2.2.1 Allgemeines
Rz. 8
Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers soll es im Rahmen eines Interessenausgleichs zu einer gütlichen Einigung zwischen Betriebsrat und Unternehmer über das "Ob" und die Ausgestaltung der geplanten Betriebsänderung kommen. Es geht um Modifizierungen der geplanten Maßnahme, um die für die Arbeitnehmer entstehenden Nachteile zu verringern.
Zunächst sollte in dem Interessenausgleich die geplante Maßnahme, für die er getroffen wird, genau beschrieben werden, damit bei späteren individualrechtlichen Maßnahmen des Arbeitgebers genau festgestellt werden kann, ob sie Gegenstand der Interessenausgleichsverhandlungen waren und auch gegebenenfalls in den Geltungsbereich eines dann noch abzuschließenden Sozialplans fallen.
Im Idealfall folgt dann eine Verständigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat darüber, wie die Maßnahme im Einzelnen abgewickelt wird.
Der Betriebsrat soll also zunächst einmal mit dem Arbeitgeber die Maßnahme an sich erörtern und bei entsprechender Bereitschaft des Arbeitgebers vereinbaren können.
Beispiele für Abreden über die geplante Betriebsänderung selbst:
- Volle Zustimmung des Betriebsrats zu der Betriebsänderung
- Aufgabe der Betriebsänderung
- völlige oder teilweise Verschiebung der Maßnahme
- Einschränkung oder Erweiterung der geplanten Maßnahme
- Ersetzung geplanter Maßnahmen durch andere Maßnahmen
Rz. 9
Gegenstand des Interessenausgleichs können aber auch Abreden zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat sein, welche Folgen die geplante Betriebsänderung hat, in welcher Form sie also umzusetzen ist.
Beispiele für Folgeregelungen im Interessenausgleich:
- Versetzungen,
- Umschulungsmaßnahmen,
- Verabredungen über geplante Kurzarbeit,
- Verabredungen über Personalplanung und sonstige Maßnahmen zur Vermeidung von Kündigungen,
- Einrichtung von Beschäftigungs-(Transfer-)Gesellschaften (§ 111 SGB III: "betriebsorganisatorisch eigenständige Einheit"; der Betriebsrat kann folglich die Errichtung einer Transfergesellschaft nicht in einem Sozialplan erzwingen, sondern dort nur die Ausgestaltung einer vereinbarten Transfergesellschaft mit dem Arbeitgeber regeln (streitig).
Form und Zeitrahmen der Aufhebung von Arbeitsverträgen, wenn die Betriebsänderung mit Kündigungen verbunden ist, insbesondere Maßnahmen wie Altersteilzeit, Auswahlkriterien zur Auswahl der betroffenen Arbeitnehmer, Namenslisten der zu kündigenden Mitarbeiter – siehe unten.
Die Betriebspartner können im Interessenausgleich auch Kündigungsverbote, Versetzungs- und Umschulungspflichten vereinbaren, durch die wirtschaftliche Nachteile für die von der Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmer nach Möglichkeit verhindert werden sollen. Solche Maßnahmen können jedoch nicht Inhalt eines Spruchs der Einigungsstelle über den Sozialplan nach § 112 Abs. 4 BetrVG sein, da es dabei nicht um den Ausgleich, sondern die Verhinderung von wirtschaftlichen Nachteilen geht. Ein Spruch der Einigungsstelle, der solche Maßnahmen zum Inhalt hat, ist unwirksam (BAG, Beschluss v. 17.9.1991, 1 ABR 23/91).
Derartige Regelungen inhaltlicher Art sind jedoch nicht zwingend. Ein Interessenausgleich kann auch darin bestehen, dass lediglich die Maßnahme genau beschrieben wird und der Betriebsrat sodann erklärt, dass er sie bedauernd zur Kenntnis nimmt.
2.2.2 Regelung eines Personalabbaus
Rz. 10
Mit einer geplanten Betriebsänderung ist sehr häufig ein Personalabbau verbunden. In solchen Fällen kann im Rahmen eines Interessenausgleichs zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber vereinbart werden, dass bestehende Arbeitsverträge geändert, aufgehoben oder gekündigt werden.
Neben pauschal umschriebenen Maßnahmen können in einem Interessenausgleich auch konkrete personelle Einzelmaßnahmen festgeschrieben werden.
Um zu vermeiden, dass betroffene Arbeitnehmer sich erfolgreich gegen Kündigungen mit dem Argument einer nicht ordnungsgemäßen Sozialauswahl zur Wehr setzen, ist es empfehlenswert, bereits im Interessenausgleich namentlich alle Arbeitnehmer, denen aufgrund der Betriebsänderung (betriebsbedingt) gekündigt werden muss, zu benennen. Allerdings wird sich der Betriebsrat darauf nicht ohne weiteres einlassen, denn die namentliche Benennung der zu kündigenden Arbeitnehmer im Interessenausgleich führt wegen der Regelung des § 1 Abs. 5 KSchG zu einer erheblichen Verschlechterung der Position der Arbeitnehmer in einem eventuellen Kündigungsschutzverfahren. Hier wird dann das Vorliegen eines betriebsbedingten Kündigungsgrundes vermutet und die Sozialauswahl kann insgesamt nur noch auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Da die Namensliste Bestandteil des Interessenausgleichs ist, gilt auch für sie, dass sie nur von Arbeitgeber und Betriebsrat freiwillig vereinbart werden kann. Auf die Vereinbarung einer solchen Namensliste wird sich der Betriebsrat oftmals nur einlassen, wenn der Arbeitgeber als "Gegenleistung" bereit ist, mehr Mittel für den abzuschließenden Sozialplan zur Verfügung zu stellen.
Eine andere deutlich weniger einschne...