Rz. 19

Für eine Einstellung i. S. d. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG, die darauf abstellt, dass ein arbeitstechnischer Zweck durch weisungsgebundene Tätigkeit verwirklicht wird[1], ist es nicht entscheidend, welcher Art das Rechtsverhältnis ist, in dem die Personen zum Betriebsinhaber stehen. Eine Einstellung nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG liegt immer dann vor, wenn Personen in den Betrieb des Arbeitgebers eingegliedert werden, um zusammen mit den dort schon beschäftigten Arbeitnehmern dessen arbeitstechnischen Zweck durch weisungsgebundene Tätigkeit zu verwirklichen. Eingegliedert ist demnach, wer eine ihrer Art nach weisungsgebundene Tätigkeit verrichtet, die der Arbeitgeber organisiert. Der Beschäftigte muss so in die betriebliche Arbeitsorganisation integriert sein, dass der Arbeitgeber das für ein Arbeitsverhältnis typische Weisungsrecht innehat und die Entscheidung über den Einsatz nach Inhalt, Ort und Zeit trifft. Das Rechtsverhältnis zum Betriebsinhaber kann auch ein Dienst- oder Werkvertrag sein, es kann vereinsrechtlicher Art sein und es kann – wie § 14 Abs. 3 AÜG für Leiharbeitnehmer zeigt – sogar ganz fehlen. Für die Annahme einer Einstellung reicht es damit aus, wenn ein Vereinsmitglied auf vereinsrechtlicher Grundlage eine ihrer Art nach weisungsgebundene Tätigkeit verrichtet, die der Arbeitgeber organisiert.[2] Maßgebend ist, ob die von ihnen zu verrichtenden Tätigkeiten ihrer Art nach weisungsgebundene Tätigkeiten sind, die der Verwirklichung des arbeitstechnischen Zwecks des Betriebs zu dienen bestimmt sind und deshalb vom Arbeitgeber organisiert werden müssen.[3] Ob den betreffenden Personen tatsächlich Weisungen hinsichtlich dieser Tätigkeit gegeben werden – und ggf. von wem – ist unerheblich. Die Personen müssen dabei derart in die Arbeitsorganisation des Betriebs eingegliedert werden, dass der Betriebsinhaber die für eine weisungsabhängige Tätigkeit typischen Entscheidungen auch über Zeit und Ort der Tätigkeit zu treffen hat.[4] Der Betriebsinhaber muss in diesem Sinne Personalhoheit besitzen und damit wenigstens einen Teil der Arbeitgeberstellung gegenüber den betreffenden Personen wahrnehmen.[5] Auf die Dauer der tatsächlichen Eingliederung kommt es nicht an. Vielmehr ist grundsätzlich jede noch so kurze tatsächliche Beschäftigung als Einstellung nach § 99 Abs. 1 BetrVG mitbestimmungspflichtig.[6]

 

Rz. 19a

Die Frage der Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation hängt dabei von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Eine Eingliederung in den Betrieb und dessen Organisation ist allerdings nicht schon dann anzunehmen, wenn Personen im Betrieb des Auftraggebers tätig werden und ihre Dienstleistung oder das von ihnen zu erstellende Werk nach Art, Umfang, Güte, Zeit und Ort in den betrieblichen Arbeitsprozess eingeplant oder detailliert beschrieben ist. Es genügen auch weder die enge räumliche Zusammenarbeit von Arbeitnehmern im Betrieb noch die Einweisung und Koordination des Fremdfirmeneinsatzes durch Beschäftigte des Betriebsinhabers.[7]

 
Praxis-Beispiel
  • Vorübergehender Einsatz von Auszubildenden eines reinen Ausbildungsbetriebs zum Zwecke ihrer praktischen Ausbildung in einem anderen Betrieb.[8]
  • Zuweisung von Zivildienstleistenden durch Verwaltungsakt[9];
  • Wird eine DRK-Schwester, die als Mitglied einer DRK-Schwesternschaft angehört, von dieser in einem von einem Dritten betriebenen Krankenhaus eingesetzt, um dort nach dessen Weisung gegen Entgelt tätig zu sein, handelt es sich um eine Arbeitnehmerüberlassung. Der Betriebsrat des Krankenhauses kann dieser Einstellung die erforderliche Zustimmung gem. § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG verweigern, wenn der Einsatz gegen das Verbot der nicht vorübergehenden Arbeitnehmerüberlassung nach § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG verstößt.[10] § 1 Abs. 1b Satz 1 AÜG sieht eine 18-monatige Überlassungshöchstdauer vor. Wird eine DRK-Schwester für einen längeren Zeitraum eingestellt, hat der Betriebsrat des Entleiherbetriebs ein Zustimmungsverweigerungsrecht.
  • Einstellung zur Ausbildung für eine in Aussicht genommene Beschäftigung, ohne die eine solche Beschäftigung nicht möglich wäre[11];
  • Vergabe von Plakatklebearbeiten an freie Mitarbeiter[12];
  • Einstellung von freien Mitarbeitern als Lehrkraft[13].
 

Rz. 20

Die Übernahme eines Leiharbeitnehmers ist gem. § 14 Abs. 3 AÜG i. V. m. § 99 BetrVG zustimmungspflichtig. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die beabsichtigte Übernahme des Leiharbeitnehmers auf gewerbsmäßiger oder nichtgewerbsmäßiger Arbeitnehmerüberlassung beruht.[14] Trotz der vom BetrVG abweichenden Wortwahl ist die "Übernahme" i. S. v. § 14 Abs. 3 Satz 1 AÜG bezogen auf den Betrieb des Entleihers die als Einstellung i. S. v. § 99 Abs. 1 BetrVG zu erachtende Eingliederung. § 14 Abs. 3 AÜG unterscheidet auch nicht zwischen Versetzung und Einstellung, sondern statuiert das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats des Entleiherbetriebs vor der Übernahme des Leiharbeitnehmers zur Arbeitsleistung. Der Betriebsrat soll mithin beteiligt werden, wenn der Arbeitnehmer beim Entleiher e...

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