Rz. 5
Abweichend von § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB trägt der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast sowohl für die Pflichtverletzung als auch für das Vertretenmüssen des Arbeitnehmers. Ob und in welchem Umfang ein Schadensersatzanspruch besteht, wird nicht durch die Vorschrift geregelt, sondern beurteilt sich allein nach §§ 280 Abs. 1 i. V. m. 249 ff. BGB. Der Arbeitgeber hat daher die Tatsachen, aus denen sich das Verschulden des Arbeitnehmers ergeben soll, im Einzelfall darzulegen und zu beweisen. Lag das schädigende Ereignis näher am Arbeitnehmer als am Arbeitgeber, wird ihm dies vielfach schwerfallen. So etwa im Fall der Mankohaftung, bei dem ein dem Arbeitnehmer anvertrauter Warenbestand eine Fehlmenge aufweist bzw. sich in einer vom Arbeitnehmer geführten Kasse ein Fehlbetrag ergibt. Hier hat das BAG entschieden, dass es zunächst ausreicht, wenn der Arbeitgeber Tatsachen vorträgt, die auf ein haftungsbegründendes Verhalten des Arbeitnehmers hindeuten. Zu diesem Tatsachenvortrag muss sich der Arbeitnehmer substanziiert äußern und im Sinne einer abgestuften Darlegungslast diejenigen Tatsachen vortragen, die sein Verschulden ausschließen können. Unterlässt es der Arbeitnehmer, sich zu den konkreten Umständen des Schadensfalls zu erklären, können daraus entsprechende Schlüsse gezogen werden. Bleibt streitig, ob bestimmte Indiztatsachen vorliegen oder nicht, geht dies zulasten des Arbeitgebers. Gleiches gilt für eventuelle Unklarheiten nach Abschluss der Würdigung aller Indizien und ggf. der erhobenen Beweise. Bei der Beweisführung mittels Videoaufnahmen kommt ggf. ein Beweisverwertungsverbot in Betracht.
Rz. 6
Für den Arbeitgeber besteht darüber hinaus die Möglichkeit, sich auf den Beweis des ersten Anscheins zu berufen. Dieser setzt voraus, dass der Arbeitgeber einen typischen Geschehensablauf nachweisen kann, bei dem nach der Lebenserfahrung auf das Eintreten einer schuldhaften Schädigung geschlossen werden kann. Es müssen also Umstände vorliegen, die auf ein schuldhaftes Verhalten des Arbeitnehmers hindeuten. In diesem Fall obliegt es dem Arbeitnehmer, konkrete Tatsachen nachzuweisen, die den Schluss auf einen anderen als den erfahrungsgemäßen Ablauf zulassen.
Im Hinblick auf ein etwaiges Mitverschulden des Arbeitgebers gelangt § 619a BGB nicht zur Anwendung. Hier gelten die allgemeinen Beweislastregeln, sodass der Arbeitnehmer die Beweislast für ein Mitverschulden des Arbeitgebers zu tragen hat. |