5.1 Systematik
Rz. 26
Welches Recht auf den Arbeitsvertrag des Arbeitnehmers anwendbar ist, beurteilt sich nach den Art. 3 ff., insbesondere 8 Rom I-VO. Damit ist zunächst wie bei jedem Vertrag entscheidend, ob sich die Parteien auf ein bestimmtes anwendbares Recht geeinigt haben, s. Art. 3 Rom I-VO (ehemals Art. 27 EGBGB).
Danach ist jedoch auch das anwendbare Recht nach objektiven Kriterien nach Art. 8 Abs. 2, 3 Rom I-VO (ehemals Art. 30 Abs. 2 EGBGB) zu bestimmen. Dieses objektive Recht ist maßgeblich, wenn eine Rechtswahl nicht vorliegt, und auch wenn sie erfolgt ist, ist es nach Art. 8 Rom I-VO (ehemals Art. 30 EGBGB) anwendbar, soweit die vertragliche Wahl des anwendbaren Rechts dem Arbeitnehmer den ihm ohne diese Wahl zustehenden zwingenden arbeitsrechtlichen Schutz nehmen würde. Es kann also zu Mischformen kommen. Das so bestimmte Arbeitsvertragsstatut wird damit nach Art. 9 Rom I-VO (ehemals Art. 34 EGBGB) ergänzt durch Regelungen, die international zwingend ohne Rücksicht auf das Arbeitsvertragsstatut sind, und nach Art. 12 Abs. 2 Rom I-VO (ehemals Art. 32 Abs. 2 EGBGB) durch eine Berücksichtigung des Ortsrechts bei der Vertragserfüllung.
Rz. 27
Das so ermittelte Arbeitsvertragsstatut ist grds. maßgeblich für die gesamten Beziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Dazu gehört auch die Vertragsanbahnung (Art. 10 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 Nrn. 1, 3 und 5 Rom I-VO; ehemals Art. 31 Abs. 1, Art. 32 Abs. 1 Nrn. 1, 3 und 5 EGBGB), nicht aber das kollektive Arbeitsrecht, also BetrVG und TVG, da diese sich nicht in der Regelung der Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber erschöpfen und nicht den Arbeitsvertrag zur Grundlage haben. Hier gelten eigene Anknüpfungsregelungen.
5.2 Arbeitsvertragsstatut
5.2.1 Freie Rechtswahl (Art. 3 Rom I-VO)
Rz. 28
Die Rechtswahl nach Art. 3 Rom I-VO (ehemals Art. 27 EGBGB) kann ausdrücklich oder konkludent erfolgen. In der Annahme einer konkludenten Rechtswahl ist die Rechtsprechung bislang recht großzügig verfahren. Die arbeitsvertragliche Inbezugnahme eines deutschen Tarifvertrags etwa wurde mehrfach als Wahl des deutschen Rechts gewertet und auch eine Gerichtsklausel ist ein starkes Rechtswahlindiz, denn es ist anzunehmen, dass die Richter nach ihrem eigenen Recht entscheiden sollen.
Die Rechtswahl ist möglich als Bezugnahme einer Rechtsordnung insgesamt oder als eine Teilrechtswahl. Voraussetzung für eine Teilrechtswahl ist wie bei jedem Vertrag, dass auf sinnvoll abtrennbare Teile einer Rechtsordnung Bezug genommen wird (so etwa das BAG für den Kündigungsschutz).
Die Rechtswahl ist auch möglich durch Formularvertrag. Auch die Einbeziehung des Arbeitsvertrags in die allgemeinen Regeln des AGB-Rechts hat darauf wohl keine Auswirkungen.
5.2.2 Objektive Anknüpfung (gem. Art. 8 Abs. 2, 3 Rom I-VO)
Rz. 29
Mangels Rechtswahl entscheidet sich die Anwendung des deutschen Rechts in objektiver Anknüpfung. Nach Art. 8 Abs. 2 Rom I-VO (ehemals Art 30 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB) ist hierfür der Ort maßgeblich, an dem der Arbeitnehmer in Erfüllung des Vertrags gewöhnlich seine Arbeit verrichtet, selbst wenn er vorübergehend in einen anderen Staat entsandt ist; nach Abs. 3 (ehemals Nr. 2) ist alternativ entscheidend der Ort, an dem sich die Niederlassung befindet, die den Arbeitnehmer eingestellt hat, sofern der Arbeitnehmer seine Arbeit gewöhnlich nicht in ein und demselben Staat verrichtet.
Beide Regelanknüpfungen stehen unter dem Vorbehalt, dass es sich nicht aus der Gesamtheit der Umstände ergibt, dass der Arbeitsvertrag eine engere Beziehung zu einem anderen Staat aufweist; in diesem Fall ist das Recht des anderen Staates anzuwenden.
Rz. 30
Wird der Arbeitnehmer also nur vorübergehend ins Ausland entsandt, arbeitet er aber sonst in seinem Heimatstaat, dann ist damit sein Heimatrecht anzuwenden. Arbeitet der Arbeitnehmer demgegenüber ständig in verschiedenen Staaten, ist wiederum das Heimatrecht anwendbar, sofern sich dort die einstellende Niederlassung befindet.
Problematisch ist allein der Fall, dass der Arbeitnehmer ständig in einem bestimmten ausländischen Staat eingesetzt werden soll. Hier weist die Regelanknüpfung auf das Recht eben dieses Staates hin, jedoch mag eine engere Verbindung zum Recht des Heimatstaates vorliegen. Die muss ein solches Gewicht haben, dass sie die Regel durchbrechen kan...