfG, abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin könne sich nicht auf Frau H. stützen. Es fehle insofern an einem entsprechenden Arbeitsplatz, da Frau H. für das Fach Latein eingestellt worden sei. Frau U. habe ebenfalls keinen freien Arbeitsplatz besetzt, da es sich um eine Versetzung handele. Überdies unterrichte sie nur sechs Stunden an der Dienststelle der Klägerin. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils (Bl. 65 ff. d. A.) verwiesen.
Gegen das ihr am 13. September 2010 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 13. Oktober 2010 Berufung eingelegt und die Berufung am 13. Dezember 2010 begründet, nachdem die Berufungsbegründungsfrist auf den am 12. November 2010 eingegangenen Antrag bis zum 13. Dezember 2010 verlängert worden war.
Die Klägerin beruft sich zur Begründung ihres Anspruchs auf Erhöhung der Unterrichtsstunden, vor allem auf den Einsatz der Frau U.. Sie ist insbesondere der Auffassung, die sechs Unterrichtswochenstunden Englisch, die Frau U. an der Staatlichen Gesamtschule E. unterrichte, hätten ihr übertragen werden müssen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des ...