Rz. 47
Der Geltungsbereich eines Sozialplans wird üblicherweise in den Eingangsbestimmungen eines Sozialplans umschrieben. Er hängt aber auch von dem auf Arbeitnehmerseite stehenden Gremium ab, dessen Kompetenz grundsätzlich auf die von ihm vertretenen Mitarbeiter beschränkt ist.
3.2.1.1 Räumlicher, sachlicher und zeitlicher Geltungsbereich
Rz. 48
Der Sozialplan wird – wenn es sich nicht um einen "unechten" Rahmensozialplan handelt – grundsätzlich für eine bestimmte Maßnahme vereinbart. Er gilt dann im Zweifel für diejenigen Arbeitnehmer, die von der Maßnahme betroffen sind.
Äußerste Grenze der räumlichen und sachlichen Geltung ist bei Sozialplänen, die der Betriebsrat abgeschlossen hat, der Betrieb. Denn die Regelungskompetenz des Betriebsrats erschöpft sich in Regelungen für den Betrieb. Der Gesamtbetriebsrat kann Regelungen für alle Arbeitnehmer des Unternehmens treffen, der Konzernbetriebsrat für alle Arbeitnehmer der von ihm betreuten Konzernunternehmen.
Rz. 49
Hinsichtlich der Gemeinschaftsbetriebe ist die Reichweite von Sozialplänen noch ungeklärt. Zunächst haben die Betriebsparteien die Gestaltung selbst in der Hand. So können sie den Sozialplan ggf. gemeinsam abschließen. In einem solchen Fall empfiehlt sich dringend auch die Festlegung, ob jeder Arbeitgeber nur gegenüber seinen Arbeitnehmern verpflichtet werden soll oder ob gemeinschuldnerische Haftung aller Unternehmen gegenüber allen Arbeitnehmern gewollt ist (vgl. BAG, Urteil v. 31.1.1979, 5 AZR 454/77).
3.2.1.2 Zeitlicher Geltungsbereich
Rz. 50
Der Sozialplan gilt grundsätzlich von seinem Abschluss bis zur Umsetzung der Maßnahme, einzelne Ansprüche können schon nach ihrer Rechtsnatur auch über das Ende der Betriebsänderung hinaus gelten (z. B. Umzugs-, Pendlerregelungen, Qualifizierungsansprüche, Transfergesellschaft).
Der zeitliche Geltungsbereich kann im Sozialplan im Übrigen auch geregelt werden.
Der Sozialplan erfasst folglich grundsätzlich nur die Arbeitnehmer, die nach seinem Abschluss ausscheiden (LAG Köln, Urteil v. 29.11.1997, 7 Sa 591/97; LAG Hamm, Urteil v. 30.7.1997, 18 Sa 429/97). Die Betriebsparteien können dem Sozialplan hingegen in engen Grenzen auch Rückwirkung beimessen (BAG, Beschluss v. 10.8.1994, 10 ABR 61/93). Dies gilt insbesondere für solche Arbeitnehmer, die aufgrund einer durchgeführten Betriebsänderung vor Aufstellung des Sozialplans ausgeschieden sind (BAG, Urteil v. 11.2.1998, 10 AZR 22/97). Arbeitnehmer, die vor der Betriebsänderung oder aufgrund einer anderen Betriebsänderung ausgeschieden sind, werden dagegen vom Sozialplan nicht erfasst, es sei denn der Arbeitgeber hat ihr Ausscheiden durch eine Eigenkündigung im Hinblick auf die bevorstehende Betriebsänderung verursacht, in dem er dem Arbeitnehmer zu verstehen gibt, er habe im Betrieb keine Zukunft. Diese Arbeitnehmer dürfen aus dem Geltungsbereich eines Sozialplans nicht ausgeschlossen werden.
Auch hierfür ist es wiederum wichtig, die Maßnahme so genau zu beschreiben, dass keine Unklarheit darüber entsteht, ob es sich um eine Kündigung handelt, die in seinen Geltungsbereich fällt.
3.2.1.3 Persönlicher Geltungsbereich
Rz. 51
Zweck des Sozialplans ist es, wirtschaftliche Nachteile für diejenigen Arbeitnehmer auszugleichen, die unmittelbar von einer Betriebsänderung betroffen sind.
Entsprechend gilt der Sozialplan vorbehaltlich anderer Regelungen im Sozialplan für alle von der geplanten Betriebsänderung unmittelbar betroffenen Arbeitnehmer, unabhängig von ihrem Alter, der Dauer ihrer Betriebszugehörigkeit und ihrer Beschäftigung. Auch Teilzeitkräfte werden erfasst.
Nicht unmittelbar anwendbar ist der Sozialplan dagegen für leitende Angestellte im Sinne der §§ 5 Abs. 3, 4 BetrVG. Den Betriebspartnern bleibt es allerdings nach Ansicht des BAG überlassen, durch entsprechende Vereinbarungen die leitenden Angestellten in den Kreis der nach dem Sozialplan Abfindungsberechtigten einzubeziehen; für sie soll der Sozialplan dann nicht normativ gelten, sondern als Vertrag zugunsten Dritter im Sinne des § 328 BGB (BAG, Urteil v. 31.1.1979, 5 AZR 454/77). Dies erscheint eher zweifelhaft. Denn nach der sogenannten ultra-vires-Lehre hat der Betriebsrat nur Regelungskompetenz für die auf den Betrieb und das Arbeitsverhältnis bezogenen Angelegenheiten der von ihm vertretenen Arbeitnehmer. Bei konsequenter Anwendung kann er dann auch nicht mittels Vertrags zugunsten Dritter Regelungen für andere treffen, wenn die ultra-vires-Lehre nicht ad absurdum geführt werden soll. Enthält der Sozialplan Bestimmungen für leitende Angestellte, wird jedoch zu prüfen sein, ob der Arbeitgeber sich über den Sozialplan hinaus rechtsgeschäftlich gegenüber den leitenden Angestellten binden wollte, sei es beispielsweise als Vertragsangebot an alle leitenden Angestellten, sei es als Gesamtzusage.
Umgekehrt kann der Sozialplan allerdings auch Arbeitnehmergruppen aus dem Geltungsbereich herausnehmen. Dabei ist der Gleichbehandlungssatz des § 75 BetrVG zu beachten und ein rechtfertigender Grund erforderlich.
Nach § 32 Abs. 2 Satz 2 SprAuG hat der Sprecherausschuss für leitende Angestellte ein Beratungsrecht – aber kein Mitbestimmungsrecht! – ...