Rz. 46
Seit dem 18.8.2006 ist das AGG zur Umsetzung europäischer Gleichbehandlungsrichtlinien in nationales Recht in Kraft. Nach § 1 AGG soll das Gesetz Benachteiligungen aus Gründen der Rasse, wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität verhindern oder beseitigen. Verboten ist nach § 7 Abs. 1 AGG insbesondere die Benachteiligung von Beschäftigten, d. h. Arbeitnehmern, Auszubildenden und arbeitnehmerähnlichen Personen i. S. d. § 6 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 AGG.
Rz. 47
Auf Initiative des Bundesrats hat der Gesetzgeber in § 2 Abs. 4 AGG klargestellt, dass für Kündigungen "ausschließlich die Bestimmungen zum allgemeinen und besonderen Kündigungsschutz" gelten. Der Wortlaut dieser Vorschrift legt nahe, dass es sich um einen Anwendungsausschluss handelt, sodass Verstöße gegen Benachteiligungsverbote nach dem AGG nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung führen können. Damit entfällt eine Kontrolle von Kündigungen nach Maßgabe des AGG selbst dann, wenn der betriebliche Geltungsbereich des KSchG nach § 23 Abs. 1 KSchG nicht eröffnet ist oder der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung noch nicht länger als 6 Monate beschäftigt war, vgl. § 1 Abs. 1 KSchG. Allerdings hat das BAG inzwischen entschieden, dass die Diskriminierungsverbote des AGG den Begriff der Sozialwidrigkeit konkretisieren und bei der Auslegung der unbestimmten Rechtsbegriffe des KSchG zu beachten sind.
Rz. 48
In der Literatur wurde vielfach vertreten, der umfassende Ausschluss der Kündigungskontrolle nach Maßgabe des AGG sei mit den europarechtlichen Vorgaben nicht vereinbar. Das BAG führte in seiner Entscheidung vom 6.11.2008 aus, dass Verstöße gegen die Diskriminierungsverbote des AGG nicht als eigene Unwirksamkeitsnormen angewendet werden sollten. § 2 Abs. 4 AGG legt das BAG nunmehr jedoch richtlinienkonform aus. Die Diskriminierungsverbote des AGG einschließlich möglicher Rechtfertigungsgründe sind im Rahmen der Sozialwidrigkeit der Kündigung zu prüfen.
Ordentliche Kündigungen außerhalb des Geltungsbereichs des KSchG werden nach Maßgabe der Rechtsprechung nicht von § 2 Abs. 4 AGG erfasst. Sie sind unmittelbar am Maßstab des AGG zu messen. Nach Auffassung des BAG ist eine ordentliche Kündigung, die einen Arbeitnehmer, auf den das KSchG keine Anwendung findet, aus einem der in § 1 AGG genannten Gründe diskriminiert, nach § 134 BGB i. V. m. § 7 Abs. 1, §§ 1, 3 Abs. 1 Satz 1 AGG unwirksam.
Rz. 49
Will der Arbeitnehmer eine Kündigung wegen einer Benachteiligung nach dem AGG angreifen, muss er die 3-Wochen-Frist einhalten.
§ 2 Abs. 4 AGG schließt auch Ansprüche des Arbeitnehmers auf eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG nicht aus, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer mit dem Ausspruch einer Kündigung benachteiligt. Wenn der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Entschädigung geltend machen will, sollte er seine Zahlungsklage vorsorglich mit einer Kündigungsschutzklage verbinden und beide Klagen innerhalb der 3-Wochen-Frist des § 4 Satz 1 KSchG erheben.